Neue Spur zu Marbacher Raubmord

In einem Mordfall aus dem Jahr 1996 hat die Polizei nun einen Verdächtigen im Visier.

Der Mord an Anna Frank ist nicht der einzige Cold Case in der Region. Im Landkreis Ludwigsburg werden noch 17 länger zurückliegende Fälle bearbeitet. Symbolfoto: Adobe Stock/Bernd Libbach

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Der Mord an Anna Frank ist nicht der einzige Cold Case in der Region. Im Landkreis Ludwigsburg werden noch 17 länger zurückliegende Fälle bearbeitet. Symbolfoto: Adobe Stock/Bernd Libbach

Von Christian Kempf

MARBACH AM NECKAR. Der Marbacher Eichgraben ist ein eher ruhiges Fleckchen Erde. In dem Wohngebiet kennt im Prinzip jeder jeden. Ausgerechnet hier hat sich vor 25 Jahren allerdings ein außergewöhnlich brutales Verbrechen zugetragen. Die allein lebende Anna Frank wurde am 19. Dezember 1996 nach ersten Erkenntnissen der Polizei von mehr als einem Täter stundenlang in ihren eigenen Wänden festgehalten, geschlagen, misshandelt – und schließlich mit einem Messer getötet. Die Mörder der 83-Jährigen waren augenscheinlich auf Geld aus gewesen, vermuteten offenbar irgendwo ein Versteck, weshalb sie die Frau wohl auch so sehr drangsalierten. Die Polizei suchte seinerzeit mit Hochdruck nach den Tätern. Für Hinweise, die zur Ermittlung von Franks Peinigern führen würden, war sogar eine Belohnung von 5000 DM ausgesetzt. Aber die Verantwortlichen wurden nie gefasst. Nun, 25 Jahre später, keimt neue Hoffnung auf, den Fall doch noch aufzuklären.

Ein Tipp aus dem Ausland liefert den neuen Ansatz.

Die Ermittler verfolgen inzwischen eine Spur, die zu einem Tatverdächtigen geführt hat. Zu verdanken habe man das der Polizei aus dem Ausland, berichtet Yvonne Schächtele, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Ludwigsburg. Von dort habe man die Nachricht erhalten, dass ein Mann wegen eines anderen Vergehens im Gefängnis sitze, auf dessen Konto auch ein Tötungsdelikt in Deutschland gehen könnte. In welchem Staat genau er seine Haftstrafe verbüßt, dazu hält sich Schächtele mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren bedeckt. Fakt sei aber, dass nach dem Hinweis die Polizei in ganz Deutschland jeweils ihre ungelösten und infrage kommenden Kapitalverbrechen durchforstete. Dabei wurde schließlich auch der sogenannte Cold Case (Englisch für „kalter“, also bisher ungeklärter Kriminalfall) von Anna Frank nochmals unter die Lupe genommen. Und dieser passte in das Muster, nach dem man gesucht hatte – sodass plötzlich, nach 25 Jahren, ein Tatverdächtiger gefunden war.

„Das heißt bislang aber nur, dass die Ermittlungen gegen den Mann intensiviert werden. Ihn hatte man damals nicht auf dem Schirm, wie es überhaupt seinerzeit nicht gelang, einen Verdächtigen zu ermitteln“, erklärt Schächtele. In einem nächsten Schritt werde man nun versuchen, über einen DNA-Abgleich zu klären, ob sich der Anfangsverdacht erhärten lässt. Möglich wird das dadurch, dass in der Wohnung von Anna Frank vor 25 Jahren ein „tatrelevanter Gegenstand“ sichergestellt wurde, erklärt die Polizeisprecherin. Und an besagtem Gegenstand befinden sich eben auch DNA-Spuren. Passen diese Überbleibsel zum Erbgut des Verdächtigen, haben die Ermittler ein entscheidendes Puzzleteil gefunden. In der Folge würde dann beispielsweise noch nachgeforscht, ob der Verdächtige zum Zeitpunkt des Mordes Verbindungen in den Raum Marbach unterhalten hat.

Es braucht folglich noch etwas Geduld, bis man weiß, ob der Fall Anna Frank wirklich aufgeklärt werden kann. Es ist übrigens und natürlich nicht der einzige Cold Case, der im Landkreis Ludwigsburg darauf wartet, gelöst zu werden. Insgesamt 17 Verbrechen, die schon längere Zeit zurückliegen, werden von der Polizei bearbeitet – in der Hoffnung, doch noch einen Schuldigen ausfindig zu machen.

Es gibt beim zuständigen Polizeipräsidium Ludwigsburg zwar keine eigene Einheit, die sich um solche Cold Cases kümmert. Das heißt aber nicht, dass die Beamten an solche Kapitalverbrechen nach einigen Jahren für immer ein Häkchen machen und die Akten für alle Ewigkeit im Schrank verstauben würden. „Wir haben Fallpaten, die für bestimmte Delikte zuständig sind und in regelmäßigen Abständen nach neuen Ansätzen und Erkenntnissen suchen“, erklärt Schächtele.

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Erstellt:
19. Mai 2021, 11:30 Uhr

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