Neue Strukturen für die Forstverwaltung

Der Staatswald kommt unter die Regie von Forst BW – Kreisforstamt bleibt für Privat- und Kommunalwald zuständig

Zum 1. Januar tritt die Verwaltungsreform Forst in Kraft. Kernpunkt: Der Staatswald wird künftig getrennt vom privaten und kommunalen Waldbesitz behandelt. Für Letzteren ist weiterhin das Forstamt im Landratsamt zuständig. Dagegen werden die Wälder im Besitz des Landes künftig von der neu gegründeten Forst BW betreut.

Haben die Forstreform an Rems und Murr im Blick (von links): Martin Röhrs, Gerd Holzwarth und Ulrich Häußermann. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Haben die Forstreform an Rems und Murr im Blick (von links): Martin Röhrs, Gerd Holzwarth und Ulrich Häußermann. Foto: A. Becher

Von Armin Fechter

BACKNANG. Mit der Forstreform verbunden sind organisatorische und personelle Veränderungen. So wechselt der bisherige Leiter des Forstamts Backnang, Martin Röhrs, zu Forst BW: Er wird Leiter des neu gebildeten (staatlichen) Forstbezirks Schwäbisch-Fränkischer Wald mit Sitz in Welzheim. Sein Tätigkeitsgebiet erstreckt sich dann auf den Staatswald im ganzen Naturraum des Schwäbisch-Fränkischen Waldes und damit auch auf Gebiete außerhalb des Rems-Murr-Kreises, unter anderem im Bereich Fichtenberg und Gschwend. Der südliche Teil des Rems-Murr-Kreises hingegen fällt ins Gebiet des Forstbezirks Schurwald mit Albvorland. Forst BW hat die Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts.

Röhrs war seit 20 Jahren in Backnang tätig, zunächst als Leiter des damaligen Staatlichen Forstamts und ab 2005 als Leiter des Kreisforstamts, das im Zuge der damaligen Verwaltungsreform im Land kommunalisiert worden war. Die Nachfolge von Röhrs an der Spitze des Kreisforstamts, das künftig ausschließlich für den privaten und kommunalen Waldbesitz zuständig ist, tritt Dagmar Wulfes an. Sie war schon früher einmal in Backnang tätig. Zurzeit leitet sie das Forstamt in Tauberbischofsheim. Als Stellvertreter steht ihr Ulrich Häußermann zur Seite, der diese Funktion schon bisher ausübt. Überhaupt, so unterstreichen Röhrs und Häußermann sowie der zuständige Dezernent im Landratsamt, Gerd Holzwarth, werde weiterhin bewährtes Personal zur Verfügung stehen.

Die Forstreform hatte ein langes Vorspiel. Auslöser war ein kartellrechtliches Verfahren gegen das Land Baden-Württemberg, in dem es um Fragen des Wettbewerbs beim Holzverkauf ging. Derzeit sieht sich das Land, so Röhrs, mit einem neuen Rechtsstreit konfrontiert: Die Sägeindustrie wirft dem Land vor, über Jahrzehnte ein Vertriebskartell für Rundholz betrieben zu haben, und fordert Hunderte Millionen Entschädigung.

Getrennte Zuständigkeiten, aber enge örtliche Vernetzung

Das neue Kreisforstamt und Forst BW haben zwar getrennte Zuständigkeiten, wollen aber eine enge örtliche Vernetzung und eine Zusammenarbeit betreiben. Die Reform solle keinen Bruch darstellen, merkt Häußermann an. Zugleich unterstreicht er: „Wir müssen Verwaltung neu denken und den Dienstleistungsgedanken leben.“ Das zielt vor allem in Richtung Privatwald, wo vielfach noch Skepsis gegenüber den Neuerungen herrscht. Dieser „Verunsicherung“ tritt Röhrs, der die Forstreform auf Kreisebene seit Jahren vorbereitet hat, energisch entgegen: „Das Dienstleistungsangebot des Landratsamts bleibt das Gleiche.“ Zudem nehme das Land Fördermittel in beträchtlichem Umfang in die Hand, um den Kostenanstieg für die Waldbesitzer zu minimieren.

Weil kleine Waldbesitzer mit ihren geringen Mengen auf dem Holzmarkt keine Aussicht auf gute Preise haben, wird der Holzverkauf neu organisiert. Schon bisher verfügt der Landkreis über eine Holzverkaufsstelle, 2015 als freiwillige Leistung eingerichtet. Die Dienste der Verkaufsstelle sind auch bis auf Weiteres noch verfügbar, und zwar zu einem Satz von 2,80 Euro je verkauften Festmeter. Der Betrag entspricht gemäß den neuen Regelungen den Gestehungskosten.

Vorgesehen ist darüber hinaus aber der Aufbau einer Holzvermarktungsgemeinschaft in Genossenschaftsform zusammen mit den Landkreisen Ostalb, Hohenlohe und Schwäbisch Hall. Diese Kooperation sollte, so die Planungen, ein Potenzial von rund 200000 Festmetern ergeben – eine stattliche Menge, die gemeinsam vermarktet werden kann, „damit uns die Holzindustrie ernst nimmt“. Häußermann spricht daher von einem großen Schulterschluss mit den privaten Waldbesitzern – denn diese können sich über Mitgliedschaften in den Forstbetriebsgemeinschaften andocken.

Für die Kommunen bietet das Forstamt als Leistungen den forstlichen Betriebsdienst, die Wirtschaftsverwaltung und die Verkehrssicherungspflicht an – auch das zu den Gestehungskosten von 10,96 Euro je Festmeter, ermittelt aus dem Hiebssatz der Forsteinrichtung. Zum Ausgleich können die Kommunen vom Land eine Förderung für die Erholungsfunktion des Waldes erhalten.

Das Angebot für den Privatwald besteht aus kostenloser Beratung und kostenpflichtiger Betreuung. Dafür wurde landesweit ein Satz von 16,50 Euro netto je Stunde festgelegt. Die tatsächlichen Gestehungskosten wurden mit 61 Euro je Stunde für den Revierleiter ermittelt. Zudem können die Privatwaldbesitzer zu den jeweiligen Kostensätzen weitere Leistungen hinzubuchen: Das Rundum-sorglos-Paket umfasst Waldinspektions-, Treuhand-, Holzernte und Holzernterahmenverträge.

Einen besonderen Schwerpunkt hat das Forstreformgesetz auf die Waldpädagogik gelegt. Als Ziel hat sich der Landkreis vorgenommen, im Schullandheim Mönchhof bei Kaisersbach ein waldpädagogisches Zentrum zu schaffen – und zwar in inhaltlicher und personeller Zusammenarbeit mit Forst BW.

Lage auf dem Holzmarkt ist derzeit sehr angespannt

Die aktuelle Lage auf dem Holzmarkt bezeichnet Forstamtsleiter Röhrs als sehr angespannt. Nachdem es 2018 und 2019 europaweit infolge der Trockenheit und Hitze einen extrem hohen Schadholzanfall gegeben habe, sei der Markt teilweise zusammengebrochen. Das sei auch in Deutschland spürbar. So sei das Holz im Südschwarzwald nicht mehr verkaufbar. Die Lage im Rems-Murr-Kreis sieht laut Röhrs etwas besser aus: Dank der hier vorhandenen Sägewerksstruktur sei ein insgesamt guter Abfluss gewährleistet. Allerdings bekämen auch die Kleinprivatwaldbesitzer die schwierige Lage zu spüren: Die kleinen Mengen seien auf dem Markt völlig uninteressant. Solche Betriebe müssten Glück haben, wenn sie wenigstens mit einer schwarzen Null herauskommen wollen.

Dass die Schäden im Rems-Murr-Kreis nicht ganz so schlimm ausgefallen sind wie anderswo, hat laut Röhrs mehrere Ursachen. Das liegt zum einen am hohen Mischwaldanteil, ferner an Faktoren wie Temperatur und Niederschlagsverteilung, aber auch daran, dass das Holz zügig aufgearbeitet und der Wald entsprechend sauber gehalten wird. In diesem Punkt sei die Forstverwaltung gefordert.

Info
35 Prozent des Waldes befinden sich in Privatbesitz

Im Rems-Murr-Kreis gibt es 35000 Hektar Wald. Davon sind 12500 Hektar, also etwa 35 Prozent, in der Hand von rund 10000 privaten Waldbesitzern. 7500 Hektar, das sind 21 Prozent, befinden sich im Eigentum von kommunalen Betrieben.

Das Kreisforstamt umfasst neun Reviere (Revierleiter in Klammern):

Backnanger Bucht (Stefan Grätsch)

Murr-Lauter (Götz Pyttel)

Murrhardt-Nord (Dieter Seitz)

Murrhardt-Süd (Andreas Schlär)

Berglen-Winnenden (Harald Grass)

Rudersberg-Weissacher Tal (Roger Beuter)

Welzheim-Althütte (Hubert Lechleitner)

Kaisersbach-Hellershof (Friedemann Friz)

Alfdorf-Rems (Gerd Pfeiffer).

Hinzu kommen vier kommunale Reviere, bei denen die Förster direkt bei der Gemeinde angestellt sind: Sulzbach/Murr, Fellbach-Kernen, Buocher Höhe und Schorndorf.

Laut dem noch amtierenden Backnanger Forstamtsleiter Martin Röhrs bleiben die Reviere des Kreisforstamts gleich beziehungsweise werden sogar kleiner. Und: Sie seien auch im Vergleich zu Revieren in den Nachbarkreisen kleiner. Dagegen werden die künftigen Reviere des Staatsforsts jeweils um etwa 30 Prozent größer werden, weil sich die Aufgabenzuschnitte für die Revierleiter verändert haben.

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Erstellt:
30. November 2019, 06:00 Uhr

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