Geburtswehen im Universum
Neuer Planet wächst inmitten einer Staubwolke heran
Planeten wie die Erde entstehen aus Staub und Gas, die sich immer weiter verdichten. Ein Instrument in Chile hat nun einen besonderen Blick darauf ermöglicht.

© Eso/A. Dasgupta/ALMA (Eso/NAOJ/NRAO)/Weber et al./dpa
Das Bild zeigt einen möglichen Begleiter, der den jungen Stern V960 Mon umkreist. Das Objekt wurde mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO entdeckt.
Von Markus Brauer/dpa
Sah auch die Erde einst so aus? Die Europäische Südsternwarte Eso hat Hinweise auf einen gerade entstehenden Planeten veröffentlicht. Die Astronomen haben mit dem Very Large Telescope (VLT) in Chile beim Stern HD 135344B eine protoplanetare Scheibe mit Spiralarmen beobachtet und darin deutliche Anzeichen für einen neuen Planeten entdeckt.
Protoplanetare Scheiben sind Ansammlungen aus Staub und Gas, die sich um junge Sterne billden. In und aus solchen Materialwolken entstehen über viele Millionen Jahre zunächst Protoplaneten - also die Vorläufer von späteren Planeten - und in der Folge Planeten eines Sonnensystems, indem sich Gas und Staub verdichten.
Solche Scheiben um junge Sterne wurden bereits beobachtet. Astronomen haben in vielen davon schon Hinweise auf die Bildung von Planeten aufgespürt. "Dies ist das erste Mal, dass ein Planetenkandidat innerhalb einer Spiralscheibe entdeckt wurde", berichtet die Eso mit Sitz im bayerischen Garching.
Entstehung eines Planeten in Echtzeit beobachtbar
"Was diese Entdeckung zu einem möglichen Wendepunkt macht, ist, dass wir im Gegensatz zu vielen früheren Beobachtungen das Signal des Protoplaneten, der noch tief in der Scheibe eingebettet ist, direkt nachweisen können", erklärt Francesco Maio von der Universität Florenz und Hauptautor der in der Fachzeitschrift "Astronomy & Astrophysics" veröffentlichten Studie. "Dadurch sind wir viel zuversichtlicher, dass der Planet tatsächlich existiert."
Dadurch können Forscher viel erfahren, wie Maio betont: "Hier, um einen jungen Stern in 440 Lichtjahren Entfernung, können wir möglicherweise in Echtzeit die Entstehung eines Planeten beobachten."
Protoplanetare Scheiben können Strukturen wie Ringe oder Spiralen aufweisen. Astronomen gehen seit Langem davon aus, dass diese Strukturen von jungen Planeten gestaltet werden, die auf ihrer Umlaufbahn um ihren Mutterstern Material aufwirbeln. Bislang gab es dabei allerdings keine direkten Beobachtungen der Planeten.
Auffälligkeit ist genau da, wo Berechnungen sie erwarten
Das könnte sich nun mit Hilfe eines besonderen Instruments geändert haben: dem Enhanced Resolution Imager and Spectrograph (Eris) am Very Large Telescope. Es zeigt die Auffälligkeit, die auf einen Planeten hinweist, direkt an der Basis eines der Spiralarme der Scheibe. Genau an dieser Stelle hatten die theoretischen Berechnungen den Planeten vermutet.
Der mögliche heranwachsende Planet ist der Europäische Südsternwarte zufolge geschätzt doppelt so groß wie Jupiter, der größte Planet unseres Sonnensystems. Und er ist von seinem Mutterstern etwa so weit entfernt wie Neptun von der Sonne.
Ist da noch ein junger Planet?
Der Spektrograph Eris hat kürzlich noch einen weiteren Fund in mehr als 5000 Lichtjahren Entfernung ermöglicht. Wie in einer weiteren Studie unter Leitung von Anuroop Dasgupta im "The Astrophysical Journal Letters" berichtet wird, könnte es sich um ein Begleitobjekt des jungen Sterns V960 Mon handeln.
"Die genaue Natur dieses Objekts bleibt jedoch ein Rätsel", teilt die Eso mit. Es könne sich um einen Planeten im Entstehungsprozess oder um einen Braunen Zwerg handeln. Ein Brauner Zwerg ist größer als ein Planet, hat aber nicht genug Masse, um als Stern zu leuchten.
Auch in anderen protoplanetaren Scheiben werden dank neuer astronomischer Möglichkeiten derzeit spannende Entdeckungen gemacht: In einer rund 1300 Lichtjahre entfernten Wolke aus Gas und Staub beim Stern HOPS-315 machte ein Forschungsteam jüngst erste Kristalle aus Siliziummonoxid aus. Das sind die Grundbausteine für die Entstehung von Gesteinsplaneten. Damit gewinne man erstmalig Einblick in diese erste Phase der Planetenbildung, berichteten die Wissenschaftler von ihrem Fund im Fachjournal "Nature".