Neuer Standort für Supermarkt in Sicht
Am Ortseingang von Althütte ist im Wald ein 15 Meter hohes Gebäude für einen Lebensmittelmarkt geplant. Der Widerstand gegen den Neubau wächst, es werden Unterschriften online und per Liste gesammelt. Jetzt schlägt auch die Mehrheitsliste im Gemeinderat einen anderen Standort vor.

© Tobias Sellmaier
Kerstin Weller und ihr Partner Julian Banzhaf mit der Unterschriftenliste an der Infowand in Danica’s Dorflädle in Althütte. Foto: T. Sellmaier
Von Florian Muhl
Althütte. Mehr und mehr melden sich diejenigen in der Gemeinde zu Wort, die Anstoß am geplanten Neubau eines Lebensmittelmarkts nehmen. Dabei ist es weniger der Markt als solches, der die Gemüter erhitzt, sondern eher sein Standort und seine Dimensionen, die für Verärgerung sorgen. Denn er soll mitten in den bestehenden Wald gebaut werden und ist wegen der aufgesetzten, zweistöckigen Wohneinheiten dann insgesamt 15 Meter hoch. Zudem ist mit hohen Erschließungskosten zu rechnen, die laut Bürgermeister Reinhard Sczuka „einen großen, sechsstelligen Betrag erreichen“ werden (wir berichteten).
„Nicht mit uns!“, sagen Kerstin Weller und Kathleen Dietz. Beide wohnen in der Straße Im Wolfsgarten und hätten den neuen Markt in Sichtweite vor ihrem Wohnzimmer. Sie befürchten ein erhöhtes Verkehrsaufkommen und Lärmemissionen sowie Lichtverschmutzung durch Leuchtreklame und Emissionen aus der Abfallentsorgung auf die Anwohner zukommen. „Der Neubau nimmt nicht nur den Tieren den Lebensraum, sondern auch den Bürgern von Althütte den Erholungsraum“, ärgert sich Kerstin Weller. „Beim Kauf der Immobilie war – wie sicher für viele Immobilieninteressenten – der ländliche Charakter, die grüne und unberührte Natur in der direkten Nachbarschaft für mich kaufentscheidend“, so die 40-Jährige weiter.
„Es war nicht damit zu rechnen, dass ein derartiges Monstrum entstehen könnte“
Freundin und Nachbarin Kathleen Dietz stimmt zu: „Wir haben unser Haus im Jahr 2014 erworben und dies in den letzten Jahren mit viel Liebe, Leidenschaft und finanziellen Mitteln renoviert“, erläutert die 43-Jährige. „Zu diesem Zeitpunkt war das für den Bau relevante Gebiet, fast angrenzend an unser Grundstück, als Staatswald deklariert. Aufgrund seiner starken Bewaldung, dem vorhandenen Felsboden und dem Gefälle war auch aus unserer Sicht nicht damit zu rechnen, dass hier, mit Zuhilfenahme eines Sonderbebauungsplans, ein derart, für uns riesiges Monstrum entstehen könnte.“
Kerstin Weller und Kathleen Dietz haben in drei Geschäften der Gemeinde Listen ausgelegt, um Unterschriften gegen den geplanten Neubau am Ortseingang zu sammel. Zudem sammeln sie auch Unterschriften online (https://chng.it/R5GTMBPy). Unter der Überschrift „Unterstützung der ortsansässigen Händler in Althütte!“ fordern die Initiatorinnen den Bürgermeister und die Gemeinderäte auf, das Bauvorhaben in dieser Form zu stoppen. Derzeit haben sie rund 300 Unterschriften zusammen.
Inzwischen hat die Freie Wählervereinigung, die mit 8 von insgesamt 14 Stimmen im Gemeinderat die absolute Mehrheit hat, auf Anfrage unserer Zeitung angekündigt, in der kommenden Gemeinderatssitzung am 8. März das Fest- und Sportgelände als Alternativstandort für den Lebensmittelmarkt vorzuschlagen (siehe Infokasten).
Freie Wählervereinigung Der komplette Gemeinderat war schon immer der Auffassung, dass wir in Althütte für unsere Eigenentwicklung und für die Gewährleistung einer Grundversorgung eine gesicherte Einkaufsmöglichkeit schaffen müssen. Letztendlich kann diese nur durch einen Supermarkt gewährleistet werden. Unsere jetzigen Einkaufsmöglichkeiten wie Bäcker, Metzger, Gärtner und so weiter haben alle in den nächsten Jahren ein Nachfolgeproblem und sind durch die Abwanderung der Bevölkerung in die umliegenden Supermärkte stark existenzgefährdet.
Danica’s Dorflädle ist im Moment eine große Hilfe für die fußläufige Bevölkerung in der Ortsmitte, kann aber auf Dauer die Bedürfnisse einer Grundversorgung nicht abdecken. Denken wir ein paar Jahre zurück, als es die Familie Raimund mit dem Nah-und-Gut-Geschäft noch gab. Selbst die Familie Raimund musste damals aufgeben, weil der Laden zu wenig Rentabilität hatte. Wir fühlen uns verpflichtet, in die Zukunft zu schauen und einen Bauplatz zu schaffen, auf dem ein Supermarkt gebaut werden kann. Dann können wir handeln, wenn es die Situation von uns verlangt. In der heutigen Zeit dauert es leider oft Jahre, bis ein Bebauungsplan rechtskräftig wird und gebaut werden kann. Darum dürfen wir mit der Planung keine Zeit verlieren.
Dass sich gegen solch ein Bauvorhaben in der Bevölkerung Widerstand bildet, war uns klar und ist in der heutigen Zeit auch ganz normal. Wir können die Argumente von Teilen der Bevölkerung gegen die Abholzung des Waldes auch gut verstehen.
Der im Moment geplante Standort im Wald am Ortseingang war von Anfang an für eine Bebauung nicht optimal und kritisch. Inzwischen hat sich dieser Standort durch viele neu aufgetretene Probleme als fast unbebaubar erwiesen.
Wir sind inzwischen der festen Überzeugung, dass der Alternativstandort am Fest- und Sportgelände der richtige ist und haben dazu auch einen konkreten Vorschlag, der in der nächsten Gemeinderatssitzung vorgestellt wird.
Bürgerliste Wir haben in unserer Haushaltsrede klar Stellung bezogen. Am 1. Februar haben wir auf die zwischenzeitlich stark gestiegenen Kosten hingewiesen; durch Straßenverlegung, Stromanschluss, Ankauf der Fläche und Weiteres wäre eine Investition an dieser Stelle nur noch mit erheblichen baulichen Vergrößerungen denkbar. Dass an diesem großen Gebilde viele Anstoß nehmen, ist verständlich. Wir befinden uns in der Sondierungs- und Auslegungsphase. Damit kann noch keine endgültige Entscheidung gefällt werden. Dass wir eine Lösung für einen Markt dieser Größenordnung brauchen, dazu bekennt sich die Bürgerliste. (…) Der Standort am Ortseingang hat die dringend benötigten Mitnahmeeffekte, die der Durchgangsverkehr bietet. Alternative Standorte am Ortsausgang Richtung Klaffenbach oder direkt auf unserer Festwiese/im Park wurden verworfen.
Für die Bürgerliste ist die große Unbekannte zu diesem Projekt im Moment die Forst BW. Die Entscheidung steht noch aus, ob wir die Fläche kaufen können und auch noch zu welchem Preis – die Anhörung/Beteiligung wird mit Ablauf des Verfahrens Ende März die notwendige Klarheit herbeiführen.
Unserer Liste ist wichtig, dass wir nicht in einer Endlosschleife hingehalten werden. Einen Holzweg wollen wir nicht beschreiten und suchen gegebenenfalls nach einer anderen Lösung.
Was wir brauchen, ist ein Markt, der uns über Jahrzehnte die Versorgung am Ort garantiert und die Kaufkraft bei uns bindet: Optimal wäre für die Bürgerliste, wenn örtliche und regionale Anbieter sich im Konzept des neuen Markts integrieren ließen. Dies hängt aber vom künftigen Betreiber ab, den es zu gewinnen gilt. Uns liegt viel daran, dass die Bevölkerung so früh wie möglich Klarheit erhält.
Forum Althütte 2000 Wir werden in der aktuell emotional aufgeladenen Stimmung um den Lebensmittelmarkt in Althütte, die auch von Aktionismus geprägt ist, die Gemeinderatssitzung am 8. März abwarten und uns nicht an Spekulationen beteiligen.