Neues Projekt des DRK: Wenn Helfer Hilfe brauchen

Das DRK im Rems-Murr-Kreis stellt den Ehrenamtlichen Ansprechpersonen aus den eigenen Reihen, sogenannte Peer-Kräfte, zur Verfügung.

Beim Ausbildungswochenende haben die Peer-Kräfte erfahren, wie sie andere Ehrenamtliche psychosozial begleiten können. Foto: Lukas Hinderer

Beim Ausbildungswochenende haben die Peer-Kräfte erfahren, wie sie andere Ehrenamtliche psychosozial begleiten können. Foto: Lukas Hinderer

Rems-Murr. Regelmäßig kommt es für Mitglieder der DRK-Bereitschaften zu schwierigen Einsätzen, denn wenn ein Kind bei einem Unfall stirbt, eine Reanimation erfolglos verläuft, ist auch ihre Seele betroffen. Mit der Ausbildung von Peer-Präventionskräften ermöglicht die neue Stiftung des DRK Rems-Murr eine wichtige psychologische Stütze für das Ehrenamt.

Das ehrenamtliche Engagement beim Roten Kreuz bringt es mit sich, dass Einsätze für Helferinnen und Helfer psychisch belastend sein können, erläutert Alexandra Zoller, Lehrbeauftragte an der DRK-Landesschule, die ehrenamtlich beim DRK-Ortsverein in Kernen aktiv ist. Das Konzept „Peer-Prävention – Entlastung nach schwierigen Einsätzen“ hilft dabei, die psychische Gesundheit der Einsatzkräfte zu fördern. Es setzt auf Prävention, Begleitung vor Ort und Nachsorge. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden als Multiplikatoren, so genannte „Peers“ auf Ebene der Ortsvereine geschult.

Die ersten Kräfte sind bereits aktiv

Gemeinsam mit Heide Wieland leitete Alexandra Zoller das Ausbildungswochenende für zwölf Peer-Kräfte in Waiblingen. Die Ausbildung ist Teil der psychosozialen Notfallversorgung, die für Einsatzkräfte und Betroffene unverzichtbar ist. Seit Jahren leisten ehrenamtliche Kriseninterventionshelfer des DRK in psychischen Krisensituationen psychosoziale Akuthilfe, beispielsweise für Menschen, die nach einem Unfall Angehörige verloren haben. Sie sind da, hören zu, trösten, begleiten, informieren und vermitteln. Doch auch Ehrenamtliche benötigen Unterstützung. Alexandra Zoller weiß, wie sich Einsatzkräfte danach fühlen. „Bei einer Suchaktion mit der Hundestaffel haben wir unverhofft eine Leiche gefunden. Obwohl wir genau dafür trainieren, hat es mich noch Tage danach belastet. Aber unsere DRK-Gemeinschaft hat mich unterstützt, sodass ich das Geschehen gut verarbeiten konnte“, sagt sie. Nun will sie das Netz der Hilfe in jedem Ortsverein stärken.

Nach Teil eins ihrer Ausbildung sind die ersten kreisweiten Peer-Präventionskräfte seit einigen Wochen aktiv. Cedric Caspari ist DRK-Bereitschaftsleiter in Backnang und somit verantwortlich für viele ausgebildete Helferinnen und Helfer. Er organisiert und koordiniert die ehrenamtlichen Einsatzkräfte, wenn es in Backnang zu Notfallsituationen kommt. Er habe nicht nur Verantwortung gegenüber den Menschen, denen er in Notlagen hilft, sondern auch gegenüber den Mitgliedern seiner Bereitschaft. Darum habe er sich für die Ausbildung angemeldet.

Das Konzept umfasst präventive Maßnahmen. Dabei geht es um Aufklärung, Information und Training. Bei schwierigen Einsätzen sollen die ehrenamtlichen Helfer bei Bedarf von vertrauten Peer-Kräften psychosozial begleitet werden. Die Nachsorge reicht von kurzen Gesprächen über die Vorbereitung von Einsatznachbesprechungen. „Ausgebildete Peer-Kräfte können bei sogenannten Tür-und-Angel-Gesprächen kollegial und auf Augenhöhe helfen“, sagt Alexandra Zoller. Sie wissen, wie sie zuhören, reagieren und bei Bedarf weitere zusätzlich ausgebildete Fachkräfte vermitteln können. Dies einschätzen zu können ist ein weiterer Baustein der Ausbildung. Die angehenden Präventionskräfte lernen, wie sich Stress bei einem belastenden Einsatz auswirkt, wie sie Verhaltensweisen der Betroffenen einordnen und sie unterstützen können.

Weitere Ausbildungen sind geplant

Die Peer-Kräfte können nun innerhalb ihres Ortsvereins tätig werden und andere Helfer vorbereiten. Sie wissen über mögliche psychische Belastungen im Einsatz Bescheid und kennen präventive Möglichkeiten. Ein zweites Ausbildungswochenende ist vorgesehen, um die Erkenntnisse zu vertiefen und erste Erfahrungen zu teilen. Der Kreisverband plant für jeden der 26 Ortsvereine zwei Peer-Kräfte auszubilden.

„Unser Anliegen ist es, durch die Peer-Präventionskräfte ein tragfähiges Auffangnetz im direkten Miteinander einzurichten“, sagt Alexandra Zoller. Sie weiß, dass etwa Einsätze, bei denen Babys und Kinder betroffen sind, akute Belastungsreaktionen, posttraumatische Störungen und Ähnliches hervorrufen können. „Die Einsatzkräftenachsorge soll dazu beitragen, die Verwundbarkeit der Einsatzkräfte zu reduzieren und ihre Resilienz, ihre Widerstandsfähigkeit, zu erhöhen“, sagt sie.

Die Unterstützung der DRK-Stiftung ermöglicht es, den Fokus auf die außergewöhnlichen Leistungen des Ehrenamts zu legen, betont DRK-Kreisgeschäftsführer Sven Knödler, der selbst ehrenamtlich beim DRK-Ortsverein in Alfdorf aktiv ist. Ihm ist es wichtig, dass vor allem auch junge und neue Einsatzkräfte vorher erfahren, worauf sie sich einlassen und welche Situationen ihnen begegnen können. Im Vorfeld aktiv werden, im Einsatz direkt helfen können und im Nachgang bei der angstfreien Aufarbeitung von belastenden Erlebnissen zur Seite stehen: Die Aufgabe von Peer-Kräften ist verantwortungsvoll und notwendig, sagt Sven Knödler. pm

Stiftung des DRK im Rems-Murr-Kreis

Gründung 2023 wurde die „Stiftung des Deutschen Roten Kreuzes im Rems-Murr-Kreis“ gegründet.

Zweck Ziel ist es, das ehrenamtliche Engagement in den 26 Ortsvereinen und die kreisweite Arbeit des DRK für Kinder, Jugendliche, Familien und Senioren langfristig zu fördern und sicherzustellen. Wer das DRK unterstützt, fördert die Sicherheit, den Bevölkerungsschutz und das soziale Netz im Rems-Murr-Kreis.

Infos Weitere Informationen erhält man auf www.stiftung-drk-rems-murr.de.

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Erstellt:
2. April 2024, 06:00 Uhr

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