Neues Übernahmeangebot für Osram löst geteiltes Echo aus

dpa München/Graz. Der kriselnde Münchner Lampenhersteller ist heiß begehrt. Nach einigem Hin und Her will ein österreichischer Konkurrent zwei Finanzinvestoren ausstechen. Vorstand, Arbeitnehmer und Anleger reagieren ganz unterschiedlich.

Osram steht zum Verkauf, weil der Konzern in den vergangenen eineinhalb Jahren in schwieriges Fahrwasser geraten ist. Foto: Matthias Balk

Osram steht zum Verkauf, weil der Konzern in den vergangenen eineinhalb Jahren in schwieriges Fahrwasser geraten ist. Foto: Matthias Balk

Der Kampf um die Übernahme des angeschlagenen Lampenherstellers Osram ist neu entbrannt.

Nachdem das Übernahmeangebot der US-Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle bei Anlegern auf Skepsis stieß, hat der österreichische Halbleiterkonzern AMS jetzt einen zweiten Anlauf gestartet - mit einem ersten Erfolg.

Der Osram-Vorstand will mit AMS jetzt die Pläne ausloten und über eine Zusammenschlussvereinbarung verhandeln. „Nach unserer vorläufigen Einschätzung erscheint das vorgelegte Finanzierungskonzept verbindlich und tragfähig“, teilte Osram am Montagabend mit. Das erste, von AMS im Juli vorgelegte Angebot hatten Vorstand und Aufsichtsrat von Osram noch strikt abgelehnt.

Die Vertreter der 6000 Osram-Beschäftigten in Deutschland dagegen zeigen AMS weiterhin die kalte Schulter - und das, obwohl die Österreicher LED-Produktion von Asien nach Deutschland verlagern und das Werk Regensburg ausbauen wollen. „Das Hickhack von AMS ist für uns nicht vertrauenerweckend und geht zu Lasten der Beschäftigten“, sagte die stellvertretende Münchner Osram-Betriebsratschefin Ursula Krüger, die auch dem Gesamtbetriebsrat angehört. „Wir werden nicht zulassen, dass unsere Standorte und Osram zerschlagen werden.“

AMS will Osram für 38,50 Euro je Aktie oder insgesamt 4,2 Milliarden Euro komplett übernehmen und die beiden Unternehmen dann zusammenschließen. AMS-Vorstandschef Alexander Everke sagte am Montag: „Wir haben alle Bedenken bei unserem neuen Vorschlag berücksichtigt.“

Der Sensorenhersteller aus Graz in der Steiermark will sich den Kaufpreis bei den Banken UBS und HSBC leihen und sich anschließend über die Ausgabe neuer Aktien 1,5 Milliarden Euro frisches Kapital besorgen. AMS rechnet durch die Übernahme mit Synergien von 300 Millionen Euro jährlich. Abgeschlossen werden soll die Transaktion vor Juli 2020.

Allerdings können die Österreicher den Aktionären ihr Angebot nur mit dem Einverständnis von Osram vorlegen. Denn AMS hatte im Juni ein Stillhalte-Versprechen abgegeben und im Gegenzug Einblick in die Bücher der Münchner erhalten. Der Osram-Vorstand erklärte nun, eine Zusammenschlussvereinbarung sei Voraussetzung für die Aufhebung des Stillhalteabkommens. Wichtig dabei seien ein stabiles Umfeld für den Umbau zu einem Photonik-Unternehmen und Schutzzusagen für die Beschäftigten.

Die US-Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle haben den Osram-Beschäftigten den Erhalt von Standorten und Arbeitsplätzen zugesagt und bieten den Aktionären 35 Euro je Aktie. Das sind rund zehn Prozent weniger als AMS. Aufsichtsrat und Vorstand empfahlen den Osram-Aktionären bislang, dieses Angebot anzunehmen. Es läuft noch bis 5. September. Allerdings lehnen es die Allianz-Versicherung als Osram-Großaktionärin und die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) als zu niedrig ab. Die Amerikaner dürften es damit schwer haben, die angepeilten 70 Prozent der Osram-Aktien zu erhalten.

Die Aussicht auf einen Bieterwettkampf gab der Osram-Aktie am Montag kräftig Auftrieb: Die Papiere des Unternehmens waren bereits am Morgen nach oben geschnellt und hielten sich über den Tag mit weitem Abstand an der MDax-Spitze. Zum Handelsende belief sich das Plus auf 10,43 Prozent, nachbörslich legten die Papiere dann nochmals um 1,8 Prozent zu. Der Elektrokonzern Siemens hatte Osram 2013 für 24 Euro je Aktie an die Börse gebracht, vor zwei Jahren war sie über 70 Euro wert gewesen, im vergangenen Februar noch über 40 Euro. Die AMS-Aktie gab am Montag fast 10 Prozent nach.

Für die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) riet Daniela Bergdolt den Aktionären, erst einmal abzuwarten. Sie könnten sich auf jeden Fall freuen, „dass Osram eine Perle ist, um die sich alle raufen“.

Allerdings schreibt Osram seit drei Quartalen rote Zahlen. Besserung ist nicht in Sicht, denn die Autoindustrie als größter Osram-Kunde baut zur Zeit weniger Fahrzeuge und kauft weniger Beleuchtung ein. Auch das Geschäft mit LEDs und Optoelektronik für Smartphones läuft schlechter. Osram hat seine Umsatz- und Gewinnprognose schon zwei Mal nach unten korrigiert.

AMS sieht sich nach einer Osram-Übernahme als ein weltweit führender Anbieter von Sensortechnik und Photonik mit fünf Milliarden Euro Umsatz. Fast die Hälfte davon würde im Automobilsektor erwirtschaftet, etwa mit Sensoren für Assistenzsysteme und selbstfahrende Autos.

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Erstellt:
12. August 2019, 18:31 Uhr

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