Ausländer in Großbritannien
Nigel Farage plant Deportationen
Der Rechtspopulist löst mit seinen Plänen in der Migrationspolitik große Sorgen unter Ausländern in Großbritannien aus.

© dpa/Michael Kappeler
Der Rechtspopulist Nigel Farage ist Chef der Partei UK Reform.
Von Peter Nonnenmacher
Helle Empörung hat in Großbritannien der Plan der Rechtspartei Reform UK ausgelöst, Hunderttausende völlig legal im Land lebende Ausländer zu deportieren, sobald die Partei an die Regierung kommt. Nigel Farages Rechtspopulisten führen in allen Umfragen und rechnen bereits mit einer absoluten Mehrheit an Sitzen im nächsten Unterhaus.
Die von Farage jetzt verkündete Maßnahme würde bedeuten, dass auch allen Migranten, die über ein Aufenthaltsrecht verfügen und teils seit vielen Jahren im Land leben, das dauerhafte Bleiberecht aberkannt wird. Stattdessen sollen sich diese Personen alle fünf Jahre um ein neues Visum bewerben müssen, das sehr viel schwerer erhältlich sein wird.
Sozialleistungen nur noch für Briten
Wer kein solches Visum erhält, soll das Land unverzüglich verlassen müssen – auch wenn er oder sie mit einem britischen Partner verheiratet ist oder britische Kinder hat. Wer sich mit einem entsprechenden Visum in Großbritannien aufhält, soll keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen können. „Unter einer Reform-Regierung wird es Sozialleistungen nur noch für britische Bürger geben“, erklärte Reform-Chef Farage dazu. „Personen, die im Ausland geboren sind, stehen Sozialleistungen nicht zu.“
Bisher konnten sich Migranten nach fünf Jahren in Großbritannien um eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis bewerben. Dieser Status ermöglichte ihnen, auf Dauer im Land zu leben und zu arbeiten – und ein Jahr später auch um die britische Staatsbürgerschaft nachzusuchen. Mit der neuen Regelung von Farage gäbe London die ganze Idee der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis auf.
Für den Erhalt des neuen Visums, das alle fünf Jahre erneuert werden muss, werden außerdem sehr viel höhere Einkommen erforderlich sein als bisher. „Damit ist das Ende der endlosen billigen ausländischen Arbeitskräfte gekommen“, meinte Farage. Hauptsächlich junge Leute von geringer Qualifikation, die mit ihren Sozialleistungsansprüchen „eine enorme Last für den Staat“ seien, wären von den Reform-Maßnahmen betroffen. Durch diese Politik würden mehr als 230 Milliarden Pfund gespart.
EU-Bürger nicht betroffen – vorerst
Über 800 000 bereits in Großbritannien lebenden oder in den nächsten Jahren erwarteten Migranten würde so das Recht zu unbefristetem Aufenthalt gestrichen. Ihnen droht damit, wenn sie keine Visen erhalten, unter Farage unverzügliche Deportation. „Ich kenne kein anderes wohlhabendes Land, das je etwas Vergleichbares getan hätte“, meint dazu Madeleine Sumption, Direktorin des Migrations-Instituts der Universität Oxford. „Nicht mal Trumps Amerika.“
Regelrechten Alarm löste die Farage-Ankündigung auch unter Millionen in Großbritannien lebenden EU-Bürgern und Schweizern aus, denen nach dem Brexit der sogenannte „settled status“ zuerkannt wurde – ein Status, der der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis entspricht. Zu einer Auskunft gedrängt, räumte ein Reform-Sprecher ein, dass dieser Personenkreis, wegen der Verträge mit der EU, nicht betroffen sei von den geplanten Maßnahmen. Allerdings würde eine Farage-Regierung mit der EU in Neuverhandlungen eintreten über gewisse Sozialleistungen, die diesen Bürgern gegenwärtig zustehen.
Scharfe Kritik aus den anderen Parteien
Alle anderen Ausländer in Großbritannien, die sich um die britische Staatsbürgerschaft bewerben wollen, sollen außerdem künftig sieben Jahre warten und Zweit-Pässe abgeben müssen. „Ein Verbot doppelter Staatsbürgerschaft würde das Vereinigte Königreich international zu einem krassen Außenseiter machen“, kommentierte die Financial Times. „Ähnliche Bestimmungen haben nur eine Handvoll anderer Länder, wie Indien, Malaysia und Singapur.“
Scharfe Kritik übten die anderen Parteien an den Farage-Plänen. Diese Pläne und die ihnen zugrunde liegenden Zahlen hätten „nichts mit der Realität zu tun“, meinte Labours Finanzministerin Rachel Reeves. Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan erklärte: „Leuten, die hier legal leben und arbeiten, mit Deportation zu drohen, ist völlig unakzeptabel.“ Die Schottische Nationalpartei fand, die Pläne seien „verabscheuungswürdig“. Die Konservativen nannten sie „unausgegoren und undurchführbar“.