Noch einmal Vollgas geben
In Spiegelberg findet zum letzten Mal das Motorradtreffen statt – Veranstalter hoffen auf einen gelungen Abschluss
„25. und letztes Juxer Motorradtreffen“ – so prangt es seit einiger Zeit von gelben Plakaten im Umkreis. Der MSC Spiegelberg-Jux macht nach mehr als 25 Jahren Schluss im Pflanzengarten. Zu groß ist der Aufwand, zu hoch die Auflagen und zu immens die Ausgaben.

© Pressefotografie Alexander Beche
Die Mitglieder des MSC Spiegelberg haben die Bar motorradtauglich dekoriert. An einer Leine hängen die Erinnerungen an vergangene Zeiten: T-Shirts der letzten 24 Motorradtreffen in Jux. Fotos: A. Becher
Von Sarah Schwellinger
SPIEGELBERG. Noch ist alles ganz ruhig. In der Stille der Waldlichtung steht das große Zelt, das Holz fürs Lagerfeuer daneben auf einem Haufen gestapelt, innen drin die hohe Theke. „25-mal Danke“ steht in großen Lettern in schwarzer Farbe auf den Holzplatten, in roter Farbe zieren die Namen der Mitglieder den Schriftzug. Ganze 25-mal hat der Motorsportclub Spiegelberg-Jux nun das Motorradtreffen bei Jux veranstaltet. Das heißt, 25-mal viel Schweiß beim Aufbau, tiefe Ringe unter den Augen nach kurzen Nächten, aber auch unzählige Geschichten, Anekdoten und Erinnerungen. Das Motorradtreffen des MSC Spiegelberg findet damit seinen Abschluss. Ab heute Abend heißt es das letzte Mal Vollgas geben.
Seit vergangenem Samstag sind die 36 Club-Mitglieder und Helfer mit dem Aufbau beschäftigt. Zelt, Bühne, Theke, Bar, das alles kostet Zeit und Freiwillige – und genau das ist ein Aspekt, weshalb das Motorradtreffen in Zukunft so nicht mehr stattfinden kann: „Wir sind von den Mitgliedern her zu schwach aufgestellt“, erklärt Reimund Jansky vom MSC. Und die Aktiven, die das Fest mitgestaltet haben, werden nun auch immer älter, die meisten im Club seien zwischen 50 und 60 Jahre alt. „Wir haben in den vergangenen Jahren etwa zehn neue, junge Mitglieder dazubekommen“, so Jansky. Trotzdem ist der Aufwand in so kleinem Team kaum zu bewältigen.
„Eintritt wird bei Motorradtreffen grundsätzlich nicht verlangt“
Auch die Auflagen hätten sich in den vergangenen Jahren erhöht, immer wieder wurden Steine in den Weg gelegt. „Wir waren anfangs bei 50 DM für das Grundstück. Heute sind es 280 Euro.“ Dazu kommen zwei Stromaggregate, die geliehen werden und zudem 400 Liter Diesel vertilgen. Dazu kommen weitere Ausgaben wie beispielsweise für Bands, Security oder Dixi-Toiletten.
Und wenn zu alldem dann auch noch das Wetter nicht mitspielt, dann ist das kein Geschäft, das Gewinn bringt. „Wir verlangen das ganze Wochenende keinen Eintritt“, so Jansky. Das ist bei Motorradtreffen einfach so üblich. „Die würden uns ja die Hölle heiß machen“, sagt er lachend. Wohl auch deshalb haben einige Motorradclubs es aufgegeben, größer angelegte Treffen zu veranstalten. Lieber eine große Party im eigenen Klubhaus.
Aber im vergangenen Vierteljahrhundert hat sich einiges geändert im Pflanzengarten, wie die Lichtung im Wald heißt: „Es ist mehr ein Fest für die Jugend aus der Umgebung geworden.“ Denn: Heute kommen die wenigsten tatsächlich mit dem Motorrad angerollt. Und die Besucher, die über Nacht bleiben, werden auch immer älter. Früher seien übers Wochenende gut und gerne mal 1000 Leute gekommen, die vergangenen Jahre waren es etwa 800. 100 bis 150 Zelte seien früher auf der Wiese gestanden, heute deutlich weniger. „Die älteren Motorradfahrer schlafen dann doch lieber zu Hause.“ Auf die befreundeten Clubs ist zwar Verlass, doch der Biker-Nachwuchs fehlt.
„In den 90er-Jahren wurden wir fast überrannt“, erinnert sich Jansky an die Zeit, nachdem das Motorradtreffen aus der Gemeindehalle auf die Waldlichtung gezogen ist. Da wurde auch das Bier knapp. So knapp, dass sie nachts zu nahe gelegenen Kneipen gefahren sind, um dort Nachschub zu holen. Daraus haben die Macher gelernt: „Wenn du ein Fest machen willst, darf dir das nie passieren.“
Das ist nur eine von zahlreichen Anekdoten, an die sich die Clubmitglieder gerne zurückerinnern. „Alle Feste waren irgendwie schön. Jedes Jahr hatte was.“ Ein bisschen Wehmut ist nach 25 Jahren eben auch dabei. Denn manches wird den Veranstaltern sicher fehlen. Wie die langen Benzingespräche am Lagerfeuer, die oft bis in den Morgen dauern. In diesem Jahr fällt das an der Stelle jedoch flach: zu trocken, zu wenig Regen. Das Go für ein großes Feuer ist eher aussichtslos. Deshalb wird es wohl wie im Jahr 2003, als es ebenfalls sehr heiß war, einen Pool geben. Zur Abkühlung gibt es vielleicht wieder das ein oder andere Spiel.
Aber auf jeden Fall gibt es Musik. Da geht es heute Abend ab 18 Uhr mit Thumb Tack aus Ludwigsburg etwas härter zu, Unzensiert aus Kirchberg spielen danach deutschen Punkrock. „Eigentlich eher ungewöhnlich für ein Motorradtreffen“, weiß Jansky, „aber die bringen Stimmung.“ Am Samstag heizt dann Extasy ein, die einen Querschnitt durch die Rockmusik spielen.
Im Zelt hängen an einer Leine die T-Shirts der Treffen der vergangenen Jahre. Einige in bunten Farben, die meisten schwarz, chronologisch aufgereiht. Sie sind Erinnerungen an jedes Motorradtreffen des Clubs, an gemeinsame Organisation, Zusammenhalt, Anpacken und rauschende Feste. Was das Besondere an einem Motorradtreffen ist? „Man kommt aus seiner üblichen Welt raus, ist mit netten Leuten zusammen.“

© Pressefotografie Alexander Beche
Reimund Jansky vom MSC Spiegelberg.