Klagen in Karlsruhe gegen Mietendeckel

dpa Berlin/Karlsruhe. Der Berliner Mietendeckel ist für die Befürworter ein wichtiges Instrument gegen Mietwucher. Die Gegner sehen darin einen Griff in die sozialistische Mottenkiste, der auch noch verfassungswidrig ist. Diese Frage soll nun das höchste deutsche Gericht klären.

Hinter den Türmen der Marienkirche (l) und des Roten Rathauses sind zahlreiche Wohnblocks zu sehen. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Hinter den Türmen der Marienkirche (l) und des Roten Rathauses sind zahlreiche Wohnblocks zu sehen. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

FDP und CDU/CSU im Bundestag lassen den Berliner Mietendeckel vom Bundesverfassungsgericht überprüfen. Sie brachten dazu am Mittwoch in Karlsruhe eine Normenkontrollklage gegen die Maßnahme, die den starken Anstieg der Mieten in der Hauptstadt bremsen soll, auf den Weg.

„Das Land Berlin verletzt mit seinem Mietendeckel die Verfassung“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, am Mittwoch in Berlin. „Es hat seine Befugnisse eindeutig überschritten. Das Mietrecht ist Sache des Bundesgesetzgebers.“

Die abstrakte Normenkontrollklage wird von der gesamten FDP- und dem größten Teil der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mitgetragen, so dass die erforderliche Stimmenanzahl gegeben ist. Mit diesem Mittel kann ein Antragsteller unabhängig von einem konkreten Rechtsstreit und von eigener Betroffenheit die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm überprüfen lassen. Der Antrag kann nur von der Bundesregierung, einer Landesregierung oder einem Viertel der Mitglieder des Bundestages gestellt werden.

Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU), kritisierte die Berliner Landesregierung scharf: „Die rot-rot-grüne Koalition hat ein beispielloses Chaos auf dem Berliner Wohnungsmarkt verursacht. Trotz massivster verfassungsrechtlicher Bedenken hat sie den Mietendeckel aus ideologischer Verbohrtheit durchgepeitscht.“ Die Klage solle Rechtssicherheit schaffen. Nach seinen Angaben unterstützen insgesamt 284 Bundestagsabgeordnete die Klage.

Der vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossene, bundesweit bisher einmalige Mietendeckel war Mitte Februar in Kraft getreten. Danach werden die Mieten zunächst auf dem Stand vom Juni 2019 eingefroren und dürfen ab 2022 höchstens um 1,3 Prozent jährlich steigen.

Deutliche Kritik kam von der Linken: „Union und FDP sollten sich schämen, gegen den Berliner Mietendeckel ins Feld zu ziehen“, sagte die wohnungspolitische Sprecherin Caren Lay. „Wir brauchen keinen Schutzschirm für Mieten-Profiteure, sondern einen Schutzschirm für
Mieterinnen und Mieter.“

Der Berliner Mieterverein betonte, der Deckel sei gerade im Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie von besonderer Bedeutung. „Ihn jetzt mittels einen Normenkontrollklage zu beseitigen, wie es Abgeordnete der CDU/CSU und FDP, aber auch der AFD vorhaben, ist zynisch und das vollkommen falsche Signal“, sagte Geschäftsführer Reiner Wild.

Der Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Andreas Ibel, begrüßte es, dass Karlsruhe mit der Entscheidung über die Klage nun Rechtssicherheit schaffen könne. Es wäre gut, wenn dies noch in diesem Jahr geschehen würde.

Der FDP-Politiker Buschmann erklärte: „Insbesondere weil der Berliner Mietendeckel wirtschaftlich katastrophale Folgen nach sich zieht, sehen wir uns ganz besonders in der Pflicht, ihn vor dem Bundesverfassungsgericht zu Fall zu bringen.“ Viele Vermieter seien Privatpersonen, die durch eine Immobilie fürs Alter vorsorgen wollten. Ihre bisherige Kalkulation werde nun gefährdet. „Diese rechtswidrige Zumutung wollen wir beseitigen.“

Der FDP-Verfahrensbevollmächtigte Prof. Heinrich Amadeus Wolff nannte es einen ziemlich „einmaligen Vorgang, dass in so deutlicher Weise der Landesgesetzgeber glaubt, eine politisch bessere Lösung zu wissen als sie der eigentlich zuständige Bundesgesetzgeber gefunden hat“. Es sei festzustellen, „dass der Landesgesetzgeber frontal gegen einen zuständigen Bundesgesetzgeber vorgeht“.

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Erstellt:
6. Mai 2020, 10:10 Uhr

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