OB Friedrich will den Einzelhändlern helfen

Das Backnanger Stadtoberhaupt tourt drei Tage lang durch die Innenstadt und informiert sich bei den Geschäftsleuten direkt über aktuelle und grundsätzliche Probleme. Das Thema Parkplätze steht auf der Hitliste vieler Einzelhändler als Ärgernis ganz weit oben.

Jan Rössle (links) zeigt Maximilian Friedrich (Mitte) und Stefan Setzer einen Flyer, wie Schwäbisch Gmünd das Thema Parken für Besucher der Innenstadt freundlicher gestaltet, und stößt damit sowohl beim OB als auch beim Baudezernenten auf großes Interesse. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Jan Rössle (links) zeigt Maximilian Friedrich (Mitte) und Stefan Setzer einen Flyer, wie Schwäbisch Gmünd das Thema Parken für Besucher der Innenstadt freundlicher gestaltet, und stößt damit sowohl beim OB als auch beim Baudezernenten auf großes Interesse. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Ein Mammutprogramm hat sich Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich vorgenommen, um sich auf dem direkten Weg über die Sorgen und Nöte der Einzelhändler und Geschäftsleute in der Innenstadt zu informieren. Seit dem gestrigen Montagmorgen und noch bis morgen Nachmittag klappert das Stadtoberhaupt bei seinem Rundgang die Geschäfte ab und sucht das Gespräch mit den Inhabern und Mitarbeitern.

Los ging es gestern um 9.30 Uhr beim Intersport Hettich gegenüber der Bleichwiese. Überpünktlich trifft Friedrich in Begleitung seiner persönlichen Referentin Melanie Schuler und des Stadtbaudezernenten Stefan Setzer am Schweizerbau ein. Noch vor der Tür heißt Jan Rössle von Intersport die Delegation willkommen und führt sie durch die Geschäftsräume. Als Warm-up gibt es Informationen zu den Sortimenten. Die Nachfrage nach bestimmten Produkten ist riesig. Nämlich immer dann, wenn es sich um eine Sportart handelt, die in Coronazeiten einen Boom erlebt. Laufsport etwa. Oder Wandern. Jan Rössle erklärt, dass er in diesen Sparten zuweilen keinen Nachschub mehr erhält. Einen ganz besonders guten Ruf genießt die Intersport-Filiale bei den Skilanglaufexperten. Das geht noch auf die Zeiten zurück, als Rolf Hettich das Geschäft führte und jeden Winter die neuesten Modelle präsentieren und mit einer fachkundigen Beratung punkten konnte. Der Ruf hält an, die Beratungsqualität wohl auch, weshalb sich Langläufer aus der gesamten Region noch heute in Backnang eindecken. Dass das Geschäft ausgerechnet in der Hochzeit dieses Sortiments vom Lockdown eingeholt wurde, ärgert Rössle: „Da haben wir endlich einmal einen Winter wie seit vielen Jahren nicht mehr, und wir haben den Laden zu. Das war der Super-GAU für uns.“

Die Bleichwiese wird am Wochenende oft von Dauerparkern blockiert

Weil Friedrich auf die Coronaverordnung keinen direkten Einfluss hat, ist es ihm umso wichtiger, den Händlern dort zu helfen, wo er etwas bewegen kann. Deshalb hakt er nach, welche Anregungen die Geschäftsleute an die Stadt haben. Rössle spricht sofort das Thema Parken an. Zwar gibt es direkt gegenüber mit der Bleichwiese den größten innerstädtischen Parkplatz, aber der werde am Wochenende oft von Dauerparkern blockiert, so Rössle: „Wenn ich am Samstag um 8.30 Uhr in die Stadt komme, ist der Parkplatz schon halb voll, obwohl noch kein Geschäft offen hat.“ Rössle hat sich vorbereitet. Er präsentiert Friedrich einen Flyer, auf dem das Parksystem von Schwäbisch Gmünd beschrieben ist. Dort erhalten Kunden in den Geschäften einen Chip, mit dem sie an Parkscheinautomaten oder im ÖPNV bezahlen können. Friedrich nimmt die Anregung mit. Aber er hakt auch nach und will etwa wissen, ob Rössle generell mit der Höhe der Parkgebühren einverstanden ist. Logisch, dass sofort das Winnender Modell Thema ist, bei dem alle Verkehrsteilnehmer die ersten zwei Stunden in der Innenstadt kostenfrei parken dürfen.

Aber auch in Backnang gibt es Positives zu vermelden. So erinnert Friedrich daran, dass demnächst das Handyparken eingeführt wird, das viele Vorteile auf sich vereint. So gibt es Geld zurück, wenn man doch schneller als gedacht wieder im Auto sitzt, oder man kann fern des Parkplatzes die Parkzeit verlängern, wenn ein Aufenthalt in der Stadt doch länger gehen sollte.

Unzufrieden ist Rössle ferner wegen der langen Wartezeiten an den beiden Fußgängerampeln. Das Warten auf eine Grünphase dauert oft so lange, dass viele Passanten genervt sind und einfach bei Rot die Straße überqueren. Die Begründung von Baudezernent Setzer, dies sei wegen der beiden Kreisverkehre nötig, versteht Rössle zwar, macht die Sache für den Geschäftsmann aber auch nicht besser.

Ein Thema nach dem anderen wird angerissen. Ungut ist laut Rössle etwa, dass die Stadtmarketingstelle unbesetzt ist. Friedrich stimmt der Kritik zu und gibt Entwarnung, „die Stelle wird nach den Ferien ausgeschrieben“. Und die verkaufsoffenen Sonntage? „Die sind für uns ganz wichtig“, sagt Rössle. Die Anmerkung Friedrichs, dass die Inzidenz wieder steigt, „wir müssen schauen, was geht“, kontert Rössle mit seiner Einschätzung: „Wir müssen dazu übergehen, mit der Sache zu leben.“

Nach 40 Minuten verabschiedet sich die Delegation mit dem Hinweis aufs umfangreiche Programm mit 25 Stationen in drei Tagen. Rössle: „Respekt!“ Das umso mehr, weil Friedrich nach seinem Knöchelbruch erst seit wenigen Tagen wieder einigermaßen leidlich zu Fuß unterwegs ist. „Mal sehen, wie es dem Fuß heute Abend geht“, schwingen beim OB leichte Zweifel mit.

Immerhin, der Weg zur nächsten Station ist nicht weit. Im benachbarten Biomarkt Fischer-Mühle informiert Lubica Schulz, die Frau des Inhabers Andreas Schulz, die Gäste über die Entwicklungen auf dem Biosektor. Die Konkurrenz ist inzwischen groß, weil auch die Discounter ihr Stück vom Kuchen abbekommen wollen. Schulz wünscht sich von der Stadt etwas mehr Werbung für die Geschäfte, etwa in Form eines Leitsystems oder von Wegweisern. Nach einer Kaffeepause gibt es auch noch ein Lob von Stefan Setzer: „Sie haben übrigens Topöffnungszeiten. Samstags bis 18 Uhr, alle Achtung.“ Da könne sich manch ein anderes Geschäft eine Scheibe abschneiden.

„Das ist eine sehr gute Aktion, Ihr Besuch hat mich richtig gefreut“

Über den Ernst-Riecker-Steg und die Stäffele geht es zum Stiftshof hoch zum Friseur Kroiss am Burgplatz. Dort hat Friedrich einen ganz besonderen Termin, denn der Coiffeur darf sich am Stadtoberhaupthaupt austoben. Während Andreas Kroiss schnippelt, geht das Gespräch munter hin und her. Das ist genau die Sache Friedrichs. Schließlich hat er die Länge der Tour auch damit begründet, dass er sich Zeit nehmen möchte für die Menschen. Deshalb wurde die Kennenlerntour auch auf drei Tage gestreckt. „Wenn ich mir die Sorgen der Händler anhöre, dann kann ich mit einem Zeitfenster von nur fünf Minuten dem Thema nicht gerecht werden.“ Hauptthema für Kroiss sind auch die Parkplätze. Von Vorteil ist bereits, dass das absolute Halteverbot vor seinem Geschäft aufgehoben wurde. Die 15-Minuten-Parkplätze hingegen bringen ihm keinen Vorteil, so schnell schafft kein Friseur. Aber es gibt doch ein Parkhaus in direkter Nähe, gibt Setzer zu bedenken. Ja, das stimmt, aber viele seiner Kunden würden dies nicht nutzen. Kroiss: „Die Autos werden immer größer. Die Stellflächen wurden zwar etwas vergrößert, aber die Ein- und Ausfahrten bleiben eng.“ Grundsätzlich schwärmt der 50-Jährige von seinem Standort am Burgplatz: „Ich habe hier eine schöne Aussicht und den ganzen Tag Sonnenlicht.“ Und er plant, einen weiteren Standort zu eröffnen. Eine Steilvorlage für Stefan Setzer. Er macht ihm sofort das Projekt Kronenhöfe in der Innenstadt schmackhaft. Und der Geschäftsmann ist gar nicht abgeneigt. Am Ende verabschiedet er seine Gäste und dankt: „Das ist eine sehr gute Aktion, Ihr Besuch hat mich richtig gefreut.“

Infotour durch Backnang

Auf ein Eis Die Infotour durch die Innenstadt geht heute schon ab 9 Uhr wieder weiter durch sieben Geschäfte in der Innenstadt. Ein besonderer Programmpunkt ist dann der Abschlusstermin um 16 Uhr. Es handelt sich dabei um eine Art besondere Bürgersprechstunde. Unter dem Motto „Auf ein Eis mit dem Oberbürgermeister“ können alle Interessierten eine Stunde lang beim historischen Rathaus ihre Fragen stellen, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Jeder Fragesteller erhält einen Gutschein für eine Kugel Eis, den man in einer der beiden Eisdielen in der Innenstadt einlösen kann.

Meet and greet Am Mittwoch heißt es von 9.15 bis 12 Uhr „meet and greet“ mit dem OB auf dem Wochenmarkt. Im Anschluss besucht Friedrich weitere sieben Geschäfte.

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Erstellt:
7. September 2021, 06:00 Uhr

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