Österreich im Corona-Sommer: Touristen zieht es aufs Land

dpa Wien. In Hallstatt sind die Parkplätze dank vieler Touristen voll. Dagegen ist die Buchungslage in Städten wie Wien im Corona-Sommer äußerst mau. Und Ischgl in Tirol will künftig alles besser machen.

Eine Touristin fotografiert den Hallstätter See in Österreich. Hier scheint die Welt selbst im Corona-Sommer in der üblichen Ordnung zu sein. Foto: Matthias Röder/dpa

Eine Touristin fotografiert den Hallstätter See in Österreich. Hier scheint die Welt selbst im Corona-Sommer in der üblichen Ordnung zu sein. Foto: Matthias Röder/dpa

Im malerischen Hallstatt in Österreich scheint die Welt selbst im Corona-Sommer in der üblichen Ordnung. Die Touristen strömen fast wie eh und je.

„Die Parkplätze sind meist zu Mittags schon voll“, sagt Vizebürgermeister Alfred Gamsjäger. Statt der Gäste aus Asien, die täglich mit Dutzenden Bussen in den Weltkulturerbe-Ort im Salzkammergut gebracht wurden, kämen die Deutschen und vor allem die Österreicher selbst.

Viele Gaststätten, Hotels und auch nicht wenige Bürger seien recht zufrieden mit der Situation. „Die Gäste verteilen sich besser über den Tag“, meint Gamsjäger. In Hallstatt ist das eingetreten, was sich das Tourismus sehr abhängige Österreich hatte: Reisende aus der Heimat und dem nahen Deutschland machen den Verlust der Gäste aus der Ferne weitgehend wett.

Doch das Bild ist sehr uneinheitlich. „Es gibt eine zweigeteilte Entwicklung. Hotels wie zum Beispiel an den Seen in Kärnten sind ausgebucht, in Wien stehen viele Zimmer leer“, sagt ein Sprecher der Tourismusmarketing-Organisation Österreich Werbung.

Immerhin sei generell ein gewisser Erholungstrend spürbar. So meldet unter anderem die Steiermark einen deutlichen Aufschwung. „Im Juli und August sind die Buchungsrückmeldungen vor allem von den Betrieben mit einem Naturangebot vor der Haustür sehr gut“, so die dortige Tourismus-Ministerin Barbara Eibinger-Miedl.

Dagegen droht für das einst vielbesuchte Wien bei den Übernachtungszahlen ein Rückfall um etwa zehn Jahre. „Beim günstigsten Szenario rechnen wir mit meinem Minus bei den Übernachtungen von 45 Prozent und beim Umsatz von 50 Prozent“, sagte ein Sprecher von WienTourismus.

Damit würde die Stadt wieder auf dem Niveau von 2008 landen. Nur rund die Hälfte der etwa 400 Hotels seien überhaupt geöffnet. „Es geht ums Durchhalten, weniger ums Wirtschaften“, so der Sprecher weiter. Die betriebswirtschaftlich nötige Auslastung von mindestens 50 Prozent sei nicht zu schaffen. „Da sind wir noch ganz weit weg.“

Im Juni, dem ersten Monat nach Wiederöffnung der Hotels in Österreich, betrug das Minus in Wien bei den Übernachtungen nach Angaben von WienTourismus 88 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Umsätze der Beherbergungsbetriebe zeigen von Januar bis Mai mit minus 63 Prozent auf 133 Millionen Euro ebenso einen drastischen Rückgang. Daher arbeitet die Stadt intensiv an Standards und Güte-Hygiene-Siegeln zum besonders sicheren Reisen in Corona-Zeiten. Das soll nicht zuletzt die wichtigste Zielgruppe - die Deutschen - locken.

Die Strategie hat auch das zu Beginn der Krise als Hotspot gehandelte Ischgl. Der Ort mit seinen 1600 Einwohnern hat in der Sommersaison eine Art Gesundheitstestlauf für die extrem wichtige Wintersaison gestartet. Alle Touristen könnten sich aktuell einmal die Woche kostenlos auf das Virus testen lassen und erhielten das Ergebnis binnen 24 Stunden, sagt Tourismuschef Andreas Steibl.

Auch das Personal im Ort könne sich jede Woche überprüfen lassen, verweist er auf eine bundesweite Aktion. Wegen des coronabedingten vorzeitigen Abbruchs der vergangenen Wintersaison Mitte März ist dem Ort laut Steibl ein Umsatz von rund 100 Millionen Euro verloren gegangen.

In der Wintersaion soll das Virus weder Leben noch Image bedrohen. Ab 26. November werde umfassend getestet, so Steibl. „Vom Liftwart bis zum Pfarrer“ werde dann jeder, der mit Touristen zu tun habe, regelmäßig gecheckt und Gäste könnten jeden Tag einen Test machen. „Dann schaut die Welt auf uns“, sagt der Tourismuschef angesichts der international beachteten Rolle des Ortes bei der Verbreitung des Virus. Die nur dreimonatige Sommersaison laufe nicht schlecht. Der Ort hofft, zumindest auf 80 Prozent der sonst üblichen 200 0000 Übernachtungen zu kommen.

Von so einer Quote kann die Stadt Salzburg nur träumen. „Die Entwicklung ist sehr zäh“, sagt Tourismuschef Herbert Brugger. Immerhin sorgten die in vermindertem Umfang stattfindenden Salzburger Festspiele im August für eine Belebung und voraussichtlich eine Auslastung der Hotels von 40 bis 50 Prozent. „Im Juli und August ist die Stadt sonst voll“, sagt Brugger. 2019 kam das gerade bei internationalen Gästen beliebte Ziel im Sommer pro Monat auf 400.000 Übernachtungen und bis zu 700.000 Tagesgäste. Nach jüngsten Zahlen war im Juni speziell bei den Fünf-Sterne-Hotels die Buchungslage extrem schlecht. Der Einbruch bei den Gästezahlen und beim Umsatz werde manchen Betrieb zum Aufgeben veranlassen, ist sich Brugger sicher. „Es wird eine Ausdünnung geben.“

© dpa-infocom, dpa:200725-99-919617/2

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Erstellt:
25. Juli 2020, 09:22 Uhr

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