Ergebnisse der Kirchenwahl
Offene Kirche ist jetzt knapp stärkste Kraft
Kirchenwahl 2025: die 90 Plätze in der evangelischen Landessynode sind vergeben, 7000 Kirchengemeinderäte neu gewählt. Etwa jedes fünfte Kirchenmitglied hat abgestimmt.
© Simon Granville
„Tiefgreifende Veränderungen in Kirche und Gesellschaft“ – Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl.
Von Jan Sellner
Die Protestanten in Württemberg haben gewählt – zumindest ein Teil davon. An der Wahl der neuen Synode, des Kirchenparlaments, und der mehr als 7000 Kirchengemeinderäte vor Ort beteiligten sich am Sonntag rund 390 000 evangelische Christen. Wahlberechtigt waren rund 1,51 Millionen Kirchenmitglieder ab 14 Jahren. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 22,4 Prozent. Bei der letzten Wahl 2019 waren es 22,9 Prozent gewesen. Damals hatte die Landeskirche noch rund 1,8 Millionen Wahlberechtigte gezählt. Die meisten Kirchenmitglieder gingen diesmal im Wahlkreis Schwäbisch Hall zur Wahl (27,2 Prozent).
Landesbischof Hans-Ulrich Gohl zeigte sich am Montag dennoch zufrieden. Die Mitglieder hätten Interesse an der Wahl gezeigt, sagte er bei einer Pressekonferenz in Stuttgart. Er würdigte, dass sich mehr als 9000 Ehrenamtliche bei der Wahl engagiert hätten.
Die Kirche für morgen erzielte die stärksten Zugewinne
Einige Veränderungen ergaben sich bei der Zusammensetzung der neuen, 17. Synode. Die beiden großen Fraktionen oder Gesprächskreise – die progressive Offene Kirche und die konservative Lebendige Gemeinde – belegen zusammengerechnet erneut rund zwei Drittel der Mandate. Die Offene Kirche, die 2019 mit der Lebendigen Gemeinde gleichauf lag, ist jetzt mit knappem Vorsprung stärkste Kraft (34 Prozent) und holte wie bei der letzten Wahl 31 Mandate. Die Lebendige Gemeinde (33 Prozent) büßte zwei Mandate ein und kommt auf 30 Plätze. Damit verliert sie den Status als größte Gruppe, den sie durch personelle Wechsel im Verlauf der letzten Legislaturperiode gewonnen hatte.
Einen deutlichen Zugewinn schaffte die Kirche für morgen, die sich als „Kraft der Mitte“ sieht (20 Prozent) und künftig 18 statt bisher 12 Mandate innehat. Einbußen hatte der Gesprächskreis Evangelium und Kirche (12 Prozent). Er belegt elf Mandate (bisher 16). Für die 90 Plätze im neuen Kirchenparlament hatten sich und sich 159 Kandidatinnen und Kandidaten in 15 Wahlkreisen beworben.
Vertreter der Offenen Kirche kündigten an, das strittige Thema Trauung für alle zügig neu aufzurufen um den „beschämenden Nichtbeschluss“ von der jüngsten Herbst-Tagung der Synode zu korrigieren. Der auch von Landesbischof Gohl unternommene Versuch einer Vereinfachung und einer Aufwertung war knapp an der dafür notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit gescheitert. Die Lebendige Gemeinde kündigte ihrerseits an, ein „klares geistliches Profil“ vorantreiben zu wollen. Die noch junge Kirche für Morgen will die notwendige „Transformation“ in der Kirche angehen: „by design und not by desaster“, also aktiv gestaltend. Der Gesprächskreis Evangelium und Kirche bemängelte, dass bei der Kirchenwahl die Fraktionen im Fokus stünden. Gemeinsam müsse die kirchliche Öffentlichkeit stärker erreicht werden.
Zwei Drittel der Plätze im Kirchenparlament neu besetzt
Alle Gesprächskreise betonten, das Ehrenamt stärken zu wollen. Positiv hoben sie hervor, dass ein Generationswechsel gelungen sei; das Durschnittsalter ist von über 50 auf 47,8 Jahre gesunken. Wie bei der letzten Wahl wurden rund zwei Drittel der Plätze im Kirchenparlament neu besetzt. Der Frauenanteil steigerte sich leicht von 40 auf 43 Prozent. Die neue Synode konstituiert sich am 28. Februar. Auf ihre Mitglieder wartet angesichts „der tiefgreifender Veränderungen in Kirche und Gesellschaft“ (Gohl) viel Arbeit.
