Frieden für Nahost

Ohne die USA geht nichts

Die Einigung zwischen Israel und der Hamas ist ein Ergebnis des Drucks von Donald Trump, kommentiert USA-Korrespondent Thilo Kößler.

Nach dem Übereinkommen: Jubel in Israel.

© imago/Anadolu Agency

Nach dem Übereinkommen: Jubel in Israel.

Von Thilo Kößler

Zuhause gibt er den kompromisslosen Unruhestifter und Spalter. Im Nahen Osten will Donald Trump nun zum Dealmaker und Friedensstifter werden. Tatsächlich ist die Teileinigung zwischen Israel und der Hamas auf einen Waffenstillstand, auf den Austausch von Geiseln und Gefangenen und einen zumindest teilweisen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen der erste außenpolitische Erfolg Trumps.

Er ist weniger dem Umstand zu verdanken, dass plötzlich die Vernunft regiert oder sich unversehens ein Geist des Friedens über dem Gräber- und Trümmerfeld des Gazastreifens auftut. Vielmehr haben sich die Bedingungen so weit verändert, dass wachsender Druck auf die Akteure Erfolg verspricht.

Beide Seiten sind nach dem zweijährigen grausamen Krieg, der dem beispiellosen Hamas-Terror des 7. Oktober folgte, der Erschöpfung nahe. Die Hamas ist nach der Eliminierung praktisch ihrer gesamten politischen Führung de facto kopflos. Israel sieht sich angesichts seines Feldzugs in Gaza weltweit mit wachsender moralischer und politischer Isolation konfrontiert.

In dieser politisch, militärisch und humanitär verzweifelten Lage konnte der Druck Wirkung entfalten. Er kam aus Katar, aus der Türkei, aus Ägypten, die die Hamas ins Gebet nahmen. Er kam aber vor allem aus USA und von Donald Trump, der nach dem fatalen israelischen Angriff auf Hamas-Führer in Doha die Geduld mit Benjamin Netanjahu verlor. Er war bereit, den Israels Regierungschef mit harten Forderungen zu konfrontieren.

Wieder einmal zeigt sich, dass sich ohne die USA politisch nichts im Nahen Osten bewegt. Der Schlüssel zu jedem Fortschritt zwischen den Kontrahenten Israel, den Palästinensern und der arabischen Welt liegt im Weißen Haus. Das zeigt die lange Reihe jener US-Präsidenten, die sich im Nahen Osten engagiert und am Nahen Osten abgearbeitet haben. Von Jimmy Carter über George H. Bush, Bill Clinton und George W. Bush – all diesen US-Präsidenten gelangen zwar Teilerfolge. Aber trotz größter Anstrengungen gelang kein nachhaltiger, gerechter und umfassender Frieden im Nahen Osten.

Mit dem sogenannten Abraham-Abkommen zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain legte Trump immerhin einen viel beachteten Grundstein für eine friedliche Integration Israels in die bis heute überwiegend feindlich gesinnte arabische Nachbarschaft. Die Hoffnungen auf eine mögliche Beteiligung Saudi-Arabiens gingen aber im Terror der Hamas und Israels Krieg im Gazastreifen unter. Ein Wiederaufleben dieser Initiative dürfte von substanziellen Fortschritten zwischen Israel und den Palästinensern abhängen. Ob am Ende tatsächlich ein eigener Palästinenserstaat steht, erscheint allerdings fraglich. Die Gräben sind heute tiefer denn je.

Deshalb ist jede Euphorie verfrüht und Vorsicht geboten. Angesichts der gewaltigen Hindernisse, die schon bald zutage treten werden, muss sich erst noch zeigen, ob mit dem erhofften Waffenstillstand in Gaza tatsächlich ernsthafte Friedensperspektiven für die gesamte Region verbunden sind. Es gilt, jede Chance zu nutzen und jeden Schritt abzusichern, von Seiten der Verbündeten, Europas, der UN. Denn das ist die bittere Lehre aus den vielen Jahrzehnten des Nahostkonflikts: Eine Waffenruhe erwies sich allzu oft als Intermezzo zwischen zwei Kriegen und als Atempause vor neuer Gewalt.

Immerhin scheinen die Entschlossenheit und die Eitelkeit Donald Trumps groß genug zu sein, um sich weiterhin zu engagieren und Druck zu machen. Trump wird nicht ruhen, bis er als 5. Präsident der USA den Friedensnobelpreis in Händen hält.

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Erstellt:
9. Oktober 2025, 17:00 Uhr

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