Ohrabbeißer-Fall alarmiert Gewerkschaft
Für die Verdi-Chefin Maike Schollenberger ist der AfD-Bezirksbeirat ein krasser Fall der zunehmenden Gewalt gegen Beschäftigte.

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Der Einsatz nach der Attacke auf einen städtischen Vollzugsbediensteten
Von Andreas Müller
Stuttgart - Der Fall eines Stuttgarter AfD-Bezirksbeirates, der einem städtischen Bediensteten einst das Ohr abgebissen hat und jahrelang wegen Gewalttaten in Haft saß, irritiert auch die Gewerkschaft Verdi in Baden-Württemberg. „Das ist natürlich ein besonders krasser Fall von Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst“, sagte die neue Verdi-Landesvorsitzende Maike Schollenberger unserer Zeitung. Gleichwohl sei er „typisch für die immer kürzere Zündschnur und enorme Aggression, der unsere Kolleginnen und Kollegen inzwischen täglich ausgesetzt sind - am Steuer eines Busses genau so wie im Jobcenter oder Bürgerbüro“.
Für Schollenberger geht es aber auch um die anderen Mitglieder des betreffenden Bezirksbeirats. „Jemandem gegenüber zu sitzen, von dem du weißt, dass er bereits mehrfach massiv gewalttätig geworden ist, wenn ihm die Argumente ausgehen, ist eine Zumutung – eine Zumutung für die betroffenen Politikerinnen und Politiker sowie eine Zumutung für unsere Demokratie.“ Der Bezirksbeirat Markus P. war 2024 auf Vorschlag der Stuttgarter AfD bestellt worden, nachdem die Stadt keine Zweifel an seiner Wählbarkeit festgestellt hatte. Aufgrund der Recherchen unserer Zeitung hat das Rathaus eine umfassende Auskunft aus dem Bundeszentralregister angefordert; diese liegt bisher nicht vor. In dem fraglichen Bezirksbeirat ist Markus P. bisher dem Vernehmen nach nicht auffällig geworden, war aber auf Proteste von Bürgerinnen und Bürgern gestoßen.
Auf der Webseite der Stuttgarter AfD ist Markus P. inzwischen nicht mehr – wie bis vor Kurzem noch – mit Namen und E-Mail-Adresse als Bezirksbeirat aufgeführt. Der Stuttgarter AfD-Kreisvorsitzende Andreas Mürter erklärte dies mit einer Überarbeitung der Seite, die ehrenamtlich über den Vorstand betrieben werde. Erst vor Kurzem waren weitere Namen von der Übersicht der AfD-Bezirksbeiräte gestrichen worden.
Nach wie vor aufgeführt wird Markus P. in der Übersicht der Bezirksbeiräte auf der Internetseite der Stadt Stuttgart. Eine Nennung dort sei „optional. Die Betroffenen können das auch ablehnen“, teilte der AfD-Fraktionschef im Gemeinderat, Michael Mayer, mit. Bei AfD-Mitgliedern sei das „keine Seltenheit aufgrund schlechter Erfahrungen“. Zum Fall von Markus P. wisse er nichts Neues, so Mayer: „Ich nehme an, dass er sich bis auf Weiteres aus der Öffentlichkeit eher zurückgezogen hat, was natürlich auch die Ausübung eines solchen Ehrenamts betrifft.“
Der Fraktion waren die Vorstrafen von Markus P. anders als der Stadtverwaltung nach eigenen Angaben bekannt. Ihr Vorsitzender verwies auf den Grundsatz der Resozialisierung. Aktuell wird gegen den Bezirksbeirat wieder wegen des Verdachts der Körperverletzung ermittelt. Auf Anfragen unserer Zeitung reagierte der Mann bisher nicht.