Open Air auf dem Berg

„Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen“ – Murrhardter Bergfestival feiert mit der fränkischen Band Gankino Circus furiose Premiere.

Die Band Gankino Circus sorgt beim Murrhardter Bergfestival für viel Stimmung. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Die Band Gankino Circus sorgt beim Murrhardter Bergfestival für viel Stimmung. Foto: J. Fiedler

Von Carmen Warstat

MURRHARDT. Das neue Sommerpalast-Format des Vereins Palastkultur ist weit mehr als eine Ersatzlösung in Coronazeiten. Es ist, wie Cheforganisator Hardy Wieland es unter begeistertem Applaus formuliert, ein komplett neues Konzept und hat sich schon jetzt bewährt. Die Künstler des ersten Abends sprechen von einer Meisterleistung der Veranstalter.

Wunderschön gelegen, bietet der Teilort Hinterwestermurr mit seinem Mini-Bädle die ideale Kulisse für den Auftakt des Murrhardter Bergfestivals. Die Bühne hat man auf einem Hügel errichtet, und sie fügt sich in faszinierender Weise in die Natur ein. Instrumente und Soundtechnik stehen bereit, das Publikum findet sich ein und nimmt die kleine Wiese neben dem Pool in Besitz.

Ausgestattet mit Decken, Kissen, Klappstühlen, Gartenliegen, einer sogar mit einem Luftkissen, strömen die Leute aus verschiedenen Richtungen herbei, viele von ihnen mit einem Picknick, obwohl der Verein Wasserfreunde Hinterwestermurr 1994 unter der Leitung von Jürgen Wurst und Markus Schieber gemeinsam mit Helfern vom Sommerpalast-Team vorgesorgt hat und Verpflegung anbietet. Man hat die Wiese in nummerierte Plätze unterteilt, um sie den Paaren, Familien und Gruppen zuweisen zu können – eine durch Corona bedingte Sicherheitsmaßnahme, die ohne Murren angenommen wird, wie auch der Hinweis, am Tresen Maske zu tragen.

„Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen“, sagt jemand. Aus Murrhardt und Sulzbach an der Mur, Allmersbach im Tal, Backnang und Gießen sind Gäste gekommen. Sie alle genießen das Beisammensein besonders und freuen sich aufs Konzert. Eine Murrhardterin ist per „Opa-Taxi mit dem Gepäck“ mit ihrem 14-jährigen Enkel da und wartet noch auf Sohn und Schwiegertochter, die von Rotenmad aus herwandern.

Sommerpalast Bergfestival mit Gankino Circus

Impressionen vom Murrhardter Sommerpalast Bergfestival mit Gankino Circus

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© Jörg Fiedler

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Ebenfalls gewandert ist eine größere Gruppe aus fünf Familien, „alle Fans vom Sommerpalast“. Es sei eine tolle Alternative und „die Umgebung total schön“, wie Simone Taxis findet. Die Jüngste in der Runde ist Elisabeth Wohlfahrth (9) und auch jedes Jahr dabei. Das Picknick wird appetitlich angerichtet, unter anderem mit Bruschetta, weil es das beim Sommerpalast auch immer gibt. Man macht es sich schön auf den Decken.

Auch der Murrhardter Pfarrer Achim Bellmann und seine Frau Dagmar sind da. Sie sind die zehn Kilometer hergeradelt, „ohne Akku!“, und teilen ihren Platz mit einer Nachbarin. Morgen wäre der ökumenische Gottesdienst im Zelt gewesen, berichtet Achim Bellmann, aber: „Jetzt ist vieles anders.“ Er erzählt ein wenig vom aktuellen Gemeindeleben, und Dagmar Bellmann lobt die Sommerpalast-Tradition. „Wir sind auch alle im Helferteam“, sagt sie. „Das Schöne ist: Die ganze Stadt macht mit.“

Zeit für die Band „aus dem östlichsten Teil von Nordwestmittelfranken“. Aus Dietenhofen kommen und Gankino Circus heißen sie, und das hat weder mit Kino noch mit Zirkus zu tun. Gankino ist ein alter bulgarischer Volkstanz im eher außergewöhnlichen Elf-Achtel-Takt, der die Künstler fasziniert und ihre fränkische Musik prägt. Simon Schorndanner, Johannes Sens, Maximilian Eder und Ralf Wieland wissen ihr Publikum mit Klarinette, Saxofon, Drums und effektvollen Percussions, Akkordeon, Gesangsstimmen und Gitarre auf den Balkan zu entführen und doch auch die abgründige Geschichte des Weizen-Charly aus Dietenhofen zu erzählen, des Wirts der „Heiligen Gans“, der „eine charakterstarke Drecksau“ war und der in seinem Weizenbier ertrank.

Mit viel Witz bringen sie die eigentlich gar nicht lustige Lebens- und Sterbegeschichte eines Menschen, den sie in ihrer Jugend bewundert haben, herüber, krönen sie noch mit der tieftraurigen Säuferballade „Kathi, gib mir noch n Bier“ – das ist bitterer als jedes Bier und war Charlys Lieblingslied – sowie mit einem Requiem, dem alten Volkslied „Es kommt ein’ dunkel Wolk herein“. Überwältigend. Im Kontrast hierzu stehen manch launiger Schwank aus der Jugend, die mitreißende Geschichte der Einkehr des Rock’n’Roll ins Dietenhofener Wirtshaus und ein Musikquiz, das von Vroni aus dem Publikum gewonnen wird, sowie etwa die erheiternde Erzeugung von Bouzouki-Klängen mittels Bohrmaschine und Gitarre. Die Männer von Gankino Circus halten die Balance, die ein reiches Leben und gehaltvolle Kunst ausmacht.

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Erstellt:
27. Juli 2020, 06:00 Uhr

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