Oppenweiler will die Ortsmitte aufwerten

Als eine von 20 Modellkommunen hat sich Oppenweiler im vergangenen Jahr mit der Verbesserung der Ortsmitte beschäftigt. 36 konkrete Maßnahmenvorschläge wurden zusammen mit Bürgerschaft und Fachplanern erarbeitet. Vieles ist aber noch Zukunftsmusik.

Enger Gehweg, viel Verkehr: In der Ortsmitte von Oppenweiler hält sich keiner besonders gerne auf. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Enger Gehweg, viel Verkehr: In der Ortsmitte von Oppenweiler hält sich keiner besonders gerne auf. Foto: A. Becher

Von Kristin Doberer

Oppenweiler. Wo andere Gemeinden einen gemütlichen Marktplatz haben, reiht sich in Oppenweiler ein Fahrzeug an das nächste. Die Masse an Autos, die täglich mitten durch den Ort fährt, beschäftigt die Gemeinde schon seit Jahrzehnten. Durch die B14 ist eine Ortsmitte mit Aufenthaltsqualität quasi nicht existent und wann die ersehnte Ortsumfahrung kommen wird, ist noch völlig unklar. Bis dahin untätig zu sein, ist für die Verwaltung aber keine Option. Im vergangenen Jahr wurden von Bürgern und Fachplanern im Rahmen eines Modellprojekts Ideen gesammelt, um die Ortsmitte lebenswerter zu machen. Ende 2020 wurde Oppenweiler als eine von 20 Kommunen ausgewählt, die bei dem Projekt „Ortsmitten – gemeinsam barrierefrei und lebenswert gestalten“ des Verkehrsministeriums teilgenommen hat. In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurden nun die Ergebnisse des Projekts vorgestellt.

Im vergangenen Jahr hat es verschiedene Projektschritte gegeben. Nach dem offiziellen Auftakt wurde ein Ortsmittencheck von dem Fachbüro Pesch und Partner durchgeführt, dabei wurden die Stärken und Schwächen der Ortsmitte in Oppenweiler nach fünf verschiedenen Themenbereichen analysiert (wir berichteten). Das Ergebnis war in vielen Punkten deutlich: Die Verkehrssituation sowie die Mobilität für Fußgänger und Radfahrer wurden als sehr schlecht eingeschätzt, ebenso wie die Aufenthaltsqualität. Nach der Bestandsanalyse des Fachbüros war ein wichtiger Teil des Projekts die Einbindung von Bürgern und Multiplikatoren. Das wurde im Laufe des Jahres 2021 trotz der Einschränkungen durch die Pandemie durchgezogen. Sowohl digital als auch analog haben rund 200 Bürgerinnen und Bürger zehn Fragen zur Ortsmitte in Oppenweiler beantwortet. „Da lagen wir mit unserer Einschätzung zum Teil ganz schön daneben“, sagt Volker Scholz von Pesch und Partner. Zum Beispiel wurde der Aspekt „Ortsbild“ von den Einheimischen deutlich schlechter eingeschätzt, als von den Außenstehenden.

Aus den Befragungen, der Analyse vor Ort, Gesprächen mit Multiplikatoren und im Austausch mit anderen Modellkommunen, ist nun ein Zielplan entstanden. Nach dem Motto „Da geht doch mehr als nur Verkehr“ sind darin verschiedenste Maßnahmen enthalten, die den Ortskern im Oppenweiler barrierefreier und lebenswerter machen könnten. „Der Abschlussbericht ist als Hilfe gedacht“, betont Scholz. „Es gibt keine Verpflichtung, etwas davon umzusetzen.“ Schließlich seien zum Teil auch sehr mutige oder kostenaufwendige Vorschläge dabei. Gerade die Vorschläge für die Umgestaltung der Hauptstraße wären nur schwer und mit hohem Kostenaufwand umzusetzen. Vorgeschlagen wird hier zum Beispiel eine Reduzierung der Fahrbahnbreite, eine Verbreiterung der Gehwege oder der Austausch des Gehwegbelags.

Ideen für die Ortsmitte bei zukünftigen Maßnahmen mit einbeziehen

Die insgesamt 36 Maßnahmenvorschläge sind in dem Abschlussbericht mit ungefährem Kostenaufwand und der zeitlichen Realisierbarkeit gekennzeichnet. So könne die Gemeinde Schwerpunkte setzen und auch nur einzelne Ideen weiterentwickeln. „Man kann den Bericht immer dann zur Hand nehmen, wenn ohnehin Maßnahmen in einem der betroffenen Bereiche anstehen“, sagt Scholz. Zum Beispiel beim Sanierungsgebiet „nördliche Hauptstraße“, das bis 2026 angepackt werden muss, um Förderungen aus dem Landessanierungsprogramm zu bekommen.

Zum einen könne man hier bei den Neubauten im Sanierungsgebiet darauf achten, dass die Gebäude beispielsweise etwas weiter von der Straße wegrücken, „damit den Fußgängern mehr Platz eingeräumt werden kann“. Dadurch könne man außerdem das bauliche Erscheinungsbild verbessern. Und auch der Rohrbach könnte entlang der Gemeindehalle interessant werden, meint Scholz. „Hier bietet sich großes Potenzial für die Vernetzung und Freiraumqualität der Ortsmitte.“ So könnte man durch Absprachen mit der dortigen Schreinerei und einer Straßenquerung einen direkten Weg in den Schlosspark entlang des Rohrbachs schaffen. Man könnte außerdem einen Zugang zum Bach über Sitzbereiche und Spielplätze generieren oder eine Art Biergarten am Rohrbach anlegen. „Die Sache am Rohrbach finde ich sehr erstrebenswert. Dort sind wir wegen des Hochwasserschutzes ohnehin tätig und können sicher noch mehr bewegen“, meint Bürgermeister Bernhard Bühler. Im Gemeinderat kommt der Vorschlag grundsätzlich gut an, doch es bleiben noch sehr viele offene Fragen. „Das sind viele neue Ideen, aber ich sehe das eher als Zukunftsmusik“, meint Gudrun Rauh.

Mit den Vorschlägen müsse man sich nun auf jeden Fall intensiver auseinandersetzen, meint der Bürgermeister. Denn trotz der vielen Ideen ist klar: Eine typische Ortsmitte wird es in Oppenweiler nicht geben, schon allein durch die gestreckte Lage. „Wir sehen das eher als die Weiterentwicklung eines Straßendorfs“, meint Scholz. Durch ein Netz von verschiedenen Platzsituationen und Nischen mit einheitlicher Gestaltung entlang der Hauptstraße könne sich das Fachbüro eine lebenswertere Ortsmitte vorstellen. Dazu gehört auch der Aspekt Barrierefreiheit. „Hier müssen wir mehr machen, als bisher“, meint Bühler. Und das auch in naher Zukunft. So seien der Umbau der Bushaltestelle geplant und auch eine Rampe auf dem Kirchplatz wolle man anstreben. Eine Präsentation mit allen Ergebnissen und Vorschlägen soll in den kommenden Tagen auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht werden unter www.oppenweiler.de.

Eine Idee des Fachbüros: Den Rohrbach mehr einbeziehen. Unverbindliche Illustration: Pesch Partner

Eine Idee des Fachbüros: Den Rohrbach mehr einbeziehen. Unverbindliche Illustration: Pesch Partner

Kommentar
Ideen im Blick behalten

Von Kristin Doberer

Dass es sich bei den Ideen um Zukunftsmusik handelt und die Ortsmitte in Oppenweiler so lange problematisch bleiben wird, bis die B14 tatsächlich nicht mehr durch den Ort führt – wann auch immer das sein wird – ist klar. Aber auch wenn es keinen florierenden Ortsmittelpunkt geben wird, war die Arbeit im vergangenen Jahr nicht umsonst. Denn zum einen wurden die Problempunkte ganz konkret benannt und mögliche Lösungsansätze vorgeschlagen – auch wenn manche davon mit der B14 im Ort schlicht nicht umzusetzen sind. Und zum anderen kostete die Beratung die Gemeinde keinen Cent. Nun heißt es aber in den kommenden Jahren, die guten Ideen nicht im Sande verlaufen zu lassen und bei anstehenden Bauprojekten immer das Ziel „lebenswerte Ortsmitten“ im Auge zu behalten.

k.doberer@bkz.de

Das Ortsmitten-Projekt

Das Projekt Das Projekt „Ortsmitten – gemeinsam barrierefrei und lebenswert gestalten“ will in verschiedenen Modellkommunen versuchen, Ortsmitten wieder als zentralen Treffpunkt des gesellschaftlichen Lebens zu etablieren.

Die Kommunen Alle Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg konnten sich bewerben. Insgesamt sind 73 Bewerbungen eingegangen. Eine siebenköpfige Fachjury nahm die Auswahl der 20 Kommunen vor.

Ziel Das Projekt Ortsmitten ist Teil des ressortübergreifenden Impulsprogramms für den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Landesregierung. Es soll einen richtungsweisenden Beitrag liefern, um bis 2030 insgesamt 500 lebendige und verkehrsberuhigte Ortsmitten im Land zu schaffen.

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Erstellt:
20. Januar 2022, 06:00 Uhr

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