Pöbeleien im Parlament
Ordnungsgelder verdoppelt: Im Bundestag soll es gesitteter zugehen
Der Deutsche Bundestag beschließt eine neue Geschäftsordnung. Für Pöbler kann es bald teuer werden.

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Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) erhält schärfere Mittel gegen Störer im Parlament.
Von Norbert Wallet
Gegen Pöbeleien, Zwischenrufe oder anderes Verhalten, die mit der Würde des Deutschen Bundestags unvereinbar sind, stehen nun robustere Mittel zur Verfügung. Grundlage dafür ist die am Donnerstag vom Parlament verabschiedete Anpassung der Geschäftsordnung des Bundestags. Ein Kernpunkt sind verschärfte Regeln für Ordnungsrufe und Ordnungsgelder.
Die alte Geschäftsordnung stammte aus dem Jahre 1980. Das war zwar auch keine politisch gemütliche Zeit. Damals bewegten die Debatten um Rüstung und Nachrüstung die Bundesrepublik und führten zu durchaus heftigen Parlamentsdebatten. Dennoch steht der Bundestag heute vor neuen Herausforderungen. Mit dem Einzug der Rechtspopulisten ins Parlament sind die Debatten härter, der Ton rauer und die Wortwahl extremer geworden. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) erteilte in der noch jungen Wahlperiode bislang 13 Ordnungsrufe, 12 davon an die AfD. Auch in den Ausschüssen geht es mitunter hoch her.
Keine schwarze Liste „unsagbarer“ Formulierungen
Nun gibt es einen strengeren Sanktionsmechanismus. Ist ein Redner während einer Rede dreimal wegen Abschweifungen „zur Sache“ gerufen worden, entzieht ihm der sitzungsleitende Präsident das Wort. Ist ein Abgeordneter dreimal während einer Sitzung zur Ordnung gerufen worden, wird er künftig für die Dauer der Sitzung aus dem Saal verwiesen.
Gegen einen Abgeordneten, der innerhalb von drei Sitzungswochen dreimal zur Ordnung gerufen wurde, wird der Präsident mit dem dritten Ordnungsruf zugleich ein Ordnungsgeld von 2000 Euro, im Wiederholungsfall 4000 Euro festsetzen. Das entspricht einer Verdoppelung der bisherigen Sätze. Das wird im Abgeordnetengesetz neu geregelt. Da Pöbeleien nun ziemlich empfindlich an den Geldbeutel gehen, erhofft man sich mäßigende Wirkung auf die üblichen Verdächtigen.
Teurer wird es nun auch bei einer unentschuldigte Nichteintragung in die Anwesenheitsliste des Bundestags und das Fehlen bei namentlichen Abstimmungen. Der Abzug von der Kostenpauschale für Abgeordnete wird sich bei Abwesenheit an einem Sitzungstag auf 200 Euro verdoppeln, es sei denn, es liegt ein ärztlicher Nachweis eines Krankenhaus- oder Sanatoriumsaufenthalts oder Arbeitsunfähigkeit vor.
Der Bundestagspräsident oder die sitzungsleitenden Stellvertreter haben weiterhin einen breiten Spielraum bei der Erteilung von Ordnungsrufen. Es gibt keine Liste von „unsagbaren“ Ausdrücken oder Formulierungen. Die neue Geschäftsordnung belässt es bei der Feststellung, dass die Parlamentsrede „von gegenseitigem Respekt und der Achtung der anderen Mitglieder des Bundestages sowie der Fraktionen geprägt sein“ soll.
Zu den robusteren Werkzeugen des Bundestages gehört nun auch Regelungen für Wahl und Abwahl von Bundestagsvizepräsidenten. Das hat einen konkreten Hintergrund: Immer wieder war die AfD mit ihren vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten gescheitert. Künftig gilt nun diese Regelung: Wenn eine Fraktion dreimal mit Vorschlägen für das Amt gescheitert ist, braucht sie künftig für die Einbringung eines erneuten Wahlvorschlags ein Quorum von einem Viertel der Abgeordneten des Bundestags.
Kleidungsvorschriften gibt es nicht
Neu geregelt sind die Verfahren zur möglichen Abwahl von Vize-Präsidenten und Ausschussvorsitzenden. Darüber kann nur abgestimmt werden, wenn die Hälfte der Abgeordneten dafür stimmen.
In einem Punkt, der zuletzt mehrmals in den Blick der Öffentlichkeit gelangte, hilft die Geschäftsordnung des Bundestags indes nicht weiter. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hatte mehrfach an der Kleidung von Abgeordneten Anstoß genommen. So wurde zum Beispiel der linke Abgeordnete Marcel Bauer aus dem Saal verwiesen, weil er eine Baskenmütze trug. Sie begründete das mit „den Gepflogenheiten“ des Hohen Hauses. Über Kleidungsvorschriften sagt die Geschäftsordnung aber nichts aus. Sollte es hier zu weiteren Klarstellungen kommen, wäre die Hausordnung des Deutschen Bundestages der geeignete Ort.