Pandemiebedingt weniger Straftaten

Corona hat den Langfingern und Co. offenbar das Geschäft vermiest. Weniger Diebstähle, weniger Wohnungseinbrüche, und auch die Gewalt gegen Polizeibeamte sank im vergangenen Jahr deutlich, wie man der polizeilichen Jahresstatistik entnehmen kann.

Unsere Grafik zeigt die Zahlen der erfassten Straftaten und der aufgeklärten Fälle im Rems-Murr-Kreis für die letzten fünf Jahre. Grafik: J. Bauer

© Jennifer Bauer

Unsere Grafik zeigt die Zahlen der erfassten Straftaten und der aufgeklärten Fälle im Rems-Murr-Kreis für die letzten fünf Jahre. Grafik: J. Bauer

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG/AALEN. Zumindest in der Kriminalitätsbekämpfung schlägt die Coronapandemie offenkundig nicht nachteilig zu Buche. Im Gegenteil– für das Jahr 2020 ist sogar eine Abnahme der Straftaten um 5,5 Prozent auf 35606 Delikte zu verzeichnen. Im Rems-Murr-Kreis sank die Zahl der Straftaten um 3,3 Prozent auf 18028.

Die Fallzahlen sanken somit auf den niedrigsten Wert seit elektronischer Erfassung im Jahre 2003, wie man der polizeilichen Jahresstatistik 2020 des Polizeipräsidiums Aalen entnehmen kann. „Unsere Bürgerinnen und Bürger leben in einem der sichersten Präsidiumsbereiche des Landes. Weniger Straftaten in allen drei Landkreisen und Rückgänge der Fallzahlen in fast allen Bereichen. Dazu eine erhöhte Aufklärungsquote – das ist genau die Entwicklung, die wir uns alle wünschen“, bilanziert Polizeipräsident Reiner Möller erfreut die diesjährige Kriminalstatistik.

Auch bei der Häufigkeitsziffer, also der Kriminalitätsbelastung gemessen an der Anzahl der Straftaten pro 100000 Einwohner, ist ein Rückgang zu verzeichnen. Sie sank im Präsidiumsbereich der drei Landkreise um 5,7 Prozent auf 3796. Im Rems-Murr-Kreis liegt die Häufigkeitszahl bei 4220, aber immer noch deutlich unter dem Landesschnitt von 4852 Straftaten pro 100000 Einwohner. „Das Polizeipräsidium Aalen befindet sich mit dieser vergleichsweise niedrigen Häufigkeitsziffer im Landesranking auf Platz 2 und belegt damit als eines der sichersten Polizeipräsidien landesweit einen Spitzenplatz“, so der Polizeipräsident nicht ohne Stolz.

Die Aufklärungsquote im Präsidiumsbereich konnte um 3,1 Prozent auf 62,6 Prozent gesteigert werden. Dieser stellt den zweithöchsten Wert seit elektronischer Erfassung der polizeilichen Kriminalstatistik dar, wie die Aalener Polizeistatistiker vermelden.

Einen maßgeblichen Anteil an der Abnahme der Fallzahlen haben die Diebstahlsdelikte. „Die umfangreichen Maßnahmen im Jahr 2020 zur Eindämmung der Coronapandemie griffen tief in das Privatleben der Menschen und in das öffentliche Leben ein und führten zu Fallzahlenrückgängen. Insbesondere die Einschränkungen und Einschnitte in die Geschäfts- und Arbeitswelt, aber auch Änderungen im Freizeit- und Kontaktverhalten der Bevölkerung veränderten auch die Gelegenheitsstrukturen für kriminelles Handeln“, so Polizeichef Möller. Dies wirkte sich ihm zufolge grundsätzlich positiv auf die Kriminalitätslage aus. Erfreuliche Rückgänge wiesen neben den Diebstahlsdelikten – insbesondere beim Wohnungseinbruchdiebstahl– auch die Aggressionsdelikte und die Gewalttaten gegen Polizeibeamte auf.

Allerdings mussten in bestimmten Deliktbereichen auch Fallzunahmen registriert werden, so beispielsweise bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, bei den Sachbeschädigungen, den Delikten der Cybercrime (Internetkriminalität) sowie bei statistisch bislang unauffälligen Delikten wie den Straftaten gegen das Infektionsschutzgesetz. Die Diebstahlsdelikte machten im Jahr 2020 mit 8117 Taten und 22,8 Prozent knapp ein Viertel aller Straftaten aus. Innerhalb des Präsidiumsbereichs Aalen sind sie damit um 15,2 Prozent auf ein Allzeittief seit der elektronischen Erfassung zurückgegangen. Der Rückgang innerhalb der Diebstahlsdelikte betrifft nahezu alle Erscheinungsformen. Im Rems-Murr-Kreis nahmen die Delikte um 11,3 Prozent ab.

Dem Wohnungseinbruchdiebstahl beizukommen, bildete für das Aalener Polizeipräsidium einen der Schwerpunkte der zurückliegenden Jahre. „Intensive Fahndungs- und akribische Ermittlungsarbeit, unter anderem durch die speziell hierfür eingerichtete gemeinsame Ermittlungsgruppe der Schutz- und Kriminalpolizei, sowie eine breit gefächerte und öffentlichkeitswirksame Präventionsarbeit zeigten 2020 wiederholt Wirkung“, gibt der Polizeipräsident zu verstehen. Gesetzesänderungen oder Verlagerung der Täteraktivitäten in andere Kriminalitätsbereiche sowie die Tatsache, dass sich mehr Menschen im pandemiegeprägten Jahr 2020 zu Hause aufhielten, hätten sicherlich ihren Teil zum Rückgang der Fallzahlen auf den nunmehr niedrigsten Wert seit elektronischer Erfassung im Jahre 2003 beigetragen, erklärt Reiner Möller.

Mit 313 Fällen und 27,5 Prozent im ganzen Präsidiumsbereich liegen die Fallzahlen des Jahres 2020 gegenüber dem Höchststand aus dem Jahr 2014 mit damals 1058 Fällen bei weniger als einem Drittel. Im Rems-Murr-Kreis ist ein Rückgang dieser Fallzahlen um 72 auf 142 Fälle zu verzeichnen.

Straftaten im öffentlichen Raum beeinflussen das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung maßgeblich, das weiß auch Polizeichef Möller nur zu gut: „Auch wenn unser Präsidium seit vielen Jahren mit zu den sichersten Polizeipräsidien im Land gehört, wird die objektiv gute Sicherheitslage in Teilen der Bevölkerung anders wahrgenommen oder bewertet.“ Die pandemiebedingten Maßnahmen wirkten sich auch auf die Kriminalität im öffentlichen Raum aus.

Die Anzahl dieser Straftaten nahm im Jahr 2020 um 4,8 Prozent auf 15746 Fälle ab. Im Aalener Zuständigkeitsbereich fanden 2020 insgesamt 44,2 Prozent aller registrierten Straftaten auf öffentlichen Flächen statt. Im Rems-Murr-Kreis sank die Zahl um 1,5 Prozent auf 8511 Taten. „Diese öffentlichkeitswirksamen Delikte werden auch 2021 weiterhin im polizeilichen Fokus bleiben. Dabei werden im Rahmen von Brennpunkteinsätzen zielgerichtet Einsatzkräfte zur Bekämpfung der Kriminalität sowie zur Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung eingesetzt“, kündigt Möller an.

Demnach will er auch in diesem Jahr mit seinen Leuten gezielte Präsenz- und Kontrollmaßnahmen durchführen. 2020 wurden 640 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung registriert. Das bedeutet einen Zuwachs von 110 Fällen oder 20,8 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Die Aufklärungsquote befindet sich mit genau 90 Prozent hingegen auf einem historischen Höchststand, wie es aus Aalen heißt.

Unter den 640 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wurden insgesamt 178 Fälle des sexuellen Missbrauchs verzeichnet (Rems-Murr-Kreis 87). Dazu zählen auch 113 Taten „zum Nachteil von Kindern“, wie es im Amtsdeutschen formuliert wird. Die Fallzahlen beim Verbreiten pornografischer Schriften lagen 2020 bei 225 Fällen in den drei Landkreisen.

Dazu zählen auch 155 ermittelte Fälle von Verbreitung/Erwerb/Besitz/Herstellung von Kinderpornografie. Vergewaltigungsdelikte sind mit 68 Fällen, exhibitionistische Handlungen und Erregung öffentlichen Ärgernisses mit 58 Fällen registriert.

Die polizeiliche Jahresstatistik

Mit rund 1615 Bediensteten ist das Polizeipräsidium Aalen für die Sicherheit von rund 940000 Einwohnern in den Landkreisen Ostalbkreis, Rems-Murr-Kreis sowie Schwäbisch Hall zuständig.

Der jährliche Kriminalitätsbericht des Polizeipräsidiums Aalen umfasst alle polizeilich bekannt gewordenen und von der Polizei bearbeiteten Verbrechen und Vergehen, die mit Strafe bedrohten Versuche, die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen sowie Angaben zu den Opfern aus der polizeilichen Kriminalstatistik.

Der Jahresbericht der Polizei soll insbesondere die auffälligen Veränderungen der Fallzahlen des Jahres 2020 im Vorjahres- und Mehrjahresvergleich darzustellen. Darüber hinaus werden ergänzend einzelne Delikte/Deliktbereiche oder Kriminalitätsphänomene herausgegriffen, wenn sie im polizeilichen Fokus stehen oder besondere Öffentlichkeitswirksamkeit entwickeln.

Die Kriminalitätsstatistik sowie die Unfallstatistik des Polizeipräsidiums Aalen findet man online unter dem Link https://ppaalen.polizei-bw.de/statistiken/

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Erstellt:
27. Februar 2021, 06:00 Uhr

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