Parkhaus in Backnanger Industriegebiet soll Flächenfraß minimieren

Die Backnanger Stadtverwaltung will im künftigen Industriegebiet Mühläcker eine zentrale Parkierungsfläche prüfen und die Fehler aus den Lerchenäckern nicht wiederholen. Die Verkaufspreise steigen auf 195 Euro pro Quadratmeter.

In drei Jahren kann die Stadt mit der nördlichen Erweiterung des Gebiets Mühläcker Firmen neue Flächen zur Verfügung stellen. Das Gebiet wird im Westen begrenzt von der Bahnlinie und im Osten von der künftigen B-14-Trasse. Es reicht von der jetzigen Bebauung von Waldrems (Spedition Ulmschneider) bis auf die Kuppe (Hochspannungsleitung) vor Maubach. Foto: Werner Kuhnle

In drei Jahren kann die Stadt mit der nördlichen Erweiterung des Gebiets Mühläcker Firmen neue Flächen zur Verfügung stellen. Das Gebiet wird im Westen begrenzt von der Bahnlinie und im Osten von der künftigen B-14-Trasse. Es reicht von der jetzigen Bebauung von Waldrems (Spedition Ulmschneider) bis auf die Kuppe (Hochspannungsleitung) vor Maubach. Foto: Werner Kuhnle

Von Matthias Nothstein

Backnang. In den vergangenen Jahren wurde der Verkaufspreis für Grundstücke im interkommunalen Industrie- und Gewerbegebiet Lerchenäcker mehrfach angehoben, zuletzt 2019 auf 170 Euro je Quadratmeter. Nun schlug die Verwaltung dem Gemeinderat eine erneute Anhebung auf 195 Euro vor, was eine Steigerung um 14 Prozent bedeuten würde und vom Aspacher Gremium bereits abgesegnet worden war. Doch in Backnang regte sich Widerstand. Der Antrag von Willy Härtner (Grüne), den Kaufpreis auf 210 Euro anzuheben, wurde bei zehn zu 13 Stimmen abgelehnt. Danach votierten 14 Stadträte für den Vorschlag der Verwaltung, sechs stimmten dagegen, drei enthielten sich.

Die Befürworter eines höheren Kaufpreises begründeten ihre Forderung vor allem mit dem hohen und teils unnötigen Flächenverbrauch. Siglinde Lohrmann (SPD) wurde zur Wortführerin, als sie den Flächenfraß anprangerte. Mehrere große Unternehmen würden in den Lerchenäckern die Hälfte ihres Grundstücks als Parkplätze nutzen, „das tut mir in der Seele weh“. Und Fraktionskollege Heinz Franke ergänzte, „das ist in der heutigen Zeit politisch nicht mehr vertretbar“. Er unterstützte die Forderung Lohrmanns, in dem Gebiet eine Art Quartiersparkhaus zu bauen, das die Mitarbeiter aller Betriebe nutzen könnten.

Die Idee ist nicht neu, sondern wurde vielmehr schon von der Verwaltung geprüft und grundsätzlich gutgeheißen. Allerdings betonte die gesamte Verwaltungsriege, dass man im Fall des Gebiets Lerchenäcker viel zu spät dran sei. So sagte Stadtplanungsamtsleiter Tobias Großmann: „Aus städteplanerischer Sicht wäre eine zentrale Parkierungsanlage mit Sicherheit richtig. Aber eine solche hätten wir zu Beginn der Bautätigkeiten als Teil der Erschließung allen Firmen zur Verfügung stellen müssen.“

„Die Erweiterung liegt komplett am Rand. Zu den Firmen im nördlichen Bereich sind die Wege viel zu weit.“

Auch Lohrmanns Forderung, jetzt wenigstens beim vierten Bauabschnitt eine solche Lösung zu wählen, erteilte Großmann eine klare Absage. Diese Fläche dient der Arrondierung des Gebiets im Süden zwischen der Rettungswache und einem Feldweg in Richtung des Schützenhauses. Großmann: „Die Erweiterung liegt komplett am Rand. Zu den Firmen im nördlichen Bereich sind die Wege viel zu weit.“ Ein Parkhaus würde von den Mitarbeitern dort niemals angenommen werden. Und für das kleine Gebiet allein sei ein Parkhaus nicht sinnvoll. Stadtbaudezernent Stefan Setzer bemerkte verständnislos: „Für ein Gebiet von 1,2 Hektar brauchen sie keine zentrale Parkierungsanlage zu bauen. Für wen denn?“ Er verriet, dass ein privater Investor ein solches Projekt durchgerechnet und letztendlich Abstand davon genommen habe. Die Firma würde zu den Preisen, die sie für den Betrieb verlangen müsste, die Stellplätze nicht vermieten können.

Der vierte Abschnitt der Lerchenäcker zwischen der Rettungswache und dem Schützenhaus rundet das Gebiet nach Süden ab. Foto: Florian Muhl

© Florian Muhl

Der vierte Abschnitt der Lerchenäcker zwischen der Rettungswache und dem Schützenhaus rundet das Gebiet nach Süden ab. Foto: Florian Muhl

Setzer verwies auch auf die Konsequenzen. Wenn es ein zentrales Parkhaus gäbe, dann müssten die Kriterien auch angewandt werden. Das heißt: „Sie müssten den Gewerbetreibenden sagen, dass sie auf ihrem Grundstück ein Parkierungsverbot haben.“ Zudem zeigte sich Setzer überzeugt davon, dass die meisten Betriebe ohnehin die Zeichen der Zeit erkannt hätten und weniger Flächen für Parkraum vorsehen würden. Großmann blies ins gleiche Horn: „Ich sehe es auch nicht als so dramatisch an, dass derzeit viele Flächen als Parkplatz genutzt werden, weil viele dieser Freiflächen im Laufe der Jahre noch von den Betrieben selbst nachverdichtet werden, da es künftig keine weiteren Erweiterungsflächen mehr gibt.“ Zudem kündigte Großmann an, die Verwaltung werde bei den Baugesuchen, die für den vierten Abschnitt eingereicht werden, auf Optimierungsmöglichkeiten beim Thema Flächennutzung schauen.

Bei künftigen Gewerbegebieten soll immer auch über ein Quartiersparkhaus nachgedacht werden

Für die künftigen Gewerbegebiete werde die Idee eines zentralen Parkhauses allerdings geprüft, versprach die Verwaltung. Konkret etwa bei der Erweiterung des Industriegebiets Mühläcker zwischen Waldrems und Maubach. Dort kann die Stadt in den nächsten Jahren Gewerbetreibenden etwa zehn Hektar Fläche anbieten. Großmann: „Wir werden dieses Modell in die Planung einfließen lassen. Dann müssen wir aber auch so konsequent sein, dass zuallererst das Quartiersparkhaus gebaut wird und die Investition über die Vergabe- und Erschließungskosten auf die künftigen Käufer umgelegt wird.“

Die Erhöhung auf „nur“ 195 Euro war der Auslöser für die lange Debatte. So sagte Armin Dobler (SPD) mit Blick auf die Preise von Kommunen wie Rudersberg (190 Euro) oder Waiblingen (280 Euro): „Unser Verkaufspreis sollte höher sein als 195 Euro. Rudersberg ist deutlich schlechter angebunden als Backnang. Ich finde unsere Erhöhung zu bescheiden.“ Doch Erster Bürgermeister Siegfried Janocha widersprach und listete Schwaikheim auf, wo 170 Euro pro Quadratmeter verlangt werden, obwohl die B14 dort schon längst ausgebaut ist und die Kommune zudem näher an Stuttgart liegt. Janocha: „Wir müssen auch sehen, von wo wir kommen. Wir haben bis 2013 nur 103 Euro verlangt, jetzt haben wir also fast verdoppelt.“ Heinz Franke verwies jedoch auf die Preissteigerung bei privaten Bauplätzen. Er prognostizierte, dass kein einziger Interessent wegen einer noch höheren Erhöhung abspringen wird, „einfach weil es keine anderen Grundstücke mehr gibt“. Oberbürgermeister Maximilian Friedrich sah dies anders: „Vonseiten der Wirtschaftsförderung war es in Backnang und Aspach Tenor, nicht über die Schwelle von 200 Euro zu gehen. Die Firmen kämpfen alle mit Preissteigerungen.“ Und Ute Ulfert sagte: „Alle Argumente stimmen. Aber der Gemeinderat von Aspach hat schon abgestimmt. Und 210 Euro hört sich extrem viel mehr an als 195 Euro.“ Auch Sabine Kutteroff (CDU) nannte es ein „gutes Signal“, nicht höher zu gehen als der Verwaltungsvorschlag. „200 Euro sind eine psychologische Hürde. Und gar 210 Euro – ein solcher Preis würde viele Investoren abschrecken.“

Kommentar
Alte Sünden nicht wiederholen

Von Matthias Nothstein

Die Kritiker haben recht: In der Vergangenheit wurde viel zu wenig darauf geachtet, was die Käufer mit ihrem Grundstück machen, Hauptsache, das Unternehmen passte ins Portfolio der Verkäufer. Die wollten „gute Firmen mit vielen tollen Arbeitsplätzen“. Nachdem sich seit Jahren abzeichnet, dass die Flächen knapp werden, setzt nun ein Umdenken ein. Gut so. Es gibt so viele Möglichkeiten, Ressourcen – auch Boden – zu schonen, es sollten gerade in diesen Zeiten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Ein zentrales Parkhaus im künftigen Gewerbegebiet hätte viele Vorteile, auch für die Unternehmer. Dies den Investoren zu vermitteln ist nicht einfach, aber lohnenswert. Die alten Sünden sind nicht mehr oder nur schwierig aus der Welt zu schaffen. Aber sie sollten auf keinen Fall wiederholt werden.

m.nothstein@bkz.de

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Erstellt:
3. August 2022, 06:00 Uhr

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