Parkplatzfrage wird in Aspach zur Zukunftsdebatte

In der Aspacher Gemeinderatssitzung ist der neue Bebauungsplan für das Sanierungsgebiet in der Großaspacher Ortsmitte vorgestellt worden. Die Frage nach der Stellplatzverpflichtung offenbart dabei unterschiedliche Vorstellungen über die zukünftige Rolle des Autoverkehrs.

Die Längsparkplätze entlang der Aspacher Hauptstraße stehen auf dem Prüfstand. Foto: Alexander Becher

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Die Längsparkplätze entlang der Aspacher Hauptstraße stehen auf dem Prüfstand. Foto: Alexander Becher

Von Kai Wieland

Aspach. Ein Bereich „mit hohem Nachverdichtungspotenzial“ – so wird das Gebiet zwischen Hauptstraße und Backnanger Straße in der Großaspacher Ortsmitte in der Sitzungsvorlage bezeichnet, die den Gemeinderäten am Montagabend zum Beschluss über die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans vorlag. Ausgearbeitet wurde der Lageplanentwurf vom Planungsbüro Zoll aus Stuttgart-Zuffenhausen, das in der Sitzung von Ralf Duffner vertreten wurde. Er stellte das Unternehmen, den Verfahrensablauf und schließlich den Bebauungsplan „Am Klöpferbach“ vor, welcher im Ortskern mehrere bestehende Pläne ablösen und eine einheitliche Innenentwicklung ermöglichen soll.

Während die meisten Fragen der Gemeinderäte, etwa zu Pflanzgeboten, der vorgeschriebenen Dachform (Satteldach) und der Fassadengestaltung (überwiegend Putz, aber nicht ausschließlich), schnell geklärt werden konnten, sorgte eine einzelne Ziffer für Diskussionsbedarf: Es handelte sich dabei um den Stellplatzschlüssel.

Die Parkplätze unmittelbar vor den Ladengeschäften drohen wegzufallen

Im Textteil zum Bebauungsplan Am Klöpferbach heißt es wörtlich: „Je Wohneinheit sind 1,5 Stellplätze oder Garagen herzustellen.“ Etwas zu wenig, meinte Gemeinderat Wolfgang Klenk (CDU/Bürgerliche Wählerliste Aspach) und erkundigte sich, ob eine Erhöhung der Stellplatzverpflichtung denkbar wäre. Ralf Duffner bezeichnete dies in einem gewachsenen Ortskern als schwierig und führte als Gegenbeispiel Stuttgart ins Feld, wo man aktuell über einen Schlüssel von 0,2 oder 0,3 diskutiere – ein Argument, das Wolfgang Klenk für den ländlichen Raum freilich nicht gelten lassen wollte.

Zuspruch erhielt er von seinem Fraktionskollegen Peter Hanisch, der eine mögliche Anspannung der Parkplatzsituation in der Ortsmitte als „Fiasko, vor allem für Gewerbetreibende“ bezeichnete. Diese sei in Aspach nämlich „ein Pfund, das man nicht leichtfertig aufgeben sollte“, betonte er. „Es gibt Menschen, die zum Einkaufen extra nach Großaspach kommen, weil man hier vor dem Geschäft parken kann.“ Die Rede ist von den Längsparkplätzen entlang der Hauptstraße und der Backnanger Straße.

Wie lange das allerdings in der jetzigen Form noch möglich sein wird, ist ohnehin fraglich. „Im Dezember 2021 wurde aufgrund der Anbauwünsche für eine Arztpraxis die Situation in der Hauptstraße Ecke Backnanger Straße begutachtet und festgestellt, dass die Längsparkplätze und der Gehweg zu schmal seien und nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben entsprächen“, heißt es hierzu von Seiten der Gemeindeverwaltung. Eine Entfernung jener Stellplätze würde dieses Problem lösen, allerdings auch begehrte Parkflächen kosten, von denen insbesondere Menschen mit körperlichen Einschränkungen profitierten. Man wolle daher so lange wie möglich an diesen Parkmöglichkeiten festhalten. Über kurz oder lang, das machte Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff in der Gemeinderatssitzung deutlich, werde man sich von diesen jedoch verabschieden müssen. Bereits absehbar ist der Entfall einiger Parkplätze zugunsten der barrierefreien Bushaltestelle Großaspach Klöpferbach. Die Parkfläche auf dem Löwenareal soll allerdings genügend Platz bieten, um diesen Verlust von Parkplätzen auszugleichen.

Quo vadis, Aspach – und vor allem mit welchem Verkehrsmittel?

Das hörten mehrere Gemeinderäte, darunter Gerd Raichle (Freie Wählervereinigung Aspach), allerdings nicht gern: „Man kann doch nicht von den alten Leuten erwarten, dass sie diese Strecken zu Fuß zurücklegen oder Fahrrad fahren. Diese Parkplätze müssen vorgehalten werden, auch an der Hauptstraße, da führt kein Weg daran vorbei.“ Ihm sprang seine Fraktionskollegin Manuela Gassmann-Habele zur Seite, die im Hinblick auf die zunehmend älter werdende Gesellschaft besonders auf die beiden Arztpraxen an der Hauptstraße Ecke Backnanger Straße hinwies.

Gemeinderat Wolfgang Schopf (SPD/Aspacher Demokraten) hält die Parkplätze indessen keineswegs für unverzichtbar: „Wir werden die Hauptstraße beruhigen müssen“, stellte er fest und argumentierte unter anderem mit dem Lärmschutz. Für ältere Menschen gebe es außerdem den Aspacher Bürgerbus, der sie vor der Arztpraxis oder dem Ladengeschäft absetzen könne. Der Bürgerbus ist seit Oktober im Einsatz, allein bis Januar wurden 120 Touren gefahren, Tendenz laut Gemeindeverwaltung steigend. Ob das auf ein Jahr angelegte Pilotprojekt allerdings verlängert wird, entscheidet sich erst im Sommer.

Die Aufenthaltsqualität im Ortskern soll verbessert werden

Wolfgang Schopf bemängelte zudem das Fehlen einer Vision, was die zukünftige Verkehrsplanung betreffe, und brachte das Konzept eines sogenannten Shared Space ins Spiel, an dem man sich etwa bei der Ortsdurchfahrt in Rudersberg orientiert hat. Das sei in Aspach finanziell nicht umsetzbar, erwiderte Sabine Welte-Hauff, stimmte aber zu, dass sich die Aufenthaltsqualität im Ortskern verbessern solle. Im Focus stehe aktuell jedoch der Verkehrsfluss.

Zur Lösung der Parkplatzsituation schlug die Bürgermeisterin schließlich eine Erhöhung des Schlüssels auf 2,0 vor. Das wurde von vielen Gemeinderäten begrüßt, ging Joachim Goller (Freie Wählervereinigung Aspach) aber noch nicht weit genug: „Ich würde eher 2,5 festlegen“, sagte er und hatte dabei besonders die Gewerbetreibenden im Blick. Gerade für die könne ein zu hoher Parkplatzschlüssel aber zum Eigentor werden, warnte Sabine Welte-Hauff. Diese Zahl von Stellflächen zu schaffen sei in der Praxis sehr wahrscheinlich nicht umsetzbar und am Ende scheitere etwa ein Ausbau an den fehlenden Parkmöglichkeiten. Auch Ralf Duffner meldete sich an dieser Stelle nochmals zur Wort: „In einem Neubaugebiet ist so etwas planbar, aber im Ortskern können wir nicht vorhersehen, wer vielleicht aufstocken wird, und dann braucht man plötzlich fünf neue Stellplätze.“

Per Abstimmung einigte man sich bei zwei Enthaltungen schließlich auf den Wert 2,0. Der Beschlussvorschlag wurde daraufhin mehrheitlich angenommen.

Stellplatzverpflichtung

Rechtliche Grundlage In der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO) wird geregelt, wie viele Pkw- Stellplätze beim Bau eines Gebäudes in unmittelbarer Nähe nachgewiesen werden müssen. Für Wohngebäude ist der Wert von der Anzahl der Wohneinheiten abhängig, für gewerblich und anderweitig genutzte Bauten müssen Parkmöglichkeiten in einer Zahl vorgehalten werden, „dass sie für die ordnungsgemäße Nutzung der Anlagen unter Berücksichtigung des öffentlichen Personennahverkehrs ausreichen“. (§37 Abs. 1 LBO)

Praktische Umsetzung „Auch wenn auf dem Papier ein Schlüssel von 1,5 ausgewiesen ist, werden meistens zwei Parkplätze gebaut, da im Zweifelsfall aufgerundet wird“, erklärt Ralf Duffner. Auswirkungen kann ein höherer Schlüssel dennoch haben: Werden etwa zehn neue Wohneinheiten errichtet, so müssen beim Wert 1,5 nur 15 Stellplätze nachgewiesen werden, bei 2,0 hingegen 20.

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Erstellt:
23. März 2023, 06:00 Uhr

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