Per Park-App zum flexiblen Ticket

Backnang führt „Handyparken“ als erste Stufe zur digitalen Parkraumbewirtschaftung ein. Der Vertrag mit dem Münchner Unternehmen Parkster soll noch im August unterzeichnet werden. Die bisherigen Parkautomaten bleiben weiterhin parallel in Betrieb.

Ohne Bargeld einfach mit dem Handy ein Parkticket buchen, das soll in Backnang demnächst möglich sein. Foto: Adobe Stock/Sepy

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Ohne Bargeld einfach mit dem Handy ein Parkticket buchen, das soll in Backnang demnächst möglich sein. Foto: Adobe Stock/Sepy

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Die lästige Suche nach Kleingeld und der Gang zum Parkautomaten gehören in Backnang mit der Einführung des sogenannten Handyparkens bald der Vergangenheit an. Das Bezahlen der Parkgebühr mit dem Smartphone ist die erste Stufe zur digitalen Parkraumbewirtschaftung. Wer jedoch diesen Schritt nicht mitgehen möchte, braucht keine Sorge zu haben, die Parkautomaten bleiben weiterhin parallel in Betrieb.

Das Handyparken hat zahlreiche Vorteile. So kann jeder Verkehrsteilnehmer seinen Parkschein vom Handy aus bargeldlos ausstellen und jederzeit beenden oder verlängern. So zahlt ein Nutzer immer minutengenau nur die Parkdauer, die er auch tatsächlich in Anspruch genommen hat. Und wenn ein Aufenthalt in der Innenstadt einmal länger dauert, kann der Nutzer die Parkzeit vom Handy aus verlängern, natürlich nur bis zur Höchstparkdauer.

Oberbürgermeister Maximilian Friedrich freute sich sehr über die Einführung des Handyparkens und erklärte in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, als das Thema unter dem Tagesordnungspunkt Verschiedenes den Stadträten vorgestellt wurde: „Schorndorf und Kernen sind bereits dabei. Und wenn das dort möglich ist, dann ist das auch in Backnang möglich.“ Ohnehin schwärmte Friedrich von dem System, das in anderen Ländern schon längst etabliert ist. Es werde auch in Backnang einen kleinen Beitrag dazu leisten, die Attraktivität der Innenstadt zu erhöhen.

Geplant ist, dass die Stadtverwaltung den Vertrag mit der Parkster GmbH Ende August unterzeichnen kann. Das Münchner Unternehmen hat nicht nur durch etliche Vorteile im Vergleich zu den Mitbewerbern überzeugt, sondern es ist auch bereits in der Region Stuttgart weit verbreitet. Da sich alle Nutzer zuerst die App des Unternehmens herunterladen und sich registrieren müssen, ist es ein Vorteil, wenn in möglichst vielen Kommunen derselbe Anbieter am Start ist. Backnangs Kämmerer Alexander Zipf stellte den Stadträten darüber hinaus noch andere Vorteile des Anbieters vor. So verlangt Parkster beispielsweise in den ersten 24 Monaten während der Pilotphase keine Transaktionsgebühr. Der Vertrag läuft vier Jahre lang, wobei ab dem dritten Jahr ein Prozent Transaktionsgebühr fällig wird. Darüber hinaus fallen keine weiteren Einrichtungs-, Pflege- oder Betriebskosten für die Stadt an. Selbst die Änderung von Parkzonen oder die Fertigung und Montage von Schildern werden in Absprache mit der Stadt von Parkster erstellt und montiert.

Einzelhändler können weiterhin Gutscheine an ihre Kunden ausgeben

Die Kunden bezahlen ihre Rechnung einmal pro Monat. Wer eine Rechnung auf Papier möchte, für den fallen Kosten an. Die sind aber einfach durch eine digitale Rechnung zu umgehen, eine solche wird an die E-Mail-Adresse geschickt. Oder der Nutzer zahlt per Kreditkarte. Die Rechnung enthält einen QR-Code für eine einfache Überweisung. Und sollte ein Nutzer nicht zahlen, so bleibt der Ausfall nicht an der Stadt hängen, sondern wird von Parkster übernommen. Das Unternehmen ermöglicht auch den Einzelhändlern, Gutscheine an Kunden auszugeben, der Bezug erfolgt über die Stadt. Das System Parkster ist derzeit in der näheren Region nicht nur in Schorndorf und Kernen im Remstal bereits im Einsatz, sondern bald wohl auch in Waiblingen.

In der Pilotphase soll das System auf fünf städtischen Parkflächen angewandt werden, nämlich auf den Parkplätzen Bleichwiese, Annonaystraße, Albertstraße, Obere Bahnhofstraße und Talstraße. Laut Zipf wird während der Sommerferien weiter geprüft, ob es möglich ist, andere Parkplätze in das System aufzunehmen, hierbei müssten technische und rechtliche Aspekte berücksichtigt werden. Die Stadt will jedoch das maximale Potenzial ausschöpfen.

Auch wenn kein Parkschein hinter der Windschutzscheibe liegt, kann der Vollzugsdienst erkennen, ob der Fahrzeughalter seine Parkgebühr bezahlt hat oder ob es sich um einen Parksünder handelt. Der Parkende muss nämlich bei der Buchung sein Kennzeichen eingeben. Über dieses kann der Kontrolleur sehen, ob mit dem Fahrzeug alles seine Richtigkeit hat. Die Schulung des Personals ist laut Zipf nicht der Rede wert, „es handelt sich da um keine Raketenwissenschaft, das ist mit ein paar Handgriffen erledigt“. Die Verwaltung arbeite mit dem System „Owi 21“ zur Veranlagung von Bußgeldbescheiden. Parkster und „Owi 21“ hätten eine gemeinsame Schnittstelle, sodass nichtsNeues programmiert werden müsse.

Die Stadträte zeigten sich angetan von der Neuerung. Sabine Kutteroff (CDU) gefiel es sehr, dass Autofahrer die Parkzeit spontan verlängern können. „Das ist ein großer Vorteil. So kann man in der Stadt verweilen, ohne Stress zu haben, dass die Parkzeit abgelaufen ist.“ Ihre Fraktionskollegin Ute Ulfert sah die Vorteile zwar auch, aber sie grübelte: „Wie kann das Unternehmen all die Leistungen finanzieren?“ Sie listete die Kostenfaktoren wie die Schilder oder Risiken wie mögliche Zahlungsausfälle auf und vermutete, dass der Anbieter sich jetzt die Verträge sichern werde, „um dann nach dem vierten Jahr eventuell die Daumenschrauben anziehen zu können“.

Ute Ulfert: „Der Mensch wird dadurch immer noch gläserner“

Unabhängig von dieser Sorge wägte Ulfert die verschiedensten Vor- und Nachteile gegeneinander ab. Der Parker spare sich so den lästigen Weg zum Parkscheinautomaten. Einerseits. „Andererseits müssen wir uns auch darüber im Klaren sein, dass der Mensch so immer noch gläserner wird.“ Unterm Strich kam sie aber zum Fazit: „Wir müssen es probieren.“

Lutz-Dietrich Schweizer (CIB) machte sich zum Sprachrohr all jener, die mit der vorgestellten Technik nicht so viel am Hut haben. Er wiederholte nochmals die Forderung: „Das alte System muss aufrechterhalten bleiben, weil es Leute gibt, die die Parkgebühren auch künftig nicht mit dem Handy bezahlen möchten, sondern auf die herkömmliche Art und Weise am Ticketautomaten.“ Im Übrigen fragte er sich, ob sich durch die Neuerung nicht das herkömmliche System verteuere, schließlich werde es weniger genutzt. Das stimmt zwar pro Ticket, aber insgesamt kann die Stadt laut Zipf sparen. Während die Fixkosten wie etwa die Abschreibung sich nicht erhöhen, reduziert sich hingegen der Aufwand für die Leerung der Parkscheinautomaten, wenn diese weniger genutzt werden.

Künftig hängt neben den Ticketautomaten so wie in Schorndorf eine Erklärtafel der Firma Parkster mit Erläuterungen. Foto: Parkster

Künftig hängt neben den Ticketautomaten so wie in Schorndorf eine Erklärtafel der Firma Parkster mit Erläuterungen. Foto: Parkster

Das neue digitale Zusatzangebot soll im Oktober oder November zur Verfügung stehen

Zeitplan Der Zeitplan sieht vor, dass während der Sommerferien geklärt wird, wie viele Parkplätze maximal von Parkster berücksichtigt werden können. Nach der Vertragsunterzeichnung Ende August dauert es laut Kämmerer Alexander Zipf noch zwei bis drei Monate für die Vorbereitung, sodass Verkehrsteilnehmer wohl im Oktober oder November das neue digitale Zusatzangebot nutzen können.

Parkplatz Bleichwiese

142 Stellplätze, je 15 Minuten 0,25 Euro, Höchstparkdauer drei Stunden, gebührenpflichtige Parkzeit: Montag bis Freitag 7 bis 19 Uhr, Samstag 7 bis 16 Uhr.

Parkplatz Annonaystraße

28 Stellplätze je 15 Minuten 0,25 Euro, Höchstparkdauer drei Stunden; gebührenpflichtige Parkzeit: Montag bis Freitag 7 bis 19 Uhr, Samstag 7 bis 16 Uhr.

Parkplatz Albertstraße

60 Stellplätze, 30 Minuten 0,25 Euro; 1 Stunde 0,50 Euro; je weitere 30 Minuten 0,50 Euro; Höchstparkdauer 4 Stunden, 3,50 Euro; gebührenpflichtige Parkzeit: Montag bis Freitag 7 bis 19 Uhr; Samstag 7 bis 16 Uhr.

Parkplatz Obere Bahnhofstraße 205 Stellplätze; 30 Minuten 0,25 Euro; 1 Stunde 0,50 Euro; 2Stunden 1,50 Euro; 3 Stunden 2,50 Euro; Höchstparkdauer 1 Tag 5,50 Euro; gebührenpflichtige Parkzeit: Montag bis Freitag 7 bis 19 Uhr; Samstag, 7 bis 16 Uhr.

Parkplatz Talstraße

16 Stellplätze je 15 Minuten 0,25 Euro; Höchstparkdauer:

3 Stunden 3 Euro; gebührenpflichtige Parkzeit: Montag bis Freitag 7 bis 19 Uhr; Samstag 7 bis 16 Uhr.

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Erstellt:
1. August 2021, 19:46 Uhr

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