Eskalation in Langenau
Pfarrer wegen Israel „übelst angefeindet“ – Landesbischof schlägt Alarm
In Langenau bei Ulm sind Anfeindungen von Pro-Palästina-Demonstranten gegen die Kirchengemeinde eskaliert. Der Bischof fordert die Behörden auf zu handeln.

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Antisemitische Schmiererein am Eingang der Martinskirche in Langenau.
Von Jan Sellner
Die fortgesetzten Anfeindungen gegen den Pfarrer der evangelischen Martinskirche in der 15 000-Einwohner-Stadt Langenau im Alb-Donau-Kreis in Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza haben den evangelischen Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl jetzt veranlasst, sich an die Öffentlichkeit zu wenden und die Stadtverwaltung von Langenau aufzufordern, nun endlich eine Allgemeinverfügung zum Schutz des Pfarrers und der Gemeinde zu erlassen. „Es sei zu lange gewartet worden“, kritisierte der von den Ereignissen sichtlich angegriffene Landesbischof am Mittwoch in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz und bekräftigte: „Achselzuckende Kenntnisnahme hilft nicht weiter. Hier wären schon lange Kommune und Landkreis gefordert gewesen. Die Dinge legen sich nicht von alleine.“
Kirche hat die Anfeindungen dokumentiert
Anlass für die Forderung des Bischofs waren Handgreiflichkeiten vor der Martinskirche am vergangenen Sonntag. Dort hatten sich nach Darstellung der Landeskirche Gottesdienstbesucher mit aufgespannten Schirmen einer kleinen Gruppe propalästinensischer Demonstranten entgegengestellt, um Plakate mit beleidigendem Inhalt abzudecken. In der Folge sei es, ausgehend von den Demonstrierenden, zu einem Handgemenge gekommen, in dessen Verlauf zwei Personen zu Boden gegangen seien. Die Polizei rückte mit drei Streifenwagen an. Ermittelt wird nun gegen einen 75-Jährigen wegen Beleidigung und übler Nachrede gegen den Pfarrer. Zudem soll er einen Gottesdienstbesucher zu Boden gestoßen haben, worauf ein anderer Gottesdienstbesucher den mutmaßlichen Angreifer attackiert haben soll. Auch gegen ihn ermittelt die Polizei.
Die Handgreiflichkeiten sind aus Sicht der Landeskirche der bisherige traurige Höhepunkt von „übelsten Anfeindungen“ gegen Pfarrer Ralf Sedlak und die Gemeinde, die nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober und einer Solidaritätsbekundung des Pfarrers für die israelischen Opfer ihren Ausgang genommen hätten. Gohl präsentierte am Mittwoch auf eine lange Liste von Vorfällen hin, die von Beleidigungen, Drohungen und antisemitischen Schmierereien reichten. An Silvester 2023 sei mit einer Signalpistole mehrfach auf das Pfarrhaus geschossen worden.
„Es ist wie ein Spießrutenlaufen
Der Landesbischof betonte, die Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut, das gelte jedoch auch für das Recht auf freie Religionsausübung, das er durch die Vorfälle in Langenau beeinträchtigt sieht. Etliche Gemeindemitglieder trauten sich nicht mehr den Gottesdienst zu besuchen. Gleichzeitig versuche die kleine Gruppe Demonstrierender „Pfarrer Sedlak und seine Familie zu zermürben. Es ist wie ein Spießrutenlaufen.“ Das müsse enden. Die Familie sei dadurch sehr belastet.
Gohl versicherte, die Landeskirche stehe hinter dem Pfarrer. Man habe ihm einen auf Antisemitismus spezialisierten Anwalt zu Seite gestellt. Um seine Solidarität mit der Gemeinde zu zeigen, habe er selbst schon in Langenau gepredigt und erwäge, dies erneut zu tun. Auch habe es Gespräche mit der Stadtverwaltung gegeben. Dort fürchte man jedoch wohl, dass die von der Kirche geforderte Allgemeinverfügung wieder kassiert werden könnte. Jetzt sei allerdings ein Punkt erreicht, an dem gehandelt werden müsse. Der Bischof betonte auch, in keiner anderen Kirchengemeinde in Württemberg sei es im Gefolge des Kriegs in Gaza bisher zu vergleichbaren Vorfällen gekommen. Die Stadtverwaltung in Langenau war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.