Pflegekur für das Biotop Pfaffenrinne

Im Backnanger Biotop werden Schilf und Weiden entfernt sowie tiefere Stellen gegraben. So soll der Verlandung entgegengewirkt werden. Die Hoffnung der Verantwortlichen ist, dass so das Wasser besser gehalten werden kann. Davon profitieren die Amphibien.

Mit einem Schreitbagger gräbt Jürgen Sepp angeschwemmte Sedimente und Schilf aus dem Biotop.Fotos: A. Becher

© Alexander Becher

Mit einem Schreitbagger gräbt Jürgen Sepp angeschwemmte Sedimente und Schilf aus dem Biotop.Fotos: A. Becher

Von Lorena Greppo

Backnang. Im Biotop Pfaffenrinne ist dieser Tage schweres Gerät im Einsatz. Verschiedene Bagger bahnen sich ihren Weg durch die Natur, mähen Schilf, ziehen Weiden aus dem Boden, graben im Teich und häufen organisches Material am Waldrand an. Was nach einem brachialen Eingriff in die Natur aussieht, ist tatsächlich eine Pflegemaßnahme. „An zwei Stellen wird großzügig das Schilf entfernt und es werden Vertiefungen ausgebaggert“, erklärt Edith Reihle, die zuständige Sachbearbeiterin im Stadtplanungsamt. Grund hiefür ist, dass die Pfaffenrinne stark verlandet. „Wir erhoffen uns von der Pflegemaßnahme, dass das Wasser besser gehalten werden kann.“ Denn einerseits zieht die Vegetation so weniger Feuchtigkeit aus dem Boden, zugleich ist das Areal tiefer und führt so von vorneherein schon mehr Wasser. Schilf und der breitblättrige Rohrkolben, erklärt Peter Geitz, Geschäftsführer des Landschaftsarchitekturbüros Geitz und Partner, wurzeln nämlich in den aus der Murr angeschwemmten Sedimenten und verfestigen diese. Durch das Wachstum der Pflanzen fällt zudem noch mehr Biomasse an – die Verlandung nimmt zu. In dem Gebiet rechts vom Steg soll eine besonders tiefe Stelle ausgehoben werden, „das ist die sicherste Vorgehensweise, damit sich dauerhaft Restwasser ansammelt“, erklärt Geitz.

Mit einem Schreitbagger ist die beauftragte Firma Sepp im Teich zugange. Dieser kann nämlich auch im Wasser arbeiten, denn statt mit einem Rad- oder Raupenfahrwerk sind Schreitbagger mit sogenannten Schreitbeinen ausgestattet. „So kann schonend gearbeitet werden“, erklärt Reihle. Zudem wird die Maßnahme ökologisch begleitet, sodass möglichst wenige Tiere zu Schaden kommen. Eine schlammige Angelegenheit ist es dennoch, weswegen der Weg durch das Biotop während der Arbeiten auch gesperrt ist. Zudem können die Arbeiter nicht genau sagen, wie tief sie eigentlich baggern, denn: „Ausgerechnet jetzt führt das Biotop Hochwasser.“ Dazu hat der ausgiebige Regen in der Nacht zum Montag beigetragen. Leichter Frost, sagt Geitz, wäre ideal gewesen. Jürgen Sepp erklärt: „Wir arbeiten im Blindflug.“ Durch das schlammige Wasser könne er nicht genau sehen, wie der Boden beschaffen ist und wie tief genau er geht. Etwa ein Meter sei angepeilt. An manchen Stellen seien seine Mitarbeiter und er aber auf Gestein und massiv verdichteten Untergrund gestoßen, was die Arbeit erschwert. „Da ist Fingerspitzengefühl gefragt“, so Sepp.

Noch wandern keine Amphibien

Der Zeitpunkt der Arbeiten ist an sich günstig, denn noch hat die Amphibienwanderung vom Plattenwald abwärts zum Biotop nicht eingesetzt. Marion Schieber-Stitz, die vom Nabu aus die Amphibienwanderung betreut, hat im Vorfeld geprüft, ob erste Tiere unterwegs sind. „Bislang haben wir noch nichts gesehen“, so ihr Fazit. Bald aber werde es losgehen, am kommenden Wochenende soll der Zaun entlang der Kreisstraße Richtung Steinbach aufgebaut werden. Dass das Biotop Pfaffenrinne nun ausgebaggert wird, begrüße der Nabu. „Man muss etwas tun, um das Biotop am Leben zu erhalten, bis Alternativen gefunden werden“, sagt Schieber-Stitz. „Die Tiere hätten sonst keine Chance.“ Im vergangenen Jahr hat man sich damit beholfen, Wasser von der Murr in die Pfaffenrinne zu pumpen. Eine Dauerlösung ist das aber nicht. Dass es von außen seltsam aussehen mag, wenn ein Bagger in Sachen Naturschutz zugange ist, wissen die Beteiligten. Marion Schieber-Stitz weist jedoch darauf hin, dass die Vorteile überwiegen: „Es wird ein paar Verluste durch die Arbeiten geben, aber in der Summe wird den Tieren dadurch geholfen.“

Durch den üppigen Regen und das damit verbundene Hochwasser in der Pfaffenrinne sind die Arbeiten eine schlammige Angelegenheit.

© Alexander Becher

Durch den üppigen Regen und das damit verbundene Hochwasser in der Pfaffenrinne sind die Arbeiten eine schlammige Angelegenheit.

Weil die Pfaffenrinne so stark verlandet, wurde auch ein Büro damit beauftragt, in der Umgebung mögliche andere Laichgewässer für die Amphibien ausfindig zu machen, sodass mittelfristig Alternativen zur Verfügung stehen. „Der Aufwand in der Pfaffenrinne ist sehr hoch“, sagt Reihle. Das betreffe einerseits die Pflege des Biotops wie auch die Arbeit der Ehrenamtlichen im Zuge der Amphibienwanderung. Angedacht ist, dass die derzeitigen Maßnahmen für grob fünf Jahre vorhalten – ohne Gewähr. Zudem, räumt Reihle ein, wisse man noch nicht, wie die Suche nach Alternativgewässern ausgeht und – falls erfolgreich – wie schnell neue Lösungen von den Amphibien angenommen werden. Auch Peter Geitz erachtet es als schwierig, die Nachhaltigkeit der Pflegemaßnahme in Jahren anzugeben. „Es braucht nur ein Großereignis und alles könnte wieder zunichte gemacht sein.“ Dass im Biotop breitblättriger Rohrkolben wachse, sei kein gutes Vorzeichen. „Das ist die schlimmste Verlandungspflanze“, sagt der Architekt. Dennoch könne die derzeitige Pflegemaßnahme durchaus für einige Jahre vorhalten. Stadtplanungsamtsleiter Tobias Großmann fügt an, dass es damit aber nicht getan sei. „Das müssen wir mit angemessenen Maßnahmen flankieren und zum Beispiel ab und zu einen Pflegeschnitt vornehmen.“

Unklar ist, was mit dem Aushub passiert

Das Ausbaggern regelmäßig zu wiederholen kann hingegen nicht die Lösung sein, sind sich die Verantwortlichen einig. Die Kosten für die Pflegemaßnahmen liegen im fünfstelligen Bereich. Großmann geht von 35000 bis 40000 Euro aus, genau könne man sie noch nicht beziffern, da vor allem die Details der Entsorgung des Aushubs noch ungeklärt sind. Zwar sei der Boden im Vorfeld beprobt und als unbelastet eingestuft worden, berichtet Reihle. Vom Material, welches erst einmal auf einer Schotterfläche zur Entwässerung abgelagert wird, muss erneut eine Probe genommen werden. Deren Ergebnisse bestimmen dann, wie mit dem Schlamm weiter verfahren wird. Derzeit ist dieser noch sehr nass und weich. Er soll also noch gut eine Woche liegen bleiben, bevor er abtransportiert wird. Frösche und Kröten, die sich womöglich im Schnittgut befinden, hätten so auch noch die Möglichkeit rauszuhüpfen, merkte Jürgen Sepp an. „Im besten Fall kann man das Material landwirtschaftlich verwenden“, so Reihle. Eine Zwischenlagerung auf der Anlage in Neuschöntal wäre zudem möglich. Die entfernten Weiden seien besser zu verwerten, hier finde man sicherlich Abnehmer.

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Erstellt:
9. Februar 2022, 11:00 Uhr

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