Über Preise in Restaurants

Preisfrage Essen - Was kulinarische Bildung mit ehrlicher Gastronomie zu tun hat

Die Gastronomie-Krise ist auch eine Bildungskrise. Warum es an kulinarischer Bildung fehlt. Ein Kommentar unserer Kulinarikautorin Anja Wasserbäch.

Was ist Ihnen ein Essen wert? Über die Preise in der Gastronomie lässt sich viel diskutieren.

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Was ist Ihnen ein Essen wert? Über die Preise in der Gastronomie lässt sich viel diskutieren.

Von Anja Wasserbäch

Man muss keine große Mathematikerin sein, um es zu verstehen: Laut Statistischem Bundesamt ist Essengehen in den vergangenen fünf Jahren um rund ein Drittel teurer geworden, die Löhne in vielen Branchen sind aber längst nicht so stark gestiegen. Das Ende vom Lied: Die Leute gehen weniger essen.

Ja, alle Ausgaben sind gestiegen – auch für die Wirte, die mehr für Produkte, Energie und Personal zahlen müssen. Doch manchmal ist es schon grenzwertig, was man für schlechtes Essen bezahlt. Und genau hier liegt der Punkt, über den wir eben auch bei all den Preisdiskussionen sprechen sollten: die kulinarische Bildung.

Wer sich Restaurantbesuche noch leisten kann, wägt genau ab: 34,50 Euro für ein schlecht gebackenes Schnitzel aus fragwürdiger Tierhaltung mit einem Kartoffelsalat aus dem XXL-Plastikeimer? Eine Frechheit! Wer weiß, wie es besser geht, geht seltener auswärts essen.

Essen gehen hat sich verändert

Auch bei uns hat sich das Essverhalten verändert. Während der Corona-Pandemie haben wir mehr gekocht, unsere Gewürzsammlung erweitert und unsere Kochkünste verbessert. Dadurch haben wir ein Verständnis für Qualität entwickelt – und ihren Preis.

Eine kleine Sonntag-Anekdote: Mein Kind bestellt zwischen spätem Frühstück und Abendessen in einem Café einen vegetarischen Flammkuchen. Ein Snack sozusagen. Es gibt vor Ort keinen ausgebildeten Koch, wenig Personal, es befindet sich in keiner Top-Lage. Offensichtlich Tiefkühlware zum Preis von 16,90 Euro. Warum sollte man das bezahlen?

Die Prioritäten beim Geldausgeben sind individuell

Die Gastronomie war einst ein dritter Ort neben Zuhause und Arbeit: ein Ort der Begegnung, Gastlichkeit und des Genusses. Doch für lieblose Gerichte verlässt niemand das Haus.

Für ein augenscheinlich teures Drei- oder Vier-Gänge-Menü geben manche Menschen jedoch sehr gerne Geld aus, so viel, wie es ihnen eben wert ist. Andere Leute mögen dies für Verschwendung halten und investieren lieber in Felgen, das neuste Smartphone oder schicke Klamotten. Die Prioritäten beim Geldausgeben sind individuell.

Vielleicht fehlt es in der Gastronomie an einem Bewusstsein für Qualität – auf beiden Seiten des Tisches. Wer kulinarisch gebildet ist, schätzt gutes Essen und ist bereit, dafür zu zahlen. Wer Qualität kennt, lässt sich nicht mit Convenience-Produkten zum Premium-Preis abspeisen. Die Gastronomie-Krise ist auch eine Bildungskrise. Ihre Lösung liegt nicht nur in der Preisgestaltung, sondern in der Wertschätzung für gute Zutaten und handwerkliches Können, die ein ehrliches Essen ausmachen.

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Erstellt:
22. Oktober 2025, 11:44 Uhr

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