Selenskyj bei Trump
Pressekonferenz am Beistelltisch
Nach dem Ukraine-Gipfel im Weißen Haus hält der ukrainische Präsident eine Pressekonferenz am improvisierten "Katztentisch" im Freien ab. Was steckt hinter dem ungewöhnlichen Vorgang?

© Luzia Geier/dpa
Selenskyi beantwortet Fragen nach dem Ukraine-Gipfel im Weißen Haus.
Von Michael Bosch
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war zum zweiten Mal zu Gast in Washington - wieder ohne Krawatte. Anders als das erste Aufeinandertreffen mit US-Präsident Donald Trump, bei dem Selenskyj am Ende aus dem Weißen Haus geworfen wurde, lief es dieses Mal aber besser. Vermutlich auch, weil eine Delegation europäischer Spitzenpolitiker beim Ukraine-Gipfel dabei war.
Dabei geht es neben den harten Entscheidungen auch immer um die Bilder, die entstehen, wenn sich die Mächtigen treffen. Mancher Beobachter meint, Donald Trump gehe es in erster Linie um die Bilder – was besprochen wird, sei zweitrangig. Wladimir Putin hat er in Alaska einen riesigen roten Teppich ausgerollt.
Was die beiden hinterher verkündeten, war kaum der Rede wert. Dass Trump etwas übrig hat für den Autokraten Putin, ihn sogar bewundert, ist offensichtlich. Für Selenskyj und die anderen Europäer gab es indes keine so große Bühne. Sitzt man sozusagen am "Katzentisch" der großen Weltpolitik, an dem die Ukraine keine großen Möglichkeiten mehr hat, über ihr Schicksal frei zu entscheiden?
Tisch aus dem Selenskyj-Hotel
Für Selenskyj sind Bilder genauso wichtig, in seiner Heimat steht er unter immensem Druck, er muss Stärke zeigen. Dabei geht er offenbar viel hemdsärmliger vor als andere Spitzenpolitiker. Reichlich improvisiert wirkte das Setting, in dem er nach dem Treffen mit Trump und Co. die Fragen der ukrainischen Journalistinnen und Journalisten beantwortete. Das Beistelltischchen, auf dem die Mikros platziert wurden, war mutmaßlich aus dem Hotel, in dem Selenskyj weilte, herangeschafft worden. Mit einer Serviette wurden Unebenheiten im Boden ausgeglichen. Das reichte. Immerhin war das Weiße Haus im Hintergrund zu sehen.
Selenskyj zwischen VIP-Status und "Katzentisch"
„Selenskyj wirkt sehr abgebrüht in vielen Dingen“, sagt eine Reporterin, die dabei war. Vielleicht sei das so, wenn man für ein Land verantwortlich sei, das angegriffen wurde, in dem Krieg herrscht und jeden Tag Menschen sterben. „Dann ist vielleicht alles andere egal“, lautet ihre Einschätzung. Andererseits sei das Gebiet abgesperrt gewesen, der Secret Service und Mitglieder der „Staatsschutzabteilung“, die für Selenskyjs Sicherheit verantwortlich sind, waren vor Ort. „Er ist derzeit eben einer der wichtigsten Politiker der Welt.“
Separate Pressegespräche mit ukrainischen Reportern können ihm womöglich auch dabei helfen, nach innen andere "Sprachregelungen" zu transportieren als nach außen oder gegenüber Trump. Schließlich geht es nun um heikle Themen wie einen möglichen "Gebietstausch" im Donbass oder gar die von Putin geforderte Anerkennung einer russischen Krim.
"Selenskyj hat das Spiel mitgespielt"
Dass das zweite Treffen zwischen Selenskyj und Trump besser lief, könnte indes auch daran gelegen haben, dass der ukrainische Präsident dazugelernt hat. „Er hat sich ein Stück weit der Realität angepasst“, sagt die Reporterin, die nicht namentlich genannt werden möchte. Dabei habe auch eine Rolle gespielt, dass er nicht im Militäranzug im Weißen Haus ankam.
Man könnte auch sagen: Selenskyj hat sich dieses Mal bei Trump, dem am Schicksal der Ukraine offenbar weit weniger gelegen ist als seinem Vorgänger Joe Biden, ein Stück weit angebiedert. „Er hat das Spiel mitgespielt“, sagt die Reporterin. Viele andere tun das inzwischen auch, sei es im Zollstreit mit den USA – oder bei anderen Dingen, die die USA maßgeblich beeinflussen können. Selenskyi komme „als Bittsteller“ in die USA, Trump erwarte, „dass er sich entsprechend verhält“, sagt sie. Offenbar ist ihm das einigermaßen gelungen. Die Fotoagenturen verbreiteten auch einige Motive, auf denen sowohl Trump als auch Selenskyj zumindest ansatzweise lächeln.