Probelauf für mobilen Hochwasserschutz

Mitarbeiter des Backnanger Bauhofs nutzen die Sperrung der Talstraße und üben den Aufbau der Schutzmauer nahe der Aspacher Brücke. Fünf Pfosten und über zwei Dutzend Aluminiumdammbalken sorgen innerhalb von wenigen Minuten für ein kontrolliertes Überschwemmungsgebiet.

Am Samstag gab’s keinerlei Probleme, als die Wand in aller Frühe von einem kleinen Bauhofteam testweise aufgebaut wurde. Im Falle eines Hochwassers könnte sich die Murr künftig links der Mauer über die gesamte Talstraße ergießen, ohne Schaden anzurichten. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Am Samstag gab’s keinerlei Probleme, als die Wand in aller Frühe von einem kleinen Bauhofteam testweise aufgebaut wurde. Im Falle eines Hochwassers könnte sich die Murr künftig links der Mauer über die gesamte Talstraße ergießen, ohne Schaden anzurichten. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Das Hochwasser vom 13. Januar 2011 hat sich allen Backnangern tief ins Gedächtnis eingebrannt. Innerhalb weniger Stunden stand entlang der Murr die halbe Innenstadt unter Wasser. Inzwischen wurden zahlreiche bauliche Vorkehrungen getroffen, dass sich solch ein Desaster nicht wiederholen kann. So wurden Mauern und Dämme entlang der Murr gebaut, die verhindern sollen, dass sich das Wasser der Murr in die Umgebung ergießen kann.

Doch halt: Das stimmt nicht ganz. Im Bereich der Talstraße darf die Murr auf einer Länge von etwa 300 Metern ihr Bett verlassen und die Umgebung fluten, sie soll es sogar. Auf diesem Abschnitt rechts der Murr gibt es keine Bebauung, die in Mitleidenschaft gezogen werden kann, sondern nur Grünflächen, bei denen sich im Falle einer Überflutung der Sachschaden im Rahmen halten dürfte, vermutlich würde sogar überhaupt nichts passieren. Wenn es wirklich ernst wird, handelt es sich hier um ein kontrolliertes Überschwemmungsgebiet im Herzen der Stadt.

Die Trennung der Abschnitte, die einerseits überflutet werden dürfen und die trocken bleiben sollen, erfolgt mittels mobiler Dammbalken, die im Falle eines Hochwasser blitzschnell aufgebaut werden können und die sich von den Mauern am Flussufer quer über die Talstraße bis zur Hochwassermauer entlang des Mühlkanals erstrecken. Damit der Aufbau der mobilen Hochwassermauer auch im Ernstfall einwandfrei klappt, haben die Mitarbeiter des Bauhofs den Ablauf am Samstag in aller Herrgottsfrühe geprobt. Schon vor 6 Uhr rückte ein Team des Bauhofs mit dem Material an.

Dank des frühen Zeitpunkts der Übung gab es keine Verkehrsbehinderung

Der Termin war mit Bedacht gewählt, denn die Talstraße ist wegen der Asphaltarbeiten im Bereich des Hochwasserpumpwerks auf Höhe des Biegelwehrs ohnehin von Freitag bis Sonntag komplett gesperrt gewesen. Von der Aufbauprobe waren daher lediglich die Verkehrsteilnehmer betroffen, die die Parkhäuser ansteuern wollten, und das waren zur solch früher Stunde nur wenige. Zudem waren für die Ein- und Ausfahrten der Parkhäuser Alternativen über die Grabenstraße ermöglicht worden.

Lars Kaltenleitner, der Leiter des Tiefbauamts Backnang, war sehr zufrieden über die Probe, der Aufbau der Dammbalken war innerhalb einer halben Stunde erledigt. Und Markus Dohmann vom Tiefbauamt rechnete vor: „Im Ernstfall hätten wir das auch in 20 Minuten geschafft.“ Dabei war das Team überschaubar. Bauhofleiter Rafael Bidlingmaier hatte nur zwei Helfer an seiner Seite. Zuerst wurden fünf senkrechte Pfeiler auf der Straße festgeschraubt. Dafür gibt es Halterungen, die in der Straße eingelassen sind. Dann werden die Aluminiumdammbalken in die U-Profile eingelegt. Gummidichtungen sorgen bei einem Rückstau dafür, dass die Mauer dicht ist, dazu werden die einzelnen Dammbalken mit einer Verschraubung zusammen- und nach unten gepresst.

Als feststand, dass alles passt, wurde die Mauer wieder abgebaut, dafür reichten wenige Minuten. Kaum war das erste Segment weg, rollten auch schon die ersten Autos durch die Lücke. Sie konnten ungehindert die Parkhäuser ansteuern. Und so hatte sich das frühe Aufstehen der Bauhofleute gelohnt, die Probe fand statt, ohne dass jemand beeinträchtigt worden ist.

Noch würde die Technik bei einem Hochwasser allerdings nicht viel helfen, denn von den beiden mobilen Dammbalkenmauern, die den Bereich in der Talstraße abtrennen, ist nur die Mauer auf Höhe der griechischen Gemeinde bei der Aspacher Brücke einsatzbereit. Die zweite Absperrung auf Höhe des Biegelwehrs ist noch nicht möglich, da dort noch gebaut wird und zum Beispiel die Halterungen für die Pfosten in der Straße noch nicht eingelassen sind. Dies soll jedoch laut Kaltenleitner in den nächsten Wochen geschehen.

Wenn sich ein Hochwasser ankündigt, richtet sich der Einsatz der Helfer nach einem Einsatzplan, der bei der Stadt Backnang für den Baubetriebshof und für die Abteilung Abwasserbeseitigung vorliegt. In diesen beiden Hochwassereinsatzplänen sind die erforderlichen Tätigkeiten, abhängig vom Höhenstand der Murr, festgelegt. Zum Beispiel werden ab einem Höhenstand von 2,90 Meter beim Murrpegel Oppenweiler die Dammbalken für den mobilen Hochwasserschutz vom Baubetriebshof in die Talstraße transportiert. Der Aufbau der Mauer erfolgt aber erst kurz bevor die Murr die Höhe der Talstraße erreicht. Sobald der mobile Hochwasserschutz vollständig aufgebaut ist, können keine Fahrzeuge mehr die Talstraße durchfahren.

20 Meter lange Schutzmauer quer über die Talstraße

Mobile Mauer Die Gesamtlänge der mobilen Dammbalkenmauer zwischen der Hochwassermauer entlang der Murr und der Hochwassermauer entlang des Mühlkanals beträgt 20 Meter.

Lager Die Dammbalken samt der dazugehörigen Mittelstützen sowie das Zubehör wie Schrauben oder Werkzeug lagern im Baubetriebshof.

Pfosten Die sechs Segmente zwischen den beiden Mauern werden durch fünf Mittelpfosten abgegrenzt.

Segmente Die einzelnen Segmente der mobile Hochwasserschutzwand werden jeweils mit vier beziehungsweise fünf Aluminiumdammbalken ausgefüllt. Die Höhe der mobilen Hochwasserschutzwand liegt bei 0,8 bis 1,0 Meter.

Balken Die Aludammbalken von vier Segmenten sind jeweils 3,22 Meter lang, von einem Segment sind sie 2,89 Meter lang und von einem Segment 3,94 Meter. Die einzelnen Dammbalken sind 10 Zentimeter breit und 20 Zentimeter hoch. Das jeweilige Gewicht liegt ungefähr bei zehn Kilogramm, sodass ein Arbeiter die Balken problemlos transportieren und einlegen kann.

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Erstellt:
29. November 2021, 06:00 Uhr

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