Prozess um Entführung in Aspach startet

Zwei Männer sind vor dem Stuttgarter Landgericht angeklagt, im Juni vergangenen Jahres eine damals 47-jährige Frau mit einem Wohnmobil bis nach Frankreich verschleppt zu haben.

Archivfoto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

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Von Lorena Greppo

ASPACH/STUTTGART. Mehr als eine Woche lang hielt der Fall der entführten Pflegekraft aus Aspach die deutschen und französischen Behörden in Atem. Ab dem morgigen Donnerstag, 9 Uhr stehen die zwei mutmaßlichen Täter – ein 52-jähriger Pole und sein 24-jähriger Arbeitskollege – unter anderem wegen Geiselnahme vor dem Stuttgarter Landgericht. Bis mindestens Ende Juli wird sich der Prozess voraussichtlich hinziehen.

Die damals 47-jährige Polin war in einem Privathaushalt angestellt und galt als sehr zuverlässig. Als sie am Montag, 3. Juni, ihre Arbeitsstelle um die Mittagszeit verließ und nicht wiederkam, erstatteten die Angehörigen der Pflegeperson bei der Polizei umgehend eine Vermisstenanzeige. Diese leitete eigenen Angaben zufolge diverse Suchmaßnahmen – darunter der Einsatz eines Hubschraubers und eines Suchhundes – ein, jedoch blieb der Erfolg aus. Zudem wurde ein dunkler Renault mit polnischem Kennzeichen, der auf einem Parkplatz nahe der Mechatronik-Arena abgestellt war, am Dienstagabend von der Kripo und der Spurensicherung genau untersucht. Bereits in diesem frühen Stadium des Falls hieß es vonseiten der Polizei, man könne nicht ausschließen, „dass die Frau Opfer einer Straftat wurde“. Demnach könnte sie entführt worden sein, womöglich handelte es sich dabei um eine Beziehungstat.

Der ehemalige Lebensgefährte soll die Geiselnahme geplant haben.

Zudem meldete sich ein Zeuge und sagte aus, er habe auf demselben Parkplatz am Montag gegen 14 Uhr ein Wohnmobil mit polnischem Kennzeichen gesehen, das sich bei seiner Ankunft auffällig schnell entfernte. Schnell gerieten auch der 51-jährige Ex-Freund der Frau und dessen 23-jähriger Arbeitskollege dringend unter Tatverdacht, die Frau entführt zu haben. „Wir wissen jetzt, dass das Opfer und der Täter sich, nachdem die Frau die Beziehung beendet hatte, noch einmal treffen wollten. Und dieses Treffen hat der Täter dann genutzt, um sie zu verschleppen“, verlautete ein Polizeisprecher zu jener Zeit. Die Ermittler gehen davon aus, dass der damals 51-Jährige die Trennung nicht akzeptieren wollte und die Entführung seiner ehemaligen Lebensgefährtin geplant hatte. Die beiden sollen eine gemeinsame Tochter haben. Mit Fotos fahndete die Polizei nach den beiden Männern. Aufgrund ihrer Herkunft ging die Polizei zunächst davon aus, dass sie die Entführte nach Polen verschleppt hatten.

Die entführte Frau kam mit ein paar Schrammen davon.

Dann allerdings wurde das gesuchte Wohnmobil in einem Waldstück bei Straßburg kurz hinter der deutsch-französischen Grenze gefunden. Es hatte sich dort festgefahren, war verlassen. „Im Wohnmobil wurden Spuren gefunden, die auf eine Gewalteinwirkung hinweisen“, berichtet der Polizeisprecher. Wo sich die gesuchten Personen aufhielten, war zu jenem Zeitpunkt jedoch noch unklar. Die Polizei warnte jedoch am Freitag, 7. Juni, dringend davor, insbesondere im deutsch-französischen Grenzbereich Anhalter mitzunehmen. Auf den Rast- und Tankanlagen wurden noch am Wochenende Fahndungsplakate mit einer Warnmeldung ausgehängt.

Mit diesem Wohnmobil soll die damals 47-Jährige entführt worden sein. Foto: Polizei

Mit diesem Wohnmobil soll die damals 47-Jährige entführt worden sein. Foto: Polizei

Am Dienstag darauf, dem 11. Juni, nahm der Fall schließlich ein gutes Ende: In einem Waldstück bei Hagenau, rund 30 Kilometer nördlich von Straßburg, griffen französische Polizisten die beiden Männer auf und konnten die 47-jährige Pflegekraft befreien. Der entscheidende Hinweis war von einem Zeugen, der das Lager der Männer entdeckte. Zudem hatte eine Überwachungskamera die beiden Männer im Bild festgehalten. Beim Einkauf gingen die Männer den Beamten schließlich ins Netz. Der entführten 47-Jährigen gehe es so weit gut, sie sei in einem Krankenhaus behandelt worden, ließ die Polizei verlauten. Sie habe Schrammen und Blessuren davongetragen; sie sei zeitweise gefesselt gewesen. „Die Verletzungen stammen aber von keinerlei Gewalteinwirkung“, betonte der Polizeisprecher.

Vorerst wurden beide Männer in Frankreich in Untersuchungshaft genommen, die Stuttgarter Staatsanwaltschaft stellte jedoch einen Auslieferungsantrag, dem im Dezember nachgegeben wurde. Folglich wird ihnen nun in Deutschland der Prozess gemacht. Einige offene Fragen sind dabei noch zu klären, unter anderem, warum sich der damals 23-jährige Pole, ein Arbeitskollege des 51-Jährigen, für die Tat hat einspannen lassen. Als Beschuldigte müssen die beiden Männer keine Angaben machen.

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Erstellt:
27. Mai 2020, 06:00 Uhr

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