Belgisches Gericht beginnt Prozess zu vereiteltem Anschlag

dpa Antwerpen. Unter heftigen Protesten der Regierung in Teheran lieferte Deutschland 2018 den Iraner Assadollah A. an Belgien aus. Jetzt wird dem Mann mit Diplomatenpass der Prozess gemacht. Er soll Drahtzieher eines vereitelten Anschlags auf eine Großkundgebung sein.

Demonstranten fordern vor dem Auswärtigen Amt in Berlin die Auslieferung des iranischen Diplomaten Assadollah A. Foto: Wolfgang Kumm/dpa/Archiv

Demonstranten fordern vor dem Auswärtigen Amt in Berlin die Auslieferung des iranischen Diplomaten Assadollah A. Foto: Wolfgang Kumm/dpa/Archiv

Rund zweieinhalb Jahre nach einem vereitelten Sprengstoffanschlag auf eine Großkundgebung von Exil-Iranern in Frankreich hat in Belgien der Prozess gegen vier mutmaßliche Tatbeteiligte begonnen.

Den Angeklagten wird vor einem Gericht in Antwerpen vorgeworfen, das Attentat auf die Veranstaltung mit Tausenden Teilnehmern geplant und vorbereitet zu haben. Es hätte nach Einschätzung von Ermittlern zahlreiche Tote und Verletzte zur Folge haben können.

Brisant ist der Prozess, weil sich unter den Angeklagten auch ein 2018 in Deutschland festgenommener Iraner befindet, der zum Tatzeitpunkt an der iranischen Botschaft in Wien als Diplomat akkreditiert war. Der 48 Jahre alte Assadollah A. soll Erkenntnissen der Ermittler zufolge Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes MOIS sein, zu dessen Aufgaben die Beobachtung und Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen innerhalb und außerhalb des Irans gehört. Es gilt deswegen als möglich, dass den Anschlagsplänen ein direkter staatlicher Auftrag zugrunde lag.

Assadollah A. ließ sich zum Prozessauftakt von seinem Anwalt vertreten. Vertreter der im Iran verbotenen Oppositionsgruppe NWRI warfen der Regierung in Teheran vor, dem Mann angeordnet zu haben, das Erscheinen vor dem Gericht zu verweigern. Der Nationale Widerstandsrat Iran (NWRI) hatte die Großkundgebung am 30. Juni 2018 in Villepinte bei Paris organisiert.

Assadollah A. war am 1. Juli 2018 an einer Autobahnraststätte bei Aschaffenburg (Bayern) verhaftet und dann unter heftigen Protesten der Regierung in Teheran von Deutschland an Belgien übergeben worden. Der Iran behauptet, dass der Diplomat unschuldig sei, und vertritt die Ansicht, dass er nicht hätte ausgeliefert werden dürfen.

Die deutsche Justiz argumentierte hingegen, dass Assadollah A. bei seiner Festnahme nicht unter diplomatischem Schutz gestanden habe, weil er sich außerhalb Österreichs auf einer Urlaubsreise befand. Die Bundesanwaltschaft hatte gegen den Mann einen Haftbefehl unter anderem wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Verabredung zum Mord erwirkt.

Zu den weiteren Angeklagten in Antwerpen gehört ein in Belgien lebendes Ehepaar, das den Anschlag nach den Ermittlungen hätte ausführen sollen. Assadollah A. soll ihm dafür Ende Juni 2018 in Luxemburg-Stadt eine Sprengvorrichtung mit insgesamt 500 Gramm des Sprengstoffes Triacetontriperoxid (TATP) übergeben haben. Belgische Spezialeinheiten hatten das Paar mit dem Sprengstoff im Auto dann allerdings auf dem Weg nach Frankreich gestoppt und festgenommen.

Ein Urteil in dem Prozess wird frühestens gegen Ende Dezember erwartet. Den Angeklagten drohen bis zu 20 Jahre Haft.

Die EU hatte Assadollah A. bereits Anfang 2019 auf ihre Terrorliste gesetzt und damit unter anderem das Einfrieren seiner in der EU vorhandenen Vermögenswerte ermöglicht. Zudem war auch die Direktion für innere Sicherheit des Geheimdienstes MOIS gelistet worden.

© dpa-infocom, dpa:201127-99-480644/5

Polizeibeamte stehen bewaffnet vor Prozessbeginn vor dem Eingang des Gerichts. Foto: Dirk Waem/BELGA/dpa

Polizeibeamte stehen bewaffnet vor Prozessbeginn vor dem Eingang des Gerichts. Foto: Dirk Waem/BELGA/dpa

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Erstellt:
27. November 2020, 08:17 Uhr

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