Rackete: Migranten aus libyschen Lagern nach Europa holen

dpa Berlin. Seenotretterin Carola Rackete ruft Europa dazu auf, einer halbe Million Migranten aus Libyen ins sichere Europa zu bringen. Die Forderung stößt auch auf Ablehnung.

Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete: „Die heutigen Machtverhältnisse sind durch Europa bestimmt worden.“. Foto: Till M. Egen/Sea-Watch.org

Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete: „Die heutigen Machtverhältnisse sind durch Europa bestimmt worden.“. Foto: Till M. Egen/Sea-Watch.org

Die Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete hat Europa zur Aufnahme Hunterttausender Migranten aufgefordert, die sich derzeit in Libyen befinden.

„Die, die in Libyen sind, müssen dort sofort raus in ein sicheres Land“, sagte Rackete der „Bild“-Zeitung. „Wir hören von einer halben Million Menschen, die in den Händen von Schleppern sind oder in libyschen Flüchtlingslagern, die wir rausholen müssen.“ Ihnen müsse sofort bei einer sicheren Überfahrt nach Europa geholfen werden.

Racketes Forderung stieß auf gemischte Reaktionen. Bei den Linken gab es Zuspruch: Berlin müsse „allen in Libyen befindlichen Flüchtlingen (...) eine Aufnahme in Deutschland ermöglichen“, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke.

Nach Meinung des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann „schießt Frau Rackete weit über das Ziel hinaus“. Der CSU-Politiker sagte: „Ich lehne das klar ab.“ Und weiter: „Wir können nicht eine halbe Million Wirtschaftsflüchtlinge oder solche, die aus Armut nach Europa kommen, ohne Weiteres bei uns aufnehmen.“

Rackete erklärte in dem „Bild“-Interview, dass heute kein Unterschied mehr zwischen verschiedenen Migrantengruppen gemacht werden könne. „Wir kommen jetzt zu einem Punkt, wo es „forced migration“ gibt, also eine durch äußere Umstände wie Klima erzwungene Migration. Und da haben wir keine Wahl mehr und können nicht einfach sagen, dass wir die Menschen nicht wollen“, so Rackete.

Herrmann hingegen sagte nun: Die Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus Afrika sei gering. Der richtige Weg sei es, Afrika zu helfen. „Wir müssen die Armut und den Hunger in Afrika bekämpfen, aber nicht Tausenden von Menschen eine vergebliche Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa machen.“

Rackete hatte Ende Juni ein Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch mit Migranten an Bord unerlaubt nach Italien gefahren. Gegen die 31-Jährige aus Niedersachsen wird in Italien unter anderem wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung ermittelt. Die Staatsanwaltschaft in Agrigent bereitete derweil eine Berufung gegen die Freilassung Racketes beim obersten Gericht in Rom vor.

Migranten werden in Libyen ohne gültige Papiere in Internierungslager mit katastrophalen Zuständen gesteckt. Dort mangelt es an Toiletten, Duschen, Essen, Trinken und die Menschen werden nach Berichten von UN und Hilfsorganisationen teilweise misshandelt. Rackete sagte, Deutschland und andere europäische Staaten hätten „eine historische Verantwortung an den Umständen in Afrika noch aus der Kolonialzeit“.

Wie mit Migranten aus Libyen und Bootsflüchtlingen umgegangen werden soll, ist in der EU seit Jahren strittig. Am Montag sprachen auch die EU-Außenminister in Brüssel über das Thema, jedoch ohne Beschlüsse zu fassen.

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Erstellt:
15. Juli 2019, 19:49 Uhr

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