Recup kommt nur vereinzelt zum Einsatz

Ab dem kommenden Jahr gilt die gesetzliche Mehrwegpflicht für To-go-Angebote. Schon vor etwa drei Jahren hat der Landkreis für umweltverträgliche Lösungen geworben. Allerdings hat sich die Standort-Akquise schwierig gestaltet.

Bei Julia Voß in der Murrhardter Bäckerei Schultheiß ist der Recup-Mehrwegbecher seit etwa einem Jahr im Einsatz.Foto: Jörg Fiedler

© Jörg Fiedler

Bei Julia Voß in der Murrhardter Bäckerei Schultheiß ist der Recup-Mehrwegbecher seit etwa einem Jahr im Einsatz.Foto: Jörg Fiedler

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Einwegbecher sucht man in der Murrhardter Bäckerei Schultheiß vergeblich. Seit etwa einem Jahr wird der Kaffee hier in Mehrweg-Pfandbecher des Unternehmens Recup abgefüllt. „Ich habe damals entschieden, dass wir es ganz oder gar nicht machen“, berichtet Chefin Julia Voß. Denn wenn die Kunden die Wahl haben, dann werde noch immer in den meisten Fällen zum Einwegbecher gegriffen, weiß sie. „Am Anfang haben sie es nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen“, räumt Voß ein. Inzwischen habe sich ihre Kundschaft aber daran gewöhnt. Einbußen habe sie deshalb jedenfalls nicht gehabt. Durchschnittlich 80 Becher gehen hier täglich über die Theke, erzählt sie. „Vor allem morgens läuft der Kaffee gut.“

Mit ihrer Teilnahme am Recup-System ist die Bäckerei Schultheiß eines von wenigen Unternehmen im Kreis. Vor etwa drei Jahren hatte die Kreisverwaltung einen runden Tisch zum Thema Mehrweg initiiert. Unter anderem wurde dabei auch das Pfandsystem von Recup vorgestellt und beworben. Das Landratsamt verzeichnet aktuell 53 Stellen, an denen das Recup- beziehungsweise Rebowl-System angeboten wird. Im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung sind es laut Webseite von Recup neben der Bäckerei Schultheiß noch die Georg Schmidt Gastronomie GmbH Mensa in Backnang, vier Tankstellen in Sulzbach und Murrhardt sowie die Gemeinde Allmersbach im Tal. Letztere hat die Becher im November 2019 eingeführt, berichtet der stellvertretende Kämmerer Ruben Jost. Im Bürgerbüro können die Becher für einen Euro Pfand abgeholt und an einer öffentlich zugänglichen Kaffeemaschine befüllt werden. Doch das Angebot werde kaum angenommen, berichtet Jost. „Ich kann mich nicht erinnern, wann jemand das letzte Mal einen der Becher geholt hat. Wenn es im vergangenen Jahr fünf waren, dann war es viel.“ Die Mitarbeiter der Verwaltung nutzten eigene Tassen, bräuchten die Becher daher nicht. Von den Bürgerinnen und Bürgern hole sich kaum jemand hier einen Kaffee.

Auf die Gastronomen mit To-go-Angebot kommt die Mehrwegpflicht zu

Ein lohnendes Geschäft ist es für die Gemeinde derzeit nicht, schließlich müssen alle Teilnehmer des Recup-Systems eine monatliche Gebühr entrichten. So ging es auch dem Waiblinger Unternehmer Uwe Füssenhäuser, der die Bäckerei Uwe’s Backstube betreibt. Er ist zwar vom Pfandsystem überzeugt, musste es allerdings jüngst einstellen. „Durch die Coronapandemie habe ich 90 Prozent weniger Kaffees zum Mitnehmen verkauft“, erklärt er. Zudem steigen die Lebensmittelpreise, dadurch musste Füssenhäuser seine Preise anheben, was wiederum zu verringertem Umsatz geführt habe. So könne er das To-go-System nicht weiterführen, macht er klar.

Wie aber kann man das Mehrweg-System beliebter machen? Die Stadt Fellbach hat ein Programm initiiert, mit dem die Teilnahme am Mehrweg-Pfand-System mit 31 Euro belohnt wird (wir berichteten). So sollen mehr Betriebe teilnehmen. Auch Julia Voß weiß: „Es wäre zu begrüßen, wenn es mehr Standort geben würde, die die Becher anbieten.“ So müssten ihre Kunden nicht jedes Mal in ihre Bäckerei kommen, um die Becher zurückzugeben, sondern könnten sie auch an näher gelegenen Stellen abgeben. Auch müssten momentan die Deckel für die Becher noch separat dazugekauft werden. Das Recup-Unternehmen sei aber bereits mit einer Lösung befasst. Grundsätzlich sei das System eine feine Sache. Und schließlich spare man durch die Nutzung den Kauf des Einwegmaterials.

Das Thema auf die lange Bank zu schieben, hält Julia Voß für die falsche Vorgehensweise. „Früher oder später muss man es machen“, sagt sie mit Verweis auf die anstehende Mehrwegpflicht. Ab dem kommenden Jahr sind Gastronomen nämlich gesetzlich dazu verpflichtet, für Take-Away-Speisen und -Getränke auch Mehrwegbehältnisse anzubieten. Das könnte dem Recup-System neuen Aufschwung verleihen. Uwe Füssenhäuser will das Pfandsystem dann auch wieder aufnehmen.

Im Landratsamt ist man ebenfalls bemüht darum, die Plastikflut einzudämmen, wie Melanie Barth von der Pressestelle hervorhebt. „Wir sehen unsere Aufgabe darin, das Bewusstsein für die Alternativen zum Einweg zu stärken. Um das zu erreichen, gehen wir aktiv auf die Betriebe, ihre Verbände und die Kommunen als Multiplikatoren im Rems-Murr-Kreis zu.“ Das Mehrweg-Angebot durch Recup sei nicht wie erhofft angenommen worden. „Der Einstieg in das Projekt hat sich als schwierig gestaltet. So war die Standort-Akquise langwieriger als gedacht.“ Nach einer Infoveranstaltung für Verbände, Innungen und die Kommunen im Landkreis Mitte März seien jedoch einige Standorte hinzugekommen und die Verantwortlichen im Landratsamt erreichten seitdem auch viele Anfragen.

Das übergeordnete Ziel ist es, die Müllproduktion zu verringern

Damit solche Mehrweg-Lösungen eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung erfahren, sei ein einheitliches System hilfreich und wünschenswert, heißt es aus dem Landratsamt. In Gesprächen mit verschiedenen Akteuren aus der Region habe Recup als Systemanbieter überzeugt. „Unser Ziel ist, dass spätestens mit dem Start der ‚Mehrwegpflicht‘ 2023 möglichst viele Betriebe in unserem Landkreis umfassend über Alternativen zum Einweggeschirr informiert sind und sich im besten Falle einem einheitlichen System angeschlossen haben.“ Aktuell haben allerdings verschiedene Ketten jeweils eigene Mehrwegbecher in der Nutzung. „Die Entscheidung für ein bestimmtes System können wir den Unternehmen nicht abnehmen“, macht Barth klar. Am Ende stehe das übergeordnete Ziel, den Verbrauch von Einwegbehältnissen – und damit die Produktion von Müll – deutlich zu reduzieren.

Mittlerweile habe das Thema Klimaschutz in der Bevölkerung einen anderen Stellenwert. „Das Bewusstsein für den Einsatz von Mehrweggeschirr steigt. Sicher trägt die Änderung des Verpackungsgesetzes und die damit einhergehende Verpflichtung für Gastronomiebetriebe, Mehrwegverpackung als Alternative anzubieten, auch dazu bei.“ Nach wie vor verzeichnen die Verantwortlichen in der Kreisverwaltung einen hohen Informationsbedarf, weswegen am 4. Juli eine weitere Veranstaltung geplant wird, die gezielt die Betreiber gastronomischer Unternehmen im Rems-Murr-Kreis anspricht. Im Zuge der Nachhaltigkeitstage im September werden zudem Aktionen geplant, um nicht nur Gastronomie und Handel, sondern auch Verbraucher für die Verwendung von Mehrweggeschirr zu sensibilisieren.

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Erstellt:
10. Juni 2022, 06:00 Uhr

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