Regierung erklärt Waffenstillstand in Libyen

dpa Tripolis/Berlin. In der Vergangenheit scheiterten alle Bemühungen um ein Ende der Gewalt in Libyen. Der Waffenstillstand bringt dem Bürgerkriegsland neue Hoffnung. Doch eine wichtige Person schweigt zunächst.

Fajis al-Sarradsch, Ministerpräsident der libyschen Übergangsregierung, hält eine Rede im Europäischen UN-Haupsitz. Foto: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE/dpa

Fajis al-Sarradsch, Ministerpräsident der libyschen Übergangsregierung, hält eine Rede im Europäischen UN-Haupsitz. Foto: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE/dpa

Die international anerkannte Regierung Libyens hat einen sofortigen Waffenstillstand für das Bürgerkriegsland ausgerufen.

Die Streitkräfte seien angewiesen, alle Kampfhandlungen in ganz Libyen einzustellen, teilte Regierungschef Fajis al-Sarradsch am Freitag in Tripolis mit. Demnach sollen eine entmilitarisierte Zone in der umkämpften Stadt Sirte am Mittelmeer eingerichtet und ein politischer Dialog angestoßen werden.

Positive Signale kamen auch vom Parlament im Osten Libyens, das mit dem Widersacher der Regierung, dem einflussreichen General Chalifa Haftar, verbunden ist. Der Parlamentsvorsitzende Agila Saleh rief ebenfalls zu einem Waffenstillstand auf. Haftar selbst äußerte sich zu den beiden Ankündigungen zunächst nicht.

In Libyen herrscht seit dem vom Westen unterstützten Sturz des Langzeitmachthabers Muammar al-Gaddafi 2011 Bürgerkrieg. Die Anhänger der Sarradsch-Regierung kämpfen gegen die Truppen und Verbündeten Haftars. Alle diplomatischen Bemühungen um ein Ende der Gewalt scheiterten bisher. Frühere Waffenruhen konnte die Lage nicht beruhigen.

Sarradsch rief auch zu Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im März nächsten Jahres auf. Notwendig sei zudem die Wiederaufnahme der Ölproduktion und des Exports. Haftars Anhänger hatten in den vergangenen Monaten wichtige Öleinrichtungen blockiert.

Sarradschs Erklärung erfolgt mehr als zwei Monate, nachdem Anhänger der Regierung die Kontrolle über mehrere Gebiete nahe Tripolis zurückgewonnen hatten. Damit stoppten sie eine im vergangenen Jahr begonnene Offensive auf die Hauptstadt Tripolis, die Haftar seiner selbst ernannten Libyschen Nationalarmee (LNA) befohlen hatte.

Außenminister Heiko Maas (SPD) drang auf eine Umsetzung der vereinbarten Punkte. „Die gemeinsame Militärkommission (5+5) muss nun zusammentreten und diese Einigung umsetzen“, sagte Maas am Freitag. Die Aussicht auf eine Aufhebung der Ölblockade und die gerechte Verteilung der Öleinnahmen werde den Libyern neue Hoffnung geben. Er lobte „die Kompromissbereitschaft, die für diese Einigung notwendig war“. Potentiell sei dies „eine bedeutende Entwicklung hin zu einer politischen Lösung des festgefahrenen Libyenkonflikts“.

Deutschland hat im Libyenkonflikt als Gastgeber eines Gipfeltreffens im Januar eine Vermittlerrolle inne. Maas hatte bei einem Besuch in dieser Woche in Tripolis noch vor einem neuen Aufflammen der Kämpfe in dem Bürgerkriegsland gewarnt.

Auch die UN-Libyenvermittlerin Stephanie Williams begrüßte die Ankündigung. Es bestehe die Hoffnung, dass alle ausländischen Kräfte aus dem Land abzögen.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi nannte die beidseitige Erklärung „einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer politischen Lösung“. Ägypten unterstützt in dem Bürgerkrieg - ebenso wie die Vereinigten Arabische Emirate (VAE) und Saudi-Arabien - General Chalifa Haftar. Die Sarradsch-Regierung wird in dem Konflikt unter anderem von türkischen Truppen unterstützt.

Das ägyptische Parlament hatte zuletzt einen Militäreinsatz in dem benachbarten Bürgerkriegsland gebilligt. Die beiden Länder teilen sich eine etwa 1200 Kilometer lange Grenze.

© dpa-infocom, dpa:200821-99-256822/3

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Erstellt:
21. August 2020, 16:05 Uhr

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