Regierung will zehn Prozent mehr Azubis für die Pflege

Kampagne gegen den Fachkräftemangel geplant – 36 000 offene Stellen in Heimen und Kliniken

Der Bund, die Länder und 30 Verbände ziehen an einem Strang: Sie wollen den Mitarbeitermangel in der Pflege beheben. Drei Bundesminister stellten am Montag ihren Plan vor.

Berlin /BWA - Bis zum Jahr 2023 soll die Zahl der Auszubildenden in der Pflege um zehn Prozent auf dann jährlich etwa 75 000 steigen. Damit will die „Konzertierte Aktion Pflege“ (KAP), an der Bund und Länder sowie mehr als 30 Verbände teilnehmen, dem Pflegenotstand abhelfen. Die Rahmenbedingungen des Berufs müssten unbedingt besser werden, sagte die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Montag in Berlin. Giffey stellte gemeinsam mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Arbeitsminister Huberts Heil (SPD) erste Ergebnisse der Aktion vor. Im Sommer 2018 hatten die drei in einem Interview sogar einen „Schwur“ abgelegt und bekundet, dass sie den Arbeitsalltag von Pflegekräften erleichtern und eine angemessene Bezahlung erreichen wollten. Die Teilnehmer der gemeinsamen Aktion sollen dafür bis zum Sommer 2019 ihre Beratungen beenden und zu konkreten Vereinbarungen kommen.

Was die Ausbildung anbelangt, hat das Gremium nun eine erste Einigung erreicht. Neben dem Plus von zehn Prozent bei den Ausbildungsstellen zählt dazu eine Förderung, um die Pflegehelfer zu Fachkräften zu qualifizieren. Ministerin Giffey kündigte zudem Hilfen für die Pflegeschulen an. Sie müssen sich darauf einstellen, dass künftig die Ausbildungen in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege in einem Berufsbild zusammengelegt werden. Die Ministerin lobte die Absicht aller Beteiligten, mehr Lehrstellen zu schaffen, und nannte den Wert von zusätzlichen zehn Prozent eine „Zauberzahl“. Spahn wies darauf hin, dass es derzeit enorm schwer sei, offene Stellen überhaupt zu besetzen. Derzeit gibt es in der Alten- und Krankenpflege bundesweit 36 000 Stellen, für die sich niemand findet.

Was die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland anbelangt, hat die konzertierte Aktion noch keine Beschlüsse getroffen. Vermutlich, so Spahn, gebe es derzeit weltweit Tausende Interessierte, die gerne als Pflegekräfte in Deutschland arbeiten würden. Bei vielen Botschaften hapere es aber mit der Erteilung eines Visums, zudem sei die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse langwierig. Eine Leerstelle zeigt sich auch an anderer Stelle: Wie ein flächendeckender Tarifvertrag in der Altenpflege zustande kommen kann, das ist noch offen. „Nur 20 Prozent der Altenpflegekräfte haben eine Tarifbindung“, so Arbeitsminister Heil. Er mahnte einen „mitgliederoffenen Arbeitgeberverband“ an: „Dafür müssen sich jetzt alle bewegen.“ Der Erfolg der konzertierten Aktion hänge davon ab, dass es überall zu einer guten Bezahlung komme. Wenn die Branche nicht von sich aus die Grundlage dafür schaffe, werde die Bundesregierung handeln. Heil: „Ohne gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne steuern wir auf eine Krisensituation zu.“ Spahn unterstützte diese Ankündigung ausdrücklich. Es müsse Schluss damit sein, dass mancherorts Altenpflegekräfte einige Hundert Euro im Monat weniger verdienten als Pflegepersonal in den Krankenhäusern.

Der Sozialverband VdK forderte mehr Klarheit über die Finanzierung einer stärkeren Berufsausbildung in der Pflege. „Wichtig ist, dass die Kosten, die mit diesen Verbesserungen einhergehen, nicht den Pflegebedürftigen und ihren Familien aufgebürdet werden“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Das Geld, um die Altenpflegeberufe attraktiver zu machen, müsse aus der Pflegeversicherung und Steuermitteln kommen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, ohne Zweifel müssten die Löhne und die Ausbildungsplätze attraktiv werden. „Doch solange unklar ist, wer die Kosten trägt, bleibt es bei schönen Versprechen“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Die Bewohner von Pflegeheimen könnten dies nicht auch noch schultern. Sie zahlten bisher schon die Ausbildungskosten über eine Umlage, und die Eigenanteile seien seit dem Jahr 2018 erneut angestiegen.

Laut einer Umfrage neigen derzeit nur relativ wenige Schüler der Vorstellung zu, sich für einen Pflegeberuf zu entscheiden. Für sehr wahrscheinlich halten dies nach eigenem Bekunden sechs Prozent, wie eine Umfrage des Zentrums für Qualität in der Pflege ergab, das von den privaten Krankenkassen getragen wird. Befragt wurden den Angaben zufolge im November vergangenen Jahres 1532 Schüler zwischen 14 und 18 Jahren.

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Erstellt:
29. Januar 2019, 11:22 Uhr

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