Rechtsterrorismus
Reuß-Gruppe: Erster Angeklagte soll aus U-haft entlassen werden
In Stuttgart soll der erste Angeklagte der mutmaßlichen Rechtsterrorgruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß aus der Untersuchungshaft entlassen werden.

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Gegen neun Mitglieder des militärischen Arms der mutmaßlichen Rechtsterrorgruppe wird vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht seit dem 29. April 2024 verhandelt.
Von Franz Feyder
Den Haftbefehl gegen Wolfram S., mutmaßlicher Unterstützer der wegen Terrorverdachts angeklagten Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß, haben die drei Richterinnen und beiden Richter des 3. Strafsenats des Stuttgarter Oberlandesgerichts außer Vollzug gesetzt. Das bedeutet: S. kann ab dem morgigen Donnerstag, 7. August, aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Sofern er vorher eine Kaution hinterlegt.
„Wir sind weiterhin der Auffassung, dass unser Mandant unschuldig ist“, sagte sein Anwalt Steffen Hammer unserer Zeitung. „Trotz der mittlerweile zwei Jahre und acht Monate in Untersuchungshaft freuen wir uns, dass er nun endlich das Gefängnis verlassen kann.“
S. ist damit der erste der insgesamt 26 durch den Generalbundesanwalt angeklagten Männer und Frauen, der vorzeitig aus der Haft entlassen wird. Die Stuttgarter Richter sind nach einer vorläufigen Beurteilung des Einzelfalls Wolfram S. zu dem Ergebnis gekommen, dass die im Fall einer Verurteilung zu erwartende Haftstrafe im Bereich der bereits verbüßten Untersuchungshaft liegen könnte.
Die Anklage wirft der Gruppe um Prinz Reuß vor, ein hochverräterisches Unternehmen geplant und vorbereitet zu haben. Dessen Ziel sei es gewesen, die bestehende staatliche Ordnung Deutschlands gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, in ihren Grundzügen bereits ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Nach monatelangen Ermittlungen wurde 24 Frauen und Männer in einer bundesweiten Razzia am Morgen des 7. Dezembers 2022 festgenommen. Unter ihnen auch Wolfram S..
Ihm wirft der Generalbundesanwalt vor, er soll in der Gruppe um Prinz Reuß für den Bereich der Informationstechnik verantwortlich gewesen sein. Er habe Computer und Mobiltelefone besorgt, eingerichtet und an andere Gruppenmitglieder verteilt. Zudem habe er Softwareprogramme installiert und konfiguriert.
Zum Prozessbeginn umfassend ausgesagt
Der heute 56 Jahre alte Elektroingenieur bestreitet dies. Bereits am zweiten und dritten Verhandlungstag widersprach er im Mai 2022 den Vorwürfen zum Teil: „Es gab nie eine terroristische Vereinigung, der ich mich hätte anschließen können“, sagt S. damals. „Wenn es sie gegeben hat, dann distanziere ich mich von ihr und ihren Zielen in aller Form.“ Er habe geglaubt, Zivilschutz für Katastrophen- und Notfälle mit zu organisieren. Als er bemerkte, in welche Richtung einige der Gruppe um Reuß „das Ganze entwickelten, habe ich mich mehrfach von ihnen losgesagt und immer stärker rausgezogen“.
Das Verfahren gegen die 26 Angeklagten der „Reuß-Gruppe“ wird zeitgleich in drei unabhängigen Prozessen in Frankfurt, München und Stuttgart geführt: gegen die mutmaßliche Führungsebene in Frankfurt, in Stuttgart der „militärische Arm“.