Film über Thüringens AfD-Chef

Riefenstahls Erben drehen Porträt über Björn Höcke

Personenkult pur: Kurz vor der Thüringer Landtagswahl präsentiert sich AfD-Landeschef Björn Höcke in einem filmischen Selbstporträt – und ist selbst begeistert.

Björn Höcke sieht sich fast schon am Ziel.

© dpa/Bodo Schackow

Björn Höcke sieht sich fast schon am Ziel.

Von Eberhard Wein

Bisher hat nur Björn Höcke selbst das Epos gesehen. Doch man darf sagen, dass der als „gesichert rechtsextrem“ geltende Vormann von Thüringens AfD von dem Film – aber auch von sich als Hauptdarsteller – sehr beeindruckt ist. Es sei ungewöhnlich, dass sich ein bekannter Politiker ein Jahr lang von einem Kamerateam begleiten lasse, kommentiert er auf X (vormals Twitter) einen Trailer, der erste Ausschnitte bietet. Am Donnerstag soll der Film mit dem Titel „Der lange Anlauf“ im privaten Rahmen vorgestellt werden und dann im Internet verfügbar sein – rechtzeitig zum erwarteten großen Erfolg bei der Thüringen-Wahl am 1. September.

Der WDR hat in einer in dieser Woche im Ersten ausgestrahlten TV-Dokumentation über „Höcke und seine Hintermänner“ vor allem (aber nicht nur) Kritiker zu Wort kommen lassen – schon weil nur wenige aus der AfD und schon gar nicht Höcke selbst bereit waren, dem öffentlich-rechtlichen Sender Interviews zu gewähren. In „Der lange Anlauf“ dürfen nun ausschließlich Fans ihrem Star huldigen. Wenn Björn Höcke in Fahrt komme, dann hätten die Gegner Angst, dass er es ernst meine, lobt zum Beispiel der völkisch-nationale Autor Benedikt Kaiser. Es gebe keinen anderen deutschen Politiker, der die Dinge so klar und verständlich formulieren könne, preist Höckes Büroleiter Robert Teske seinen Chef.

Identitäre Filmemacher

Keine Journalisten, sondern Aktivisten vom identitären „Filmkunstkollektiv“ haben den Streifen mit moderner Heroen-Ästhetik und mutmaßlich ordentlich KI-Einsatz inszeniert und mit dramatischer Musik unterlegt. Leni Riefenstahl, die Propaganda-Filmemacherin des Dritten Reichs („Triumph des Willens“), hätte wohl ihre Freude daran gehabt, vermutet nicht nur der Ex-CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz auf X. Selbst manchem Parteigänger ist das zuviel Personenkult. Bei aller Sympathie: er halte nichts davon, wenn Politiker sich als Heilsbringer darstellten, schreibt einer. Der Trailer erwecke aber genau diesen Eindruck.

Wer sich das ganze Werk „Der lange Anlauf“ ansehen möchte, braucht vor allem einen langen Atem. Der Steifen dauert 100 Minuten, doch er werde begeistern und für Gesprächsstoff sorgen, ist sich Höcke sicher. Auch im privaten Rahmen und sogar „unbemerkt“ sei er gefilmt worden. Intime Einblicke sind dennoch nicht zu erwarten. Im Trailer sieht man, wie er sich im Fond seiner Dienstlimousine, die Lesebrille tief auf der Nase sitzend, die Krawatte zurecht zupft, wie er mit Gleichgesinnten zünftig wandert und einem Pferd durch den Zaun Gras entgegen streckt. Ob es ihm wirklich aus der Hand frisst, ist nicht zu sehen.

Ein bisschen wie „Hitler über Deutschland“

Im Zentrum aber scheinen ohnehin seine Wahlkampfauftritte zu stehen, bei dem ihm die Masse zujubelt. So erinnert das filmische Selbstporträt auch ein bisschen an „Hitler über Deutschland“, jenes Propagandawerk, mit dem der „Führer“ seinen Reichstagswahlkampf vom Sommer 1932 verewigen ließ. Adolf Hitler bereiste damals unzählige Städte im gesamten Nazi-Reich und nutzte vor allem das Flugzeug. Jeden Tag sprach er auf einem anderen Marktplatz.

Wer den Vergleich mit dem Menschheitsverbrecher für überzogen hält, findet aber auch mühelos aktuelle Despoten, die ihre Machtübernahme mit einer filmischen Selbstbeweihräucherung einleiteten. Bei Russlands Wladimir Putin war das so, ebenso beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Ob Höcke im Film verrät, wer von beiden sein großes Vorbild ist, darauf darf man gespannt sein. Neulich verglich er sich auf einer Bühne mit Jesus Christus. So wie der werde er ans Kreuz geschlagen. Dessen Leben wurde aber erst 2000 Jahre später erstmals verfilmt.

Zum Artikel

Erstellt:
21. August 2024, 16:06 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen