Risiken für Immobilieninvestoren steigen

dpa Frankfurt/Main. Gut zehn Jahre ist es her, dass die Immobilienblase in den USA platzte. Die Schockwellen gingen um die ganze Welt. Eine Studie untersucht für Deutschland die Risiken, die nach langem Aufschwung nun wieder drohen.

Wohnungen in Berlin: Ein Risiko für das Gesamtsystem der Immobilienwirtschaft wie in den Krisenjahren 2008 und 2009 sehen die Autoren derzeit „noch nicht“. Foto: Sven Braun

Wohnungen in Berlin: Ein Risiko für das Gesamtsystem der Immobilienwirtschaft wie in den Krisenjahren 2008 und 2009 sehen die Autoren derzeit „noch nicht“. Foto: Sven Braun

Der deutsche Immobilienmarkt ist weiter in „starker Verfassung“, doch die Risiken für Investoren wachsen.

Zu diesem Ergebnis kommen Branchenexperten der Wirtschaftsprüfer von KPMG und der Immobilienakademie IREBS an der Universität Regensburg. „Immobilienpreise und Mieten haben in fast allen Nutzungsarten Höchststände erreicht“, heißt es in ihrer in Frankfurt vorgelegten Studie. Höhere Mieten dürften sich aber wesentlich nur noch im Bürosektor verwirklichen lassen.

Die Autoren erwarten für die kommenden vier Quartale weiter niedrige Zinsen. Die Zinsen in der Eurozone würden voraussichtlich bis Ende 2020 nicht steigen und die US-Notenbank ihre Leitzinsen erst einmal nicht weiter erhöhen. Daher werde immer noch Geld in Immobilien fließen: „Aufgrund mangelnder Alternativen bei festverzinslichen Kapitalanlagen wird es somit bei dem erheblichen Liquiditätsüberhang im Immobilieninvestmentmarkt bleiben“, stellte KPMG-Immobilienchef Hans Volckens fest.

Zugleich bleibe das Risiko steigender Zinsen mittelfristig erhalten. „Dann wäre das aktuelle Preisniveau nur über kompensierende Mietsteigerungen zu halten“, so IREBS-Geschäftsführer Tobias Just. Diese dürften sich auf dem Wohnungsmarkt aber nur schwer durchsetzen lassen. „Erschwinglicher Wohnungsraum ist zum Politikum geworden, und der Gesetzgeber wird mit weiterer mietdämpfender Regulierung reagieren“, meinte Just. „Wir glauben nicht, dass sich die starken Mietsteigerungen in den Städten so fortsetzen.“

Zwei wichtige Faktoren kämen hinzu: Die Zuwanderung aus dem Ausland werde schwächer ausfallen und die Zahl junger Menschen, die erstmals eine Wohnung suchen, kleiner werden. So ließen sich steigende Immobilienpreise dann „immer seltener durch potenzielle Mietsteigerungen rechtfertigen“, machte Just deutlich. „Investoren müssen vorsichtiger kalkulieren und mit sinkenden Preisen rechnen.“ Ein Kollaps der Immobilienpreise sei aber unwahrscheinlich.

Ein Risiko für den Immobilienmarkt sei ferner die Eintrübung der Konjunktur, was viele Investoren nicht ausreichend berücksichtigten. „Alle starren auf die Zinsen“, sagte Volckens. Handelskonflikte und ein Stellenabbau bei einigen Unternehmen hinterließen aber Spuren.

Bei den Wohnimmobilien gebe es eine Zweiteilung zwischen den
Ballungszentren und dem Land. In den Zentren könne der akute Wohnbedarf nur durch umfangreichen Neubau gedeckt werden, erläuterte Just. Viele Großstädte verlören aber Einwohner, wenn man den Zuzug durch Flüchtlinge oder Jobsucher aus dem EU-Ausland herausrechne. Die hohen Preise führten dazu, dass die Menschen aufs Umland auswichen. „Dies entlastet zwar die städtischen Wohnimmobilienmärkte, führt aber zu erhöhten Pendlerzahlen und stellt die Verkehrsinfrastruktur vor enorme Herausforderungen“, analysierte Just.

Ein Risiko für das Gesamtsystem wie in den Krisenjahren 2008 und 2009 sehen die Autoren derzeit „noch nicht“. Im Vergleich zu damals hätten Kreditinstitute deutlich konservativere Finanzierungen abgeschlossen, das heißt, die Anteile der Darlehen am Wert der Immobilien seien geringer als seinerzeit.

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Erstellt:
6. Juni 2019, 12:31 Uhr

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