Rottenburger Halle könnte Vorbild sein

Gemeinderat besichtigt die 2014 eingeweihte Volksbank-Arena – Viele Parallelen zur geplanten Sporthalle in Backnang

Die Tage der Karl-Euerle-Halle sind gezählt: Anfang 2021 wird die 50 Jahre alte Sporthalle auf der Maubacher Höhe abgerissen, eineinhalb Jahre später soll an derselben Stelle ein schicker Neubau in Betrieb gehen. Wie dieser aussehen könnte, haben sich die Mitglieder des Backnanger Gemeinderats bei einer Exkursion nach Rottenburg angeschaut.

Anschauungsunterricht für Gemeinderat und Verwaltungsspitze: So ähnlich wie die Rottenburger Volksbank-Arena könnte die neue Sporthalle auf der Maubacher Höhe aussehen. Fotos: K. Franke

© KLAUS FRANKE

Anschauungsunterricht für Gemeinderat und Verwaltungsspitze: So ähnlich wie die Rottenburger Volksbank-Arena könnte die neue Sporthalle auf der Maubacher Höhe aussehen. Fotos: K. Franke

Von Kornelius Fritz

ROTTENBURG AM NECKAR/BACKNANG. Es wuselt an diesem Vormittag in der Rottenburger Volksbank-Arena. Vier Schulen aus der Umgebung nutzen die Halle für den Sportunterricht. In einem Hallenteil prellen Jungs mit Basketbällen, in einem anderen tanzen Mädchen zu Musik. Da müssen die Backnanger Stadträte auf der Tribüne schon die Ohren spitzen, um Rottenburgs Ersten Bürgermeister Thomas Weigel und seinen Hochbauamtsleiter Markus Gärtner noch zu verstehen.

Mit dem Bus hatte sich die von Oberbürgermeister Frank Nopper angeführte Reisegruppe von der Murr an den Neckar aufgemacht, um die im Oktober 2014 eröffnete Sporthalle zu besichtigen. Denn die Volksbank-Arena ähnelt in vielen Punkten dem, was die Stadt Backnang auf der Maubacher Höhe plant.

Auch in Rottenburg stand an derselben Stelle zuvor eine marode Halle aus den 1960er-Jahren, und auch dort wurde intensiv über die Frage Sanierung oder Neubau diskutiert. „Nachdem sich gezeigt hatte, dass eine Sanierung nicht wesentlich günstiger werden würde, hat sich der Gemeinderat für einen Neubau entschieden“, erzählte Markus Gärtner. Zumal die alte Halle auch zu klein und zu niedrig war und nicht den Vorgaben des Deutschen Volleyballverbands entsprach. Dabei trainiert in der Halle auch die Männermannschaft des TV Rottenburg, die in der Bundesliga spielt.

Vereine leisten Beitrag zur Finanzierung

Wie der geplante Backnanger Hallenneubau hat auch die Volksbank-Arena vier statt drei Hallenteile. Dadurch erhöhen sich nicht nur die Kapazitäten für den Schulsport, sondern es passen bei Wettkämpfen auch mehr Zuschauer rein. In Rottenburg kann man die seitlichen Tribünen auf Luftkissen drehen, sodass etwa bei Handballspielen auch hinter den Toren Zuschauer sitzen können. „So entsteht ein Arena-Charakter“, erklärt Erster Bürgermeister Weigel. Insgesamt fasst die Halle maximal 1060 Zuschauer. Eine Zahl, die in Rottenburg allerdings selten erreicht werde, da die Bundesliga-Volleyballer ihre Heimspiele im benachbarten Tübingen austragen.

Im Foyer der neuen Halle gibt es eine moderne Küche und einen Vip-Bereich mit Tischen und Stühlen. Auch die Vereinsgaststätte des FC Rottenburg ist in den Neubau integriert. Außerdem ist die Halle durch einen Tunnel mit dem angrenzenden Sportplatz verbunden, sodass Fußballer und Leichtathleten die Umkleiden und sanitären Anlagen der Sporthalle mitbenutzen können.

Obwohl die neue Halle deutlich größer ist als die alte, seien die Energiekosten gesunken, berichtet Markus Gärtner. Die Wärme kommt von einem benachbarten Blockheizkraftwerk, eine Lüftungsanlage sorgt dafür, dass es den Sportlern auch im Sommer nicht zu heiß wird. Eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach produziert mehr Strom als die Halle verbraucht.

Eine weitere Parallele zu Backnang ist das Ausschreibungsmodell: Auch die Stadt Rottenburg hat mit einem Generalunternehmer zusammengearbeitet und damit gute Erfahrungen gemacht. Der Vorteil für die Stadt: Der Generalunternehmer baute die Halle zu einem vorher vereinbarten Festpreis und trug das Risiko möglicher Kostensteigerungen.

„Dieses Verfahren war ein Glückstreffer für Rottenburg“, sagt Hochbauamtsleiter Gärtner. Denn der Preis sei auf Basis einer Kostenschätzung von 2009 fixiert worden. So war die Halle, als sie fünf Jahre später eröffnet wurde, mit Gesamtkosten von rund neun Millionen ein echtes Schnäppchen. Auf ein solches darf man in Backnang allerdings nicht hoffen: Thomas Weigel schätzt, dass die gleiche Halle wegen der gestiegenen Baukosten heute rund 15 Millionen Euro kosten würde. In Backnang geht man im Moment noch von einer Investitionssumme von 13 Millionen aus. Die Vereine, die von der neuen Halle profitieren, mussten in Rottenburg auch einen Beitrag zur Finanzierung leisten. Ein eigens dafür gegründeter Förderverein habe 260000 Euro an Spenden gesammelt, berichtet Thomas Weigel. Mit dem Geld seien unter anderem die Beschallungsanlage und die Anzeigetafel finanziert worden.

In Rottenburg sei es üblich, dass sich die Nutzer an den Investitionskosten beteiligen, erklärte der Erste Bürgermeister. Dies führe dazu, dass sich die Sportler stärker mit der Halle identifizierten und sich für sie mitverantwortlich fühlten. Der Effekt sei spürbar: „Die Nutzer gehen sehr pfleglich mit der Halle um.“

Hoher Lärmpegel stört die Stadträte

Die Backnanger Stadträte empfanden die Exkursion in die Neckarstadt als hilfreich: „Es ist etwas ganz anderes, eine Halle in der Realität zu sehen, als sich nur Pläne anzuschauen“, erklärte SPD-Fraktionschef Heinz Franke. Melanie Lang, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, fand die Rottenburger Halle „warm und freundlich“ und das Raumkonzept überzeugend, ihr Fraktionskollege Willy Härtner war vor allem vom Energiekonzept angetan. Allerdings gab es auch Kritikpunkte: Besonders der hohe Lärmpegel störte viele Stadträte. „Darüber sollten wir uns Gedanken machen, denn sonst ist das Unterrichten für die Lehrer sehr anstrengend“, meinte etwa die CDU-Fraktionsvorsitzende Ute Ulfert.

Bleibt noch die Frage, ob man sich in Backnang von Namenspatron Karl Euerle verabschiedet und wie in Rottenburg die Namensrechte an den meistbietenden Sponsor verkauft. Für OB Frank Nopper ist das jedenfalls kein Tabu: „Darüber kann man nachdenken.“

Rottenburgs Erster Bürgermeister Thomas Weigel (rechts) und Hochbauamtsleiter Markus Gärtner (links) führen die Gäste aus Backnang durch die Sporthalle.

© KLAUS FRANKE

Rottenburgs Erster Bürgermeister Thomas Weigel (rechts) und Hochbauamtsleiter Markus Gärtner (links) führen die Gäste aus Backnang durch die Sporthalle.

Mit Trennwänden lässt sich die Halle in vier Felder unterteilen, bei Wettkämpfen können auch hinter den Toren Zuschauer sitzen.

© KLAUS FRANKE

Mit Trennwänden lässt sich die Halle in vier Felder unterteilen, bei Wettkämpfen können auch hinter den Toren Zuschauer sitzen.

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Erstellt:
20. Januar 2020, 06:00 Uhr

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