Sammler enttäuscht: Pilzsaison fällt aus

Die lange Trockenheit und die hohen Sommertemperaturen verhindern das Wachstum – Keine Ausstellung in Großerlach, weil die Exemplare fehlen

Viel Sonnenschein und Wärme – dieser Spätsommer kann sich sehen lassen und wird gerade in vollen Zügen genossen. Diese Jahreszeit ist eigentlich die beste, um Pilze zu sammeln. Eigentlich – denn in diesem September und Oktober ist alles anders. Wer auf der Suche nach Steinpilz und Co. ist, wird enttäuscht: Die Pilzsaison 2018 ist schon vorbei, bevor sie überhaupt angefangen hat.

Naturparkführerin Beate Siegel (rechts) kennt sich mit Pilzen aus. Sie ist bei der Pilzausstellung normalerweise stets vor Ort, informiert die Besucher über die verschiedenen Arten und verschafft Einblick in die Welt der Pilze. Archivfotos: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Naturparkführerin Beate Siegel (rechts) kennt sich mit Pilzen aus. Sie ist bei der Pilzausstellung normalerweise stets vor Ort, informiert die Besucher über die verschiedenen Arten und verschafft Einblick in die Welt der Pilze. Archivfotos: J. Fiedler

Von Yvonne Weirauch

MURRHARDT/GROSSERLACH. Mit einem Satz gesagt: „Mit den Pilzen wird es wohl in diesem Jahr nichts mehr“, so der Pilzsachverständige Berthold Burkhardt aus Murrhardt. Der Grund dafür: Es war einfach viel zu trocken und zu warm. Wer derzeit Pilze im Wald sammeln gehen möchte, der wird frustriert von dem Ausflug zurückkommen: Nur wenige Arten strecken die Köpfchen empor, hier vielleicht mal ein paar flockenstielige Hexenröhrlinge oder ein Goldröhrling oder ein graublättriger Schwefelkopf.

„Ich selbst habe bis jetzt drei oder vier Großpilze und eine Handvoll Pfifferlinge entdeckt. Mehr nicht“, sagt Burkhardt. Und selbst die Großpilze seien schon von den Maden zerstört gewesen.

Auch die Pilzberatungen und die -kurse, die Burkhardt mit Naturparkführerin Beate Siegel in Murrhardt durchführt, wurden abgesagt. Burkhardt: „Im Naturparkzentrum hat erst einmal eine Beratung stattgefunden, die Kurse sind mangels Anschauungsmaterial im Wald ausgefallen. Was sollen die Leute auch bringen, wenn es nichts gibt?“, stellt Berthold Burkhardt die Frage in den Raum und zuckt mit den Schultern. Zudem hat der Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald die große Pilzausstellung abgesagt, die normalerweise Mitte Oktober in Großerlach-Grab veranstaltet wird und bei der rund 300 Arten gezeigt werden. „Keine Pilze, keine Ausstellung.“ Das sei sehr bedauerlich, wenn man bedenke, dass man sonst so viele Exemplare gefunden habe.

Dass die Pilzsaison 2018 eine schlechte wird, habe man schon im Frühjahr kommen sehen. „Das war nach kurzer Zeit eindeutig.

Es ist im Frühling viel zu schnell viel zu warm geworden“, sagt der Pilzexperte. Es habe beispielsweise kaum Morcheln gegeben – diese seien sehr feuchtigkeitsliebend. Im Frühsommer setzte sich die Einschätzung fort – „es ist die Zeit des Sommersteinpilzes, nur – kaum welche waren davon zu finden“. Berthold Burkhardt war hin und wieder mal im Wald: „So frustrierend das für den Sammler ist, aber es gab einfach nichts.“

Im Schwäbischen Wald gebe es beispielsweise Pfifferlinge eh nicht in Massen, aber in diesem Jahr seien so gut wie keine im Sammlerkorb gelandet. Ebenso wenig Erfolg hatte man bei der Suche nach dem Maronenröhrling.

Am ehesten könnte man laut Burkhardt im Schwarzwald und an den nördlichen Alpenrändern von einer guten Pilzsaison reden: „Dort hat es konstant geregnet.“ Solch eine Saison, dass gänzlich alle Beratungen abgesagt und keine Pilze im Wald gefunden werden, habe er noch nicht erlebt, sagt der Murrhardter Pilzsachverständige. „Die ein oder andere schlechte Saison ja – aber so was noch nicht.“

Die Pilze, die man in der Pfanne braten könne und die bei den Sammlern beliebt seien, gibt es schlichtweg in diesem Herbst nicht. „Wenn es jetzt noch mal zwei Wochen am Stück regnen und es keinen Nachtfrost geben würde – dann, ja dann hätten wir vielleicht ein bisschen Glück, dass sich der ein oder andere Pilz noch zeigt“, sagt Burkhardt mit einem Lächeln. Aber „ich glaube da nicht mehr richtig dran“. Nur wo kaum Sonne hinkomme, und in der Nähe von Bachläufen, könnte man Glück haben und noch Pilze finden. „Da habe ich mir noch keine Mühe gemacht, mal nachzuschauen“, gibt der Pilzfan zu. Vier elementare Dinge seien für das Wachsen des Pilzes wichtig: „Das Substrat muss stimmen, die Temperatur auch – diese ist individuell für jeden Pilz anders – , es muss feucht sein und – der Pilz muss auch wachsen wollen.“

Wiesenchampignons könnten vom feuchten Morgennebel profitieren

Berthold Burkhardt schmunzelt: „Ich habe Zeiten erlebt, da sind drei Jahre lang keine Champignons an einer bestimmten Stelle gewachsen, und im vierten Jahr waren sie wieder da.“ Die Wiesenchampignons könnten jetzt auch noch eine Chance haben, sie profitieren nämlich vom feuchten Morgennebel.

„Für den Lebenskreislauf des Pilzes an sich ist es jetzt nicht weiter schlimm, dass dieser Herbst so ist, wie er ist. Nur für uns Sammler ist es ein Nachteil“ — Berthold Burkhardt nimmt es mit einem Lächeln hin. Im Großen und Ganzen sei die Saison aber nicht mehr zu retten, der Nachtfrost wird sein Übriges dazu tun. Und wenn die Bäume noch mehr Laub abwerfen, seien die Pilze eh nicht mehr zu finden. Für das kommende Jahr sei zu hoffen, dass es wieder eine erfolgreiche Pilzsaison werde: „Wenn wir einen feuchten Winter und ein feuchtes Frühjahr bekommen, dann dürfen wir Pilzsammler uns wieder freuen und dann dürfte einer Ausstellung in Grab nichts im Wege stehen.“

Für den Pilzsachverständigen Berthold Burkhardt ist die Pilzsaison 2018 frustrierend.

© Jörg Fiedler

Für den Pilzsachverständigen Berthold Burkhardt ist die Pilzsaison 2018 frustrierend.

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Erstellt:
20. Oktober 2018, 06:00 Uhr

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