Schadstoffe im Untergrund vermutet

Vor einer Bebauung des Kaelble-Areals muss der Boden der Backnanger Industriebrache saniert werden

Hochwasserschutz, Grundwasserschutz, Altlasten – bevor auf dem ehemaligen Kaelble-Areal gebaut werden kann, müssen alle Fragen zu diesen Punkten eindeutig geklärt sein. Diese waren auch Thema bei einem Treffen zwischen Stadtverwaltung, Investor und Experten aus dem Landratsamt.

Das ehemalige Kaelble-Areal in Backnang liegt größtenteils brach oder wird als Parkplatz genutzt. Investor Hermann Püttmer hat für das Gelände große Pläne. Foto: F. Muhl

© Florian Muhl

Das ehemalige Kaelble-Areal in Backnang liegt größtenteils brach oder wird als Parkplatz genutzt. Investor Hermann Püttmer hat für das Gelände große Pläne. Foto: F. Muhl

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Während über die Frage, was auf dem ehemaligen Kaelble-Areal gebaut werden soll, noch gestritten wird (wir berichteten), haben sich die Riva-Gruppe und die Backnanger Stadtverwaltung über andere Fragen kürzlich ausgetauscht. Die Zusammenkunft, an der Riva-Chef Hermann Püttmer selbst nicht teilnahm, sei sehr konstruktiv und sachlich verlaufen, erklärte Backnangs Baudezernent Stefan Setzer hinterher. Vonseiten des Bauherrn informierte sich Architekt Martin Webler über die nächsten Schritte des Projekts auf dem Weg zur Bebauung der Industriebrache.

Setzer erläuterte die aktuelle Hochwasserkonzeption und die Bedeutung des bestehenden Planfeststellungsbeschlusses. So können beispielsweise die früheren Fabriken Murrtal-Lederwerke und Hodum sowie bestehende Schutzmauern nicht einfach ersatzlos abgebrochen werden, da sie selbst als Hochwasserschutz dienen. Auch müssen einzelne Mauern erhalten und sogar erhöht werden. Trotzdem gibt es die Möglichkeit, die Gebäude abzureißen. In diesem Fall müssen sie jedoch durch andere Gebäude oder Bauwerke ersetzt werden. Weiter auf dem Gelände in Richtung Fabrikstraße ist ein Hochwasserdamm vorgesehen.

Bei dem Gespräch ging es um die Frage: „Wie bringen wir die Inhalte des Hochwasserschutzes in Einklang mit den Visionen von Herrn Püttmer?“, erklärte Setzer: „Es wurden Wege aufgezeigt, wie man zu Lösungen kommen kann.“ Für Setzer und die Experten des Landratsamts steht fest: „Zuerst müssen diese Maßnahmen umgesetzt werden. Dann wäre das Gelände dahinter hochwasserfrei und kann überplant und bebaut werden.“ Bestehende Mauern können hierbei integriert werden.

Ein weiteres Thema ist der Grundwasserschutz. Auf dem Areal existieren mindestens drei Tiefbrunnen, die von den früheren Fabriken gegraben wurden und viele Jahre im Einsatz waren. Heute werden sie nicht mehr benötigt. Diese Brunnen müssen fachmännisch verschlossen werden. Die Sicherung ist notwendig, damit keine Schadstoffe in das Grundwasser eindringen können. Denn das größte Problem des Areals steckt vermutlich im Untergrund: Altlasten. Die Vertreter des Landratsamts haben dazu ihre Erkenntnisse vorgelegt. Sie gehen beim eigentlichen Kaelble-Areal von den klassischen Schadstoffen einer Industriebrache aus. Das sind: Lösungen, Öl, Farbe, Schmierstoffe, Kühlmittel. Auf dem Gebiet soll es mehrere Hotspots geben. Verdächtig sind besonders jene Stellen, wo früher eine Tankstelle, ein Öllager oder eine Lackiererei betrieben wurden. In einem ersten Schritt gilt es nun zu ermitteln, wie hoch das Gefahrenpotenzial ist. Setzer: „Im Moment haben wir nur Verdachtsfälle. Aber wir müssen davon ausgehen, dass es Altlasten im Untergrund gibt. Nun gilt es, diese Vermutungen zu verifizieren oder zu entkräften.“

Aber auch die Lederindustrie war vor Ort eine große Nummer. Stichwort Hodum und Lederwerke. In diesem Fall gilt es, die Stoffe Chrom oder Arsen-Verbindungen zu beseitigen. Viele Lösemittel, die früher zuhauf in den Gerbereien eingesetzt wurden, sind zwar flüchtig, lösen sich also in der Luft auf, aber im Boden können sie dennoch weiterhin existieren.

Bodenproben sollen

Aufschluss geben

In Abstimmung mit dem Landratsamt und einem Fachgutachter wird nun zuerst ein Beprobungskonzept erstellt. Das bedeutet: Der Ingenieur legt ein Raster über das Gebiet. Danach werden Proben entnommen und im Labor untersucht. Die Proben werden mittels Bohrungen oder Schürfungen mit einem Bagger gewonnen. Anhand der Proben kann ermittelt werden, welche Stoffe im Boden vorhanden sind. Im nächsten Schritt wird ein Sanierungskonzept erstellt. Setzer: „Es wird festgelegt, was muss raus oder an welchen Stellen kann ohne Sanierungseingriffe gebaut werden.“ Dieses Vorgehen hat auch Vorteile für den Bauherrn, sagt Setzer: „So kann er besser kalkulieren.“

Riva-Architekt Webler hat die geforderten Maßnahmen zur Kenntnis genommen. Die Aufgabe des Bauherrn besteht nun darin, mit den Fachbehörden und der Stadtverwaltung die nächsten Schritte zu besprechen. Zudem muss der Bauherr die Aufträge für die Untersuchungen erteilen. Setzer ist zufrieden mit dem Gespräch: „Der Investor weiß jetzt, was zu tun ist und wer die Ansprechpartner sind.“ Der Baudezernent würdigte das Engagement des Landratsamts. Die Behörde habe mit einem großen Team an der Besprechung teilgenommen und den Termin „mit einer beeindruckenden Akribie und Präzision vorbereitet“. Insgesamt ist das Gespräch laut Setzer „sehr kooperativ und lösungsorientiert“ verlaufen.

In den Gerbereien – das Foto entstand 1938 in der Lederfabrik Hodum – wurde mit giftigen Chemikalien gearbeitet. Rückstände werden noch heute im Erdreich vermutet. Foto: Stadtarchiv

© Peter Wolf

In den Gerbereien – das Foto entstand 1938 in der Lederfabrik Hodum – wurde mit giftigen Chemikalien gearbeitet. Rückstände werden noch heute im Erdreich vermutet. Foto: Stadtarchiv

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Erstellt:
8. August 2018, 06:00 Uhr

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