Scharfer Disput um „tote Werte“

Kreistagskollegen kontern Kritik von Jürgen Hestler (SPD) an Immobilienplänen des Landkreises

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. Jürgen Hestler hat einmal mehr die Pläne für die Erweiterung und Modernisierung des Landratsamts in Waiblingen scharf kritisiert. Der Weissacher SPD-Kreisrat erntete dafür im Verwaltungs-, Schul- und Kulturausschuss ebenso harsche Kritik von Kollegen quer durch die Fraktionen: Dass es sich da um eine Einzelmeinung handle, war noch eine der gelinderen Erwiderungen.

Zunächst aber hatte Hestler das Wort, der die Pläne von Anfang an kritisiert hatte und jetzt noch eine Schippe drauflegte. Als Kreisrat habe er die Aufgabe, darauf zu achten, ob das Geld der Steuerzahler auch adäquat ausgegeben wird. „Schulden, die ich nicht mache, muss ich auch nicht abbauen“, fuhr er fort und spielte damit auf die Diskussion um die Finanzierungsleitlinie an, mit der der Landkreis die ohnedies schon hohe Verschuldung trotz der zusätzlichen immensen Investitionen im Zaum halten will.

Der Verwaltung und den Befürwortern der Pläne, die gern darauf abheben, dass mit dem Aus- und Umbau Werte geschaffen würden, hielt er vor: „Die Werte, die Sie schaffen, sind tote Werte.“ Einen solchen Bau voll mit Büros könne man an niemanden verkaufen. Dem stellte Hestler den Mangel an Wohnraum gegenüber und mahnte „ein bisschen mehr Ehrlichkeit“ an. So gelte es, bei den prognostizierten Kosten auch den derzeitigen Bauboom zu berücksichtigen, der die Preise allerorten durch die Decke gehen lässt. Er fand deshalb, man müsse noch einmal über eine abgespeckte Version reden, und sprach sich gegen die Gesamtkonzeption aus, würde aber Einzelpunkte daraus wie die Sanierung des Verwaltungsbaus am Alten Postplatz realisieren.

„Eine wirtschaftliche

und vernünftige Lösung“

Ulrich Lenk (FDP/FW) warnte dagegen vor Kirchturmspolitik und sah sich an alte Backnang-Waiblingen-Gegensätze erinnert: „Es ist unser Immobilienkonzept“, sagte er mit Betonung auf „unser“. Es stelle auch eine wirtschaftliche und vernünftige Lösung dar, die noch dazu den Charme habe, dass die Kreisräte vor jeder Etappe noch einmal überlegen und entscheiden könnten.

Diese Möglichkeit, das umfangreiche Programm schrittweise realisieren zu können, schätzt auch Reinhold Sczuka (CDU) an der Gesamtkonzeption. Dagegen sprach Hestler von einem „Aufteilen in Häppchen, damit die Kreisräte das Gefühl haben, sie könnten was entscheiden“. In Wirklichkeit aber seien alle Einzelteile miteinander verzahnt. Matthias Klopfer (SPD) wies derweil mit Blick auf den Fachkräftemangel auf die Dringlichkeit der Modernisierung hin. Denn heutzutage könne sich das Personal aussuchen, wo es arbeitet.

Ziemlich ungehalten über Hestlers „Redeschwall“ äußerte sich Christine Besa (Grüne): Investitionen in gute Arbeitsplätze seien keine toten Werte, und es sei auch ein Unding, Arbeitsplätze und sozialen Wohnbau gegeneinander auszuspielen. Erbost erhob sie den Ruf nach einer Redezeitbegrenzung. Das wiederum wollte sich Hestler nicht länger anhören, er drohte: „Ich geh jetzt!“ Doch dazu kam es nicht, da Landrat Richard Sigel sich mühte, die Wogen zu glätten, und dazu mahnte, sachlich zu bleiben. Besa entschuldigte sich daraufhin.

„Wir spüren den Druck vom Arbeitsmarkt, und wir haben einen Sanierungsrückstau“, unterstrich der Landrat. Er stehe für eine ehrliche Betrachtung: Das Gesamtpaket kostet 100 Millionen Euro. Gleichzeitig stärke der Landkreis das Eigenkapital der Kreisbau mit 5 Millionen – und diese Summe sei im Vergleich keineswegs ein Witz, weil in der Folge ein Vielfaches investiert werde. Nämlich 125 Millionen Euro für 500 Wohnungen, wie Kreisbau-Chef Dirk Braune ergänzte.

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Erstellt:
27. Juni 2018, 06:00 Uhr

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