Scheinriesen im Weißen Haus

Donald Trump und der saudische Kronprinz versuchen, ihre Differenzen zu überspielen.

Von Eidos Import

„Er wusste nichts davon“, sagte Donald Trump. Neben ihm senkte der saudische Thronfolger Mohammed bin Salman den Blick. Der US-Präsident nahm seinen Gast im Oval Office gegen Fragen von Reportern nach dem Mord an dem saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi im Jahr 2018 in Schutz, denn er wollte die amerikanisch-saudische Harmonie im Weißen Haus nicht gefährden. Trump feierte sein Treffen mit dem Kronprinzen mit spektakulären Abkommen. Doch USA und Saudi-Arabien sind weder so einig noch so mächtig, wie es die beiden Politiker vorgaben.

Der Prinz, nach seinen Initialen MBS genannt, durfte das Weiße Haus wegen seiner von US-Geheimdiensten und der UNO ermittelten Verbindungen zum Khashoggi-Mord acht Jahre lang nicht betreten. Nun öffnete ihm Trump die Tür, denn er braucht den Thronfolger, um seinen Wählern zu zeigen, dass er die USA mit Investitionen aus dem Ausland wieder groß machen kann.

Im Mai hatte MBS zugesagt, 600 Milliarden Dollar in die US-Wirtschaft zu stecken, jetzt stockte er die Summe auf eine Billion auf. Umgekehrt braucht MBS den Schutz Amerikas in der Unruheregion Nahost. Trumps Zustimmung zur Lieferung moderner F-35-Kampfjets und die Einstufung Saudi-Arabiens als „wichtiger Nicht-Nato-Verbündeter“ sind Erfolge für den Prinzen. Saudi-Arabien erhält zudem Zugang zu US-Technologie auf den Gebieten Atomkraft und Künstliche Intelligenz.

Doch die Abmachungen verdecken Schwächen und Differenzen. MBS hat gerade eine Schlappe einstecken müssen, weil sein Projekt der Zukunftsstadt „The Line“ so teuer geworden ist, dass ein Baustopp verhängt werden musste. Saudi-Arabien braucht einen Ölpreis von 90 Dollar pro Barrel (159 Liter) für einen ausgeglichenen Haushalt, doch derzeit liegt der Preis bei 64 Dollar. MBS hat also weniger Geld in der Kasse als früher. Ob der Prinz wirklich eine Billion Dollar für Trump übrig hat, ist daher fraglich. Umgekehrt wird Trump in Verteidigungsfragen womöglich nicht alle saudischen Erwartungen erfüllen können. Die Einstufung Saudi-Arabiens als wichtiger Partner bleibt hinter Trumps Zusage an Katar zurück, das Emirat gegen äußere Angriffe zu verteidigen.

Gegen den Verkauf der F-35 an Riad gibt es laut „New York Times“ Bedenken in Trumps Regierung, weil befürchtet wird, dass der Export den militärischen Vorteil von Israel in Nahost schmälern und China die Chance geben könnte, die Hochtechnologie des Jets von den Saudis zu bekommen.

Israel, das bisher als einziges Nahost-Land die F-35 besitzt, verlangt von den USA, die Kampfjets nur unter Bedingungen an Saudi-Arabien zu liefern. Auch fragen sich saudische Politiker, ob auf Trump in Verteidigungsfragen wirklich Verlass ist. In seiner ersten Amtszeit tat Trump nichts, als die pro-iranischen Huthi-Rebellen saudische Ölanlagen angriffen.

Meinungsverschiedenheiten gibt es zudem in Grundfragen des Nahost-Konfliktes. Trump will, dass Saudi-Arabien einen Friedensvertrag mit Israel abschließt, doch MBS würde sich bei vielen Saudis unbeliebt machen, wenn er trotz Israels Krieg in Gaza, der aggressiven Siedlungspolitik im Westjordanland und dem Nein von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu einem Palästinenserstaat einer Anerkennung des jüdischen Staates zustimmen würde.

Doch allen Differenzen in der Nahost-Frage zum Trotz sind die USA und Saudi-Arabien aufeinander angewiesen. „Wir können auf diese Beziehungen nicht verzichten – weder von der saudischen noch von der amerikanischen Seite“, sagte MBS richtigerweise in Washington.

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Erstellt:
19. November 2025, 22:06 Uhr
Aktualisiert:
19. November 2025, 23:57 Uhr

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