Schlemmerritt: Zu Pferd zum Mittagessen

Einmal im Monat bietet Jeanette Kuttler vom Islandpferdehof Hörschhof in Althütte einen Schlemmerritt an. Durch den Wald und über Wiesen geht es zu verschiedenen Restaurants in der Umgebung.

Angeführt von Jeanette Kuttler auf Breki folgen die Islandponys und ihre Reiterinnen brav in einer Reihe. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Angeführt von Jeanette Kuttler auf Breki folgen die Islandponys und ihre Reiterinnen brav in einer Reihe. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Melanie Maier

Althütte. Reiten und essen: Das Konzept Schlemmerritt leuchtet Pferdefreundinnen und Pferdefreunden sofort ein. „Ganz viele haben schon zu mir gesagt: ‚Super, da kann ich meine zwei Lieblingshobbys ja direkt miteinander verbinden!‘“, erzählt Jeanette Kuttler. „Es gibt viele Wiederholungstäter.“ Sie lacht gut gelaunt und sticht mit ihrer Gabel in die Kässpätzle auf ihrem Teller. Die 34-jährige Islandpferdezüchterin und Reitlehrerin betreibt den Islandpferdehof Hörschhof in Althütte. Ungefähr einmal im Monat bietet sie einen Schlemmerritt zu wechselnden Restaurants in der Nähe an. Zwei Stunden reiten die Teilnehmerinnen – meistens kommen tatsächlich nur Frauen mit, auch dieses Mal ist kein Mann dabei – durch den Schwäbisch-Fränkischen Wald zu einem Lokal. Nach dem Mittagessen geht es auf einem anderen Weg wieder zurück. An diesem sonnigen Mittag sitzen Kuttler und ihre sieben Begleiterinnen im überdachten Außenbereich des Restaurants Strohbecks im Voggenhof, einem Ortsteil von Althütte. Die Reitlehrerin hat wie jedes Mal, wenn sie dorthin kommt, einen Schwabenteller mit Schweinelendchen, Rahmchampignons und Kässpätzle bestellt. „Wenn ich anrufe und reserviere, dann heißt es immer: ‚Der Schwabenteller steht bereit‘“, berichtet sie zufrieden. Was für sie genauso dazugehört: eine große Johannisbeerschorle. Die darf ebenfalls nicht fehlen.

Komplette Anfängerinnen dürfen an dem Ausritt nicht teilnehmen

Doch das Schlemmen möchte verdient sein. Und genau genommen beginnt der Schlemmerritt nicht auf dem Pferderücken. Um 9 Uhr treffen sich die Teilnehmerinnen vor Kuttlers Reitstall am Rand von Sechselberg. Dort bekommt jede ein Pony zugeteilt. Das muss erst einmal gestriegelt, gezäumt und gesattelt werden. Für Friederike Groll kein Problem. Die 47-jährige Landwirtin aus Stammheim hatte selbst 24 Jahre lang ein Islandpony; sie weiß, wie es geht. „Mein Mann hat mir den Ausritt zum Geburtstag geschenkt“, erzählt sie, während sie den Hals ihres Ponys bürstet. Bei denen, deren Reiterfahrung schon eine Weile zurückliegt, helfen Kuttler und ihre Mitarbeiterin Tanja Langer nach. Komplette Reitanfängerinnen dürfen an dem Ausritt jedoch nicht teilnehmen. Was sinnvoll ist, da die Reiterinnen auch Straßen queren und im Wald Joggern, Radfahrern und Spaziergängern ausweichen müssen.

Um kurz vor 10 Uhr beginnt der Ritt. Auf der Straße, die aus Sechselberg hinausführt, lässt Kuttler die Reiterinnen ihre Ponys in einer Reihe aufstellen. Alle ziehen noch einmal die Sattelgurte nach und prüfen, ob die Steigbügellänge passt. Dann heißt es aufsteigen. Es folgt eine kurze Einweisung. „Unsere Ponys sind alle auch auf Stimme trainiert. Wenn wir wollen, dass sie stehen, sagen wir ‚Ho‘“, erklärt die Reitlehrerin. Sie fügt hinzu: „Bitte nicht ‚Ho’ schreien! Das habe ich alles schon erlebt. Es bringt aber nicht so viel wie ruhig ‚Ho‘ zu sagen.“

Selbst ein Fußballspiel bringt die Ponys nicht aus der Ruhe

Kuttler schnalzt, die kleine Karawane setzt sich in Bewegung. Die Sonne scheint, im Wald rieseln gelbe und braune Blätter von den Laubbäumen. Kaiserwetter. Die Reiterinnen strahlen auf ihren Ponys. Bevor sie zum Hörschhof fand, sei sie eine „Krampfreiterin“ gewesen, erinnert sich Tanja Langer. „Bei ein paar Ausritten hatte ich sogar Angst um mein Leben“, sagt sie. Jetzt sitzt sie tiefenentspannt auf ihrer Fuchsstute Vopna, obwohl die auch nicht ganz einfach zu händeln ist. Ihr isländischer Name bedeute „Bewaffnung“, weiß Langer: „Da steckt ordentlich Bums dahinter.“

Die 53-Jährige aus Fellbach-Schmiden kam vor 6,5 Jahren als Reitschülerin zu Kuttler. Inzwischen ist sie Mitarbeiterin und gibt selbst Reitunterricht. „Ich habe mich extrem weiterentwickelt“, so Langer. Das, sagt sie, liege am „Hörschhofflow“ – der Wohlfühlatmosphäre auf dem Hof, die auch den Ponys anzumerken ist. Selbst als die Gruppe an einem Fußballspiel mit Schiedsrichtertrillerpfeife, Anfeuerungsschreien und rollendem Ball vorbeimuss, bringt das die Tiere nicht aus der Ruhe.

Mittagspause für Ponys: Gras (all you can eat) gibt’s auf der Weide beim Restaurant.

© Tobias Sellmaier

Mittagspause für Ponys: Gras (all you can eat) gibt’s auf der Weide beim Restaurant.

Um kurz nach 11.30 Uhr erreichen die Reiterinnen das Restaurant. Dort erhalten als Erstes die Ponys ihr Mittagessen: Sie dürfen auf einer Weide neben dem Lokal grasen. Beim Essen bietet sich die Gelegenheit, in größerer Runde zu plaudern. Die Freundinnen Lydia Keller, 34, und Sabine Schneider, 35, haben sich zu zweit für den Ritt angemeldet. Sie sei vorher noch nie auf einem Islandpony geritten, sagt Keller. Die jüngste Reiterin an diesem Tag ist Kuttlers neunjährige Tochter Laura. Neben ihr hat die Pferdezüchterin drei weitere Kinder – das jüngste ist erst neun Monate alt.

Sie habe als Kind angefangen zu reiten, teilt Kuttler mit. Mit 17 Jahren hatte sie ihr erstes eigenes Pony, selbstverständlich eine Isländerstute. „Von ihr habe ich mehr gelernt als in allen Reitstunden davor“, sagt Kuttler. Nachdem sie Agrarbiologie an der Universität Hohenheim studiert und als Reitlehrerin auf anderen Höfen gearbeitet hatte, erfüllte sie sich 2016 den Traum vom eigenen Reithof. Seit 2019 züchtet sie auch.

Die Reiterinnen bestellen Deftiges – zum Beispiel Kässpätzle mit Salat. Foto: M. Maier

Die Reiterinnen bestellen Deftiges – zum Beispiel Kässpätzle mit Salat. Foto: M. Maier

Das Dessert darf bei einem Schlemmerritt selbstverständlich nicht fehlen. Foto: M. Maier

Das Dessert darf bei einem Schlemmerritt selbstverständlich nicht fehlen. Foto: M. Maier

Etwas träge, aber zufrieden macht sich die Gruppe nach dem Essen auf den Weg zur Weide. Dort heißt es wieder satteln und aufzäumen. Aufgestiegen wird aber erst ein Stück weiter unten, an der Straße. Das ist nicht nur besser für die Ponys, sondern auch für die Reiterinnen, denn so können sich die schweren Kässpätzle ein bisschen setzen. Galoppiert wird auch erst wieder, als das Essen einigermaßen verdaut ist. Auf verschlungenen Waldwegen führt Kuttler zurück nach Sechselberg. Auf der Straße vor dem Hof steigen die Teilnehmerinnen von ihren Ponys – mit ziependen Oberschenkelmuskeln und einem Lächeln im Gesicht. Beim nächsten Schlemmerritt könnten Wiederholungstäterinnen dabei sein.

Schlemmerritt Infos zum nächsten Schlemmerritt sowie zu weiteren Reitangeboten von Jeanette Kuttler erhält man unter www.islandpferde-hoerschhof.de oder auch per E-Mail an islandpferde.hoerschhof@gmail.com.

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Erstellt:
5. November 2022, 16:00 Uhr

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