Schleuserring zum Teil auch in Backnang aktiv

Amtsgericht Backnang sieht es als erwiesen an, dass ein 43-jähriger Backnanger half, Drittstaatenangehörige nach Deutschland einzuschleusen.

Der 43-Jährige wurde vom Amtsgericht Backnang zu 90 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt. Archivfoto: Edgar Layher

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Der 43-Jährige wurde vom Amtsgericht Backnang zu 90 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt. Archivfoto: Edgar Layher

Von Jutta Rieger-Ehrmann

Backnang. Ein 43-jähriger Backnanger ist als Teil eines Schleuserrings vom Amtsgericht Backnang zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Zoll ermittelt bereits seit Jahren gegen verschiedene Männer, die im Verdacht stehen, Drittstaatenangehörige in die Bundesrepublik eingeschleust zu haben. Unter anderem kam die Ermittlungsgruppe „Ingwer“ einer Schleusergruppe auf die Spur, die im Großraum Stuttgart über Scheinehen mit griechischen Frauen vor allem indische und pakistanische Männer in die Bundesrepublik eingeschleust und damit in die Europäische Union „eingebürgert“ haben soll.

Zu diesem Zweck wurden die „Paare“ von einem, wie sich herausstellte, nicht autorisierten Priester in Griechenland getraut. Die Papiere waren daher laut griechischem Generalkonsulat ungültig.

Im Zusammenhang mit diesen groß angelegten Ermittlungen und der damit verbundenen Telekommunikationsüberwachung stießen die Ermittlerinnen und Ermittler auch auf den 43-jährigen Angeklagten, der in der Telekommunikations- und Gastro-/Imbissbranche tätig ist. Ihm wird zum einen vorgeworfen, für eine Scheinehefrau einen Arbeitsvertrag als Aushilfe in einer seiner Filialen ausgestellt zu haben. Dort soll sie allerdings nicht angetroffen worden sein.

Die Beweisführung gestaltete sich schwierig

Zum anderen habe der Mann bei Behördengängen geholfen und mit einem der Drahtzieher wegen der „Rückabwicklung“ der geplatzten Scheinehe verhandelt. In diesem Zusammenhang seien zwei Griechinnen festgehalten worden, die erst nach einer Geldübergabe wieder freikamen.

Die Beweisführung vor dem Backnanger Amtsgericht gestaltete sich schwierig. Eine Zeugin und ein Zeuge aus der Ermittlungsgruppe in Stuttgart sagten aus, dass es zwei Schleusergruppierungen gebe, die bereits 40 Scheinehen organisiert hätten. Der Haupttäter sitze allerdings in Athen.

Der dritte Zeuge belastete den 43-Jährigen schwer

Über die Telekommunikationsüberwachung konnten wohl Gespräche abgehört werden, in denen es um den „Freikauf“ der beiden Griechinnen im Raum Backnang ging. Eine der Telefonnummern führte zum Anschluss des Angeklagten, der jedoch mit seinem „Spitznamen“ angesprochen worden sein soll.

Der dritte Zeuge, der in dieser Angelegenheit unter Bewährung steht, belastete den 43-Jährigen schwer. Er habe mit diesem die Verhandlungen am Telefon geführt und ihm später das Geld – mehrere Tausend Euro – in dessen Laden übergeben, sagte er vor Gericht. Allerdings machte er widersprüchliche Angaben über die Summe, den Verwendungszweck des Gelds sowie vage Angaben zum Aufenthaltsort der Frauen, sodass er vom Richter eindringlich ermahnt wurde, die Wahrheit zu sagen.

Einträge im Bundeszentralregister hat der Angeklagte bisher keine

Dagegen versicherte der Angeklagte – der verheiratet ist und drei Kinder hat –, er habe nur helfen wollen und sei einfach nur „mitgelaufen“. Er wolle vernünftig leben und ein Vorbild für seine Kinder sein. Einträge im Bundeszentralregister hat der Mann bisher keine.

Während der Staatsanwalt seine Mittäterschaft als erwiesen ansah, meldete der Anwalt des Angeklagten Zweifel an. Doch letztlich wurde er schuldig gesprochen, Schleuserdienste verrichtet zu haben, da die Zeugenaussagen und die Ergebnisse aus der Telekommunikationsüberwachung ihn als Vermittler identifizieren, der über die Abläufe und den Zweck der Angelegenheit Bescheid wusste.

Unklar bleibt im Laufe der Verhandlung, in welchem Umfang der 43-Jährige in die Vorgänge eingebunden war und ob und wie viel Geld er bekommen hat. Offen bleibt außerdem, ob es sich bei dem Festhalten der zwei Frauen um den Tatbestand der Freiheitsberaubung handelte. Der 43-Jährige wurde vom Amtsgericht Backnang zu 90 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt. Das bedeutet einen Eintrag im Bundeszentralregister, nicht aber im Führungszeugnis. Zudem trägt er die Kosten des Verfahrens. Der Richter begründet sein Urteil damit, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und die Aussagen teils nicht verlässlich gewesen seien. Gegen das Urteil können innerhalb einer Woche Rechtsmittel eingelegt werden.

Der 43-Jährige wurde vom Amtsgericht Backnang zu 90 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt.

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Erstellt:
22. August 2022, 06:00 Uhr

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