Schulessen verbessern - „Wir müssen alle an einen Tisch“

dpa Berlin. Zu fad, zu langweilig. Das Schulessen bleibt oft auf dem Teller, landet schlimmstenfalls im Müll. Doch es geht auch anders, wie etliche Schulmensen und Projekte zeigen.

Sarah Wiener engagiert sich seit Jahren für gesunde Ernährung für Kinder. Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Sarah Wiener engagiert sich seit Jahren für gesunde Ernährung für Kinder. Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Seit fast zehn Jahren vergibt das Deutsche Netzwerk Schulverpflegung (DNSV) den „Goldenen Teller“. Nach einer coronabedingten Pause im vergangenen Jahr ist es heute wieder soweit.

Eine der vielen Schulmensen in Deutschland wird gewürdigt, weil sie besonderen Wert auf eine gesunde, nachhaltige und schmackhafte Ernährung legt. Es gebe viele tolle Beispiele, sagt der DNSV-Vorsitzende Michael Polster. „Aber wir haben es in den vergangenen Jahren nicht geschafft, das Thema Ernährung als Querschnittsthema in allen Schulgesetzen zu verankern.“ Das jedoch sei erforderlich, um tatsächlich eine Veränderung in der Ernährungspolitik zu erreichen.

Gemeinsame Anstrengung nötig

Ernährung müsse in den Schulalltag integriert werden, so Polster. Bundesweit gebe es zahlreiche Projekte, die dies zum Ziel hätten. „Die Stetigkeit und Nachhaltigkeit fehlt jedoch.“ Unterstützung findet der Verein beim Sterne- und TV-Koch Stefan Marquard, der sich mit seinem Projekt „Sterneküche macht Schule“ für gesunde Ernährung an Schulen einsetzt. „Wir müssen alle an einen Tisch und gemeinsam etwas bewegen“, betont Marquard. Kind, Eltern, Lehrer, Schule, Caterer - alle seien gefragt. „Aber ohne die Politik kommen wir am Ende nicht weiter.“ Die Köchin und Grünen-Politikerin Sarah Wiener hält es für wichtig, dass das Thema Ernährung bei der Ausbildung von Lehrkräften mehr Gewicht bekommt.

Marquard geht in die Schulen, um mit Kindern und Jugendlichen zu kochen - und Spaß an gesunder Ernährung zu vermitteln. Sein Anliegen: Zeigen, was Kochen bedeutet. Den Umgang mit Lebensmitteln zeigen. Und: Die Kinder animieren, „ihre Eltern zu infizieren“.

Der gebürtige Franke wendet sich aber auch an die Caterer. „Die müssen wir unterstützen, dass sie mit kleinem Budget regional und vernünftig kochen können“, betont er. Hier sieht der Koch einen entscheidenden Aspekt. Denn der Preisdruck auf die Caterer ist groß. Der Koch hat sich deshalb Herstellungsprozesse angeschaut - und sich an frühere Herangehensweisen erinnert. Statt etwa Gemüse mit Wasser zu blanchieren, aktiviert er es mit einer Salz-Zucker-Mischung. „Das spart Energie und Wasser“, schildert er.

Wiener wendet sich an Lehrer und Eltern

Auch seine Kollegin Wiener engagiert sich seit Jahren für gesunde Ernährung für Kinder, sie hat eine nach ihr benannte Stiftung. „Denn ich möchte, dass jedes Kind gut isst“, sagt sie. Um möglichst viele Kinder zu erreichen, wendet sie sich mit ihrem Team vor allem an pädagogische Einrichtungen: „Kern unserer Arbeit sind Fortbildungen für Fach- und Lehrkräfte aus Kitas, Grundschulen und außerschulischen Lernorten.“ Mehr als 26.000 Lehrkräfte hätten bislang teilgenommen.

Ihr Projekt „Ich kann kochen!“ richtet sich an Drei- bis Zehnjährige. Mehr als eine Million Kita- und Schulkindern haben nach Angaben der Stiftung seit 2015 daran teilgenommen. Und auch hier geht es darum, die Eltern mit einzubeziehen - und zunehmend auf regionale Lebensmittel zu setzen. Dafür arbeitet Köchin Wiener beispielsweise in Berlin mit dem Senat zusammen bei Projekten wie „Vom Acker in den Mund!“ oder „Meinem Schulessen auf der Spur!“, in dessen Rahmen etwa Besuche auf Biobauernhöfen in der Region erfolgen.

In Berlin wurde unter Rot-Rot-Grün 2019 für Grundschüler der Klassen eins bis sechs eine Gratismahlzeit eingeführt. Unter dem Motto „Berlin isst so“ soll zudem eine Strategie entwickelt werden, in der Aspekte wie Regionalität und Nachhaltigkeit insgesamt eine Rolle spielen.

© dpa-infocom, dpa:211105-99-874346/2

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Erstellt:
5. November 2021, 05:45 Uhr

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