Sechselberger Quarantänestation bleibt

Das Land verlängert den Betrieb der temporären Isolierunterkunft für Flüchtlinge, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, bis Ende März 2021. Seit einigen Wochen ist die Unterkunft nicht mehr belegt, kann aber in kurzer Zeit wieder einsatzbereit sein.

Im ehemaligen Freizeitheim in Sechselberg waren insgesamt 44 Geflüchtete in häuslicher Quarantäne. Obwohl die Unterkunft gerade nicht belegt ist, soll sie weiterhin im Stand-by-Modus zur Verfügung stehen. Archivbild: F. Muhl

© Florian Muhl

Im ehemaligen Freizeitheim in Sechselberg waren insgesamt 44 Geflüchtete in häuslicher Quarantäne. Obwohl die Unterkunft gerade nicht belegt ist, soll sie weiterhin im Stand-by-Modus zur Verfügung stehen. Archivbild: F. Muhl

Von Kristin Doberer

ALTHÜTTE. Die Isolierunterkunft für Flüchtlinge im ehemaligen Freizeitheim in Althütte-Sechselberg soll auch in den nächsten Monaten weiterhin zur Verfügung stehen. Positiv auf Corona getestete Flüchtlinge aus den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sollen hier unterkommen können. Das Regierungspräsidium Stuttgart, das die Einrichtung betreibt, hat den Mietvertrag nun um sechs Monate bis Ende März 2021 verlängert. Im Moment ist die Einrichtung nicht belegt – sie befindet sich seit Mitte Juni im Stand-by-Modus. Eine Unterbringung ist weiterhin nur für positiv getestete Personen ohne oder mit geringen Symptomen vorgesehen. „Erfreulicherweise wurden in der Landeserstaufnahme seit über acht Wochen keine neuen Infektionen gemeldet. Wir wollen jedoch sicherstellen, dass auch im Falle etwaiger neuer Coronafälle in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes eine schnelle Möglichkeit zur Isolation gegeben ist“, erklärte der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer in einer Pressemitteilung.

Da sich die Isolierunterkunft in den vergangenen Monaten bewährt habe, soll sie vorsorglich für eine weitere mögliche Erkrankungswelle im Herbst und Winter bereitstehen – vor allem mit Blick darauf, dass die Zahl der positiv auf Corona getesteten Personen in Deutschland insgesamt wieder angestiegen ist.

Das Regierungspräsidium sieht den Vorteil am Stand-by-Modus darin, dass die Unterkunft sehr kurzfristig wieder in Betrieb genommen werden kann. Eine Aufnahme von an Covid-19 erkrankten Patienten ist bei Bedarf innerhalb von 24 bis 48 Stunden möglich. Die Unterkunft in Althütte-Sechselberg sei außerdem durch die räumlichen Gegebenheiten gut geeignet. So gibt es beispielsweise für jedes Zimmer ein eigenes Bad.

Bisher keinerlei Probleme in der Isolierunterkunft

Althüttes Bürgermeister Reinhold Sczuka findet die Entscheidung sinnvoll: „Wir hoffen natürlich alle, dass wir Corona in den Griff bekommen. Aber wenn doch wieder Fälle kommen, haben wir hier die Sicherheit, dass wir sehr schnell handeln können.“ Es mache keinen Sinn, die Quarantäneunterkunft, die in etwa drei Wochen mit viel Aufwand hergerichtet wurde, hier abzubauen, nur um sie woanders wieder ganz neu aus dem Boden zu stampfen, sollte es doch noch mal nötig werden. Außerdem habe es keinerlei Probleme bei dem Betrieb der Unterkunft gegeben, so Sczuka.

Die Betreuung habe sehr gut funktioniert und die untergebrachten Flüchtlinge haben sich an die Quarantäne gehalten. Hier hatte es zuvor einige Bedenken sowie Proteste gegeben, als die Pläne für die Station im März bekannt wurden. So hat es während einer Online-Infoveranstaltung ein Hupkonzert vor dem Rathaus gegeben, im Internet haben überörtliche Anhänger der rechten Szene gegen die Einrichtung der Station gewettert und falsche Gerüchte über geflohene Erkrankte sind verbreitet worden. Auch habe es einige „wütende, persönlich verletzende und verleumdende“ Reaktionen gegeben, so Sczuka.

Zwar reagierten der Bürgermeister und die Gemeinde zunächst auch verärgert, das hatte aber nichts mit der Einrichtung der Quarantänestation an sich zu tun, sondern lag daran, dass er und der Landkreis nur sehr kurzfristig informiert worden waren. Das lief bei der Verlängerung des Mietverhältnisses nun besser ab. „Dieses Mal waren wir die Ersten, die davon erfahren haben“, sagt Sczuka. „Aber an sich ändert sich jetzt erst mal auch gar nichts und die Zeit ist ja absehbar.“ Insgesamt sei die Abwicklung sehr problemlos gewesen.

Alle 44 Bewohner sind genesen und auf andere Einrichtungen verteilt.

Am Ostersamstag waren die ersten Menschen im früheren Jugendfreizeitheim eingezogen. Seitdem beherbergte die Einrichtung insgesamt 44 geflüchtete Frauen, Männer und Kinder. Sie wurden entweder einzeln oder mit ihren Familienmitgliedern in Sechselberg in „häuslicher Quarantäne“ untergebracht und versorgt. Die Erkrankten zeigten vor allem keine oder nur sehr milde Symptome, nur war in einem Fall aufgrund des Krankheitsverlaufs eine stationäre Behandlung erforderlich. Mittlerweile sind alle wieder genesen, sie wurden in andere Einrichtungen verlegt. Die Bundeswehr hatte insgesamt 58 Soldaten nach Sechselberg geschickt, darunter 20 Sanitätssoldaten. Sie arbeiteten in Schichten und wechselnden Teams, unterstützten Beschäftigte des Malteser-Hilfsdiensts, halfen bei der Betreuung der Menschen vor Ort, bei der Versorgung mit Essen, bei Verwaltungsaufgaben und dergleichen. Dadurch sei eine sehr gute medizinische Versorgung gewährleistet gewesen, so das Regierungspräsidium.

Zur Vermeidung einer Infektion wurden die Beschäftigten mit persönlicher Schutzausrüstung ausgestattet. Der Zugang zur Einrichtung erfolgte ausschließlich über eine Personalschleuse. Ein Zaun sowie ein Wachdienst, der rund um die Uhr im Einsatz war, sorgten für die Sicherheit der Bevölkerung und für die Einhaltung der Quarantäneauflagen.

Bekämpfung der Coronapandemie in Flüchtlingsunterkünften

Zur Bekämpfung der Coronapandemie wurden im Bereich der Erstaufnahme viele Maßnahmen ergriffen, um eine Ausbreitung des Virus in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes zu verhindern: Neu ankommende Flüchtlinge werden zuerst im Ankunftszentrum in Heidelberg beziehungsweise in der Einrichtung, in der sie zuerst ankommen, auf das Coronavirus getestet und anschließend 14 Tage nach Tageszugängen getrennt untergebracht.

Danach werden sie in die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes verteilt. Positiv getestete Fälle werden einzeln beziehungsweise mit ihren Familienmitgliedern in häusliche Quarantäne genommen.

Ergänzend zu diesen Maßnahmen und zur Entlastung der Erstaufnahmeeinrichtungen erfolgt die Unterbringung positiv getesteter Personen außerhalb der Erstaufnahmeeinrichtungen in der temporären Isolierunterkunft für Flüchtlinge in Sechselberg.

Die Asylsuchenden, die für die Zeit der häuslichen Quarantäne in der temporären Isolierunterkunft untergebracht wurden, stammten aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) in Baden-Württemberg. Denn diese können solche Bedingungen nur mit erheblichem Aufwand bewerkstelligen.

Die Einrichtung wurde nach einer Vorbereitungszeit von rund drei Wochen am Samstag, 11. April, in Betrieb genommen. Seit Mitte Juni befindet sich die Einrichtung im Rems-Murr-Kreis im Stand-by-Modus.

Zum Artikel

Erstellt:
20. August 2020, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Stadt & Kreis

Die Konfirmandenarbeit hat sich sehr verändert

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Konfirmandenarbeit stark verändert. Beispiele aus der Region zeigen, dass der Unterricht längst nicht mehr als reine Unterweisung mit Auswendiglernen gesehen wird.

Stadt & Kreis

Backnang will Kiffen auf dem Straßenfest verbieten

Die Stadtverwaltung in Backnang plant, das Rauchen von Cannabis auf dem Straßenfest zu untersagen. Auch andernorts wird das Kiffen trotz Teillegalisierung verboten bleiben, beispielsweise in Freibädern. Viele Gastrobetreiber wollen keine Joints in ihren Außenbereichen.

Stadt & Kreis

Saskia Esken stellt sich wütenden Fragen in Weissach im Tal

Die Bundesvorsitzende der SPD nimmt auf Einladung des Ortsvereins Weissacher Tal auf dem Roten Stuhl Platz. Die Besucherinnen und Besucher diskutieren mit ihr über die Themen Wohnungsbau, Ukrainekrieg, Verkehr und die Politik der Ampelkoalition.