Seehofer: Verteilung von Geretteten ja, „Grenzöffnung“ nein

dpa Berlin. Schwangere, die einzeln von Bord geholt werden. Private Rettungsschiffe, die tagelang im Mittelmeer kreuzen, weil sie nirgends einlaufen dürfen. Dieses „erbärmliche Schauspiel“ (O-Ton Seehofer) will die Bundesregierung beenden. Aber nicht alleine.

Bundesinnenminister Horst Seehofer während der Pressekonferenz zum Jahresbericht der Bundespolizei. Foto: Britta Pedersen

Bundesinnenminister Horst Seehofer während der Pressekonferenz zum Jahresbericht der Bundespolizei. Foto: Britta Pedersen

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will beim Treffen der EU-Innenminister für eine „temporäre Übergangsregelung“ zur Verteilung von aus Seenot geretteten Migranten werben.

Feste Aufnahmequoten bestimmter Länder sollte es seiner Ansicht nach aber nicht geben. Damit wolle er verhindern, „dass es als faktische Grenzöffnung begriffen wird“, sagte Seehofer in Berlin bei der Vorstellung des Jahresberichts 2018 der Bundespolizei.

Migranten vor dem Ertrinken zu retten und sie anschließend in einen sicheren Hafen zu bringen, sei eine Selbstverständlichkeit, erklärte der Innenminister vor seiner Abreise zu dem EU-Treffen in Helsinki. Er betonte jedoch: „Das muss nicht zwingend ein europäischer Hafen sein.“ Seehofer lobte ausdrücklich die Unterstützung Italiens für die libysche Küstenwache.

Bundespolizeipräsident Dieter Romann sagte, die nächstgelegenen Häfen an der nordafrikanischen Küste kämen für die Aufnahme der Geretteten „naturgemäß infrage“. Aufgrund des bewaffneten Konflikts in Libyen seien die libyschen Häfen davon allerdings zur Zeit ausgenommen, erklärten Romann und Seehofer.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen forderte die Bundesregierung mit Blick auf die Gefahren in Libyen auf, „jetzt Evakuierungsflüge für die im Kriegsgebiet gefangenen Geflüchteten und Migranten zu organisieren“. 3800 Menschen seien in den offiziellen Internierungslagern nahe der Frontlinien in und um Tripolis in akuter Gefahr. Einige seien in unmittelbarer Nähe militärischer Einrichtungen gefangen und deshalb besonders gefährdet.

Dokumenten- und Visumberater der Bundespolizei verhinderten im vergangenen Jahr 34.516 unerlaubte Einreisen nach Deutschland bereits im Vorfeld. Das entspricht einer Steigerung von 8,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wie aus dem Jahresbericht der Behörde hervorgeht, sind die 64 Berater in 27 Ländern bei ausländischen Grenzdienststellen, Beförderungsunternehmen sowie in den Visastellen der deutschen Auslandsvertretungen präsent. Die meisten von ihnen sind in Asien im Einsatz.

An den deutschen Grenzen waren im vergangenen Jahr 42.478 unerlaubte Einreisen festgestellt worden - ein Rückgang um 15 Prozent im Vergleich zu 2017. Romann beklagte, dass viele Abschiebungen schon im Vorfeld scheitern. Er sagte: „Alleine mit der Rückführung werden wir das Problem der unerlaubten Einreise nicht in den Griff kriegen.“

Seehofer sprach sich für eine Intensivierung der Schleierfahndung an den deutschen Grenzen aus. Es sei auch zu überlegen, ob diese Form der „intelligenten Grenzsicherung“ nicht auch über den bislang geltenden Radius von 30 Kilometern diesseits der Grenze ausgeweitet werden müsse.

Seehofer verwies auf den bis Ende 2021 geplanten Stellenzuwachs von derzeit rund 47.000 Mitarbeitern auf dann rund 50.000 Stellen bei der Bundespolizei. Ihm sei klar geworden, „dass das Sicherheitsgefühl nicht synchron zur Kriminalitätsstatistik läuft“. Deshalb sei für ihn auch wichtig, dass die Bürger mehr Polizeibeamte im Straßenbild sähen - etwa an Bahnhöfen.

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Erstellt:
17. Juli 2019, 14:57 Uhr

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