Botschafter-Zoff
Sein „bester Kumpel“ Epstein wurde ihm am Ende zum Verhängnis
Auf spektakuläre Weise hat die britische Regierung ihren Botschafter in Washington von seinem Posten abgezogen.

© AFP
Peter Mandelson
Von Peter Nonnenmacher
Wenige Tage vor Donald Trumps zweitem Staatsbesuch in Großbritannien hat die Regierung Sir Keir Starmers ihren Washington-Botschafter Lord Peter Mandelson seines Amtes enthoben – weil Mandelsons einstmals „bester Kumpel“ auch nach dessen Verurteilung und Inhaftierung noch der Sexualstraftäter Jeffrey Epstein war.
Neue Informationen wurden bekannt
Kompliziert wird der Fall durch die frühere Nähe Trumps zu Epstein, die dem US-Präsidenten gegenwärtig so zu schaffen macht. Starmer habe Trump „in eine unmögliche Position gebracht“, klagten Tory-Politiker am Donnerstag.
Sein „tiefes Bedauern“ darüber, „viel zu lange“ eine enge Verbindung zu Epstein aufrecht erhalten zu haben, hatte Mandelson in den letzten Tagen mehrfach beteuert. Aber selbst dass der Premier ihm am Mittwoch im Parlament noch das Vertrauen ausgesprochen hatte, rettete ihn letztlich nicht. Nach Bekanntwerden neuer Informationen ordnete Starmer Mandelsons sofortige Ablösung auf dem wichtigsten diplomatischen Posten des Vereinigten Königreichs an.
Schon zu Wochenbeginn war bekannt geworden, dass Mandelson Epstein so eng verbunden war, dass er ihn in einem Glückwunsch zum 50. Geburtstag seinen „besten Kumpel“ nannte. In Manhattan wie in der Karibik hielt sich der Brite auf Einladung Epsteins tagelang in dessen Häusern auf.
Enthüllt wurde die Freundschaft in einem Report der JP Morgan Bank
Enthüllt worden war Mandelsons Freundschaft mit Epstein, der sich 2019 im Gefängnis erhängte, durch einen internen Report der JP Morgan Bank aus demselben Jahr. Tatsächlich hatte Mandelson noch in Epsteins Haus in New York Urlaub gemacht, als Epstein Ende 2008 bereits im Gefängnis saß.
Wie neue Emails jetzt ans Tageslicht brachten, hatte er Epstein 2008 sogar ausdrücklich Mut zugesprochen, als gegen diesen erstmals Anklage erhoben wurde. Er halte „große Stücke“ auf ihn und sei „empört“ über das, was man ihm angetan habe, schrieb er an den Finanzier.
Epstein müsse nun „um frühe Entlassung aus der Haft kämpfen“. Das werde ihn „nur stärker machen“, meinte er: „Deine Freunde stehen dir zur Seite, sie lieben dich.“ An anderer Stelle hatte er Epstein versichert, das gegen ihn ergangene Urteil sei „falsch“ gewesen, und man müsse gegen es angehen.
Der Botschafter bereut alles
Von Reportern gefragt, wie es zu seiner Freundschaft mit Jeffrey Epstein habe kommen können, erwiderte Mandelson, Epstein sei ein derart „charismatischer“ Lügner gewesen, dass er einfach „auf ihn hereingefallen“ sei. Sein tiefes Mitgefühl gelte natürlich Epsteins Opfern, und er bedauere „zutiefst“, dass er „viel länger“ mit ihm in Verbindung geblieben sei, „als ich das hätte sein sollen seinerzeit“.
Oppositions-Politiker in London forderten nach den jüngsten Enthüllungen aber Mandelsons sofortigen Abgang. Mehr und mehr Labour-Abgeordnete schlossen sich dieser Forderung an. Erschwerend kam für sie hinzu, dass einem Bericht des Daily Telegraph zufolge Mandelson im Jahr 2010 als Wirtschaftsminister Epstein noch zu einem lukrativen Geschäftsabschluss in Großbritannien verholfen hatte – obwohl sein „bester Kumpel“ zu diesem Zeitpunkt in den USA längst verurteilt worden war.
Bekannt geworden als PR-Chef von Tony Blair
Kritik hatte Mandelson im Laufe seiner Karriere natürlich schon öfter auf sich gezogen. Bekannt geworden war der heute 71-Jährige als PR-Chef Tony Blairs, dem er 1994 zum Parteivorsitz verhalf. Danach galt er als „Mastermind“ der New-Labour-Politik, die Blair 1997 an die Macht trug und ihm drei Wahlsiege sicherte. Wegen seiner oft gefürchteten Manöver hinter den Kulissen handelte sich Mandelson damals den Spitznamen „Prinz der Finsternis“ ein.
Gleich zweimal musste er freilich aus Blairs Kabinett ausscheiden. Das erste Mal ging es um eine zweifelhafte Bankanleihe für einen Hauskauf. Das kostete ihn seinen Job als Minister für Handel und Industrie. Das zweite Mal, als er Nordirland-Minister war, warf man ihm vor, einem reichen indischen Geschäftsmann auf unlautere Art einen britischen Pass verschafft zu haben.
Von 2004 bis 2008 arbeitete Mandelson als EU-Kommissar in Brüssel
Von 2004 bis 2008 arbeitete Mandelson als EU-Kommissar in Brüssel. Danach wurde er, in den Adelsstand erhoben.
Und nach Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus berief ihn Sir Keir Starmer zu seinem US-Botschafter, schon weil sich Mandelson gut mit Trump verstand und Starmer an reibungslosen Beziehungen zu Washington gelegen war.
Dass der US-Präsident seinerseits nun aber verzweifelt versucht, die eigene Verbindung zu Epstein vergessen zu machen, ist zu einem echten Problem für Starmer geworden. Am britischen Regierungssitz, in Downing Street ist man besorgt, dass Mandelsons Sturz als Kommentar zu Trump und Epstein verstanden wird und zu zusätzliche Fragen an den US-Präsidenten führen könnte – just da dieser sich bereit macht zur Reise ins Vereinigte Königreich.