Selbst ist die Frau

Kfz-Mechatronikerin Nathalie Hofmann vermittelt in einem Kurs nur für Frauen Basiswissen rund um das Auto

An Autos zu schrauben, ist nach wie vor eine Männerdomäne. Kfz-Mechatronikerin Nathalie Hofmann kennt das, in ihrer Ausbildung war sie die einzige Frau. In einem zweistündigen Kurs vermittelt sie deshalb anderen Frauen die wichtigsten Kniffe rund um das Auto.

Den Ölstand zu messen, ist für Yvonne Stümke (links) und Heidi Dolak nun kein Problem mehr.

© Tobias Sellmaier

Den Ölstand zu messen, ist für Yvonne Stümke (links) und Heidi Dolak nun kein Problem mehr.

Von Lorena Greppo

BACKNANG. „Es ist wirklich nicht schwer“, beruhigt Nathalie Hofmann die acht Teilnehmerinnen des Kurses, nachdem sie die nötigen Handgriffe für einen Reifenwechsel erklärt hat. Die Blicke, die sie daraufhin erntet, sprechen Bände – die Frauen sind skeptisch. Ihren Worten lässt die 28-jährige Kfz-Mechatronikerin aber Taten folgen. Handbremse angezogen, Gang eingelegt – jetzt kann es losgehen. Zuerst werden die Schrauben gelöst, dann bockt Hofmann das Auto auf und dreht sie vollends hinaus. Jeden Schritt erklärt Nathalie Hofmann noch einmal ausgiebig, weist etwa darauf hin, das Rad beim Abnehmen nur außen zu greifen. „Sonst klemmen Sie sich womöglich noch die Hand ein.“ Sie lässt die Teilnehmerinnen auch genau hinschauen. Schließlich sollen sie es im Anschluss selbst ausprobieren. Beim Kurbeln am Wagenheber kommt auch Nathalie Hofmann ins Schwitzen: „Da sparen Sie sich das Fitnessstudio für den Tag“, kommentiert die 28-Jährige lachend. Wo genau der Wagenheber platziert wird, wollen die Frauen wissen und wann man merkt, dass man die Schrauben nach dem Radwechsel wieder fest genug angezogen hat. Geduldig gibt Hofmann die Antworten, sie nimmt jede Frage ernst. Sie schaut auch über die Schulter, als Karin Rausch sich an die Räder ihres Wagens traut und gibt Tipps. Etwa, den Fuß von unten leicht gegen den Reifen drücken, sodass der einem beim Schraubenlösen nicht entgegenkommt.

In trauter Runde können die

Frauen all ihre Fragen stellen

Das Gefühl, unter sich zu sein, genießen die acht Teilnehmerinnen des Kurses sichtlich. „Es ist angenehm. Da ist man lockerer und kann Fragen stellen, ohne dass jemand danebensteht und hämisch grinst“, findet Melanie Zimmer. „Oder fragt: ,Wie, das kannst du nicht?‘“, fügt Karin Rausch hinzu. Die Reaktionen der anderen Frauen zeigen: Jede von ihnen hat so eine Situation schon einmal erlebt. In der Backnanger Filiale von Müller prüft will Nathalie Hofmann den Frauen einen geschützten Raum bieten, wo sie nicht nur gezeigt bekommen, wie ein Reifenwechsel oder das Messen des Ölstands geht, sondern es auch selbst ausprobieren können. „Dann sind Sie nicht so aufgeschmissen, wenn Sie mit einer Panne an der Autobahn stehen und Ihnen niemand hilft“, erklärt die 28-Jährige.

Die Idee zum Kurs nur für Frauen hatte Hofmann, da ihre Mutter vor einigen Jahren ein ähnliches Seminar belegt und positive Erfahrungen damit gemacht hatte. Offenbar hat der Gedanke sie nicht mehr losgelassen. „Also habe ich es meinem Chef vorgeschlagen, der war sofort begeistert davon“, erzählt die junge Frau. Je nachdem, wie der Kurs angenommen wird, gebe es womöglich auch eine Fortsetzung des Angebots. Dass Hofmann damit einen Nerv getroffen hat, zeigen die Unterhaltungen in der kurzen Pause des gut zweistündigen Kurses: Eine Teilnehmerin berichtet, dass sie sich im Heimwerkermarkt um einen Crashkurs bemüht habe. Andere haben schon von ähnlichen Kursen für den Umgang mit Motorsägen oder Feuerlöschern gehört. „Solche Dinge hat mein Mann immer gemacht“, erzählt Heidi Dolak. Ihre Tochter habe sie deshalb zum Kurs mitgenommen. „Ich dachte mir, es wird Zeit, dass wir so was selbst können“, findet Yvonne Stümke. Beide sind sich aber einig: Am liebsten wäre es ihnen, gar nicht in die Situation zu kommen, dass sie die Reifen wechseln müssen.

Viel Zeit für Plaudereien ist nicht, denn Nathalie Hofmann hat noch einiges an Wissen weiterzugeben. Wer kann beispielsweise alle Flüssigkeiten eines Autos benennen? Öl, Kühl- und Wischwasser ist allen ein Begriff. Dass es aber auch eine spezielle Flüssigkeit für die Servolenkung gibt, ist den meisten Teilnehmerinnen neu. Dann sind sie dazu angehalten, die Motorhaube ihres Wagens zu öffnen und nach den Behältern für die jeweilige Flüssigkeit zu schauen. Und natürlich gilt es, den Ölstand zu messen. Karin Rausch ist vom Ergebnis überrascht: In ihrem Auto ist sogar etwas zu viel Öl. „Das ist aber nicht weiter schlimm, wir sind nur knapp über der Markierung“, beruhigt Nathalie Hofmann.

Ein rasanter Fahrstil führt zu seitlich abgefahrenem Reifenprofil

Dann werden die Reifen näher betrachtet. Stimmt der Luftdruck? Natürlich wird gleich gemessen. Reicht die Profiltiefe noch? Die Kfz-Mechatronikerin weiß einen einfachen Trick: Sie hält einfach ein Eurostück in die Rillen in der Mitte des Reifens. „Wenn man den Rand nicht mehr sieht, dann ist noch alles okay“, erklärt sie dazu. Einigen Teilnehmerinnen fällt auf, dass manche Reifen außen schon ziemlich abgefahren sind. „Das ist dem Fahrstil geschuldet“, weiß Melanie Zimmer und wird bestätigt: „Das passiert, wenn man schnell in die Kurven fährt“, führt Hofmann aus. Solange aber in der Mitte noch ausreichend Profil vorhanden ist, sei das nicht weiter schlimm. Wie alt ein Reifen sein darf, diese Frage kann auch Nathalie Hofmann nicht so einfach beantworten: „Das hängt immer auch davon ab, wie viel UV-Strahlung er abbekommt, wie schnell er porös wird.“ An die zehn Jahre könne er schon halten.

Wie im Flug sind die zwei Stunden vergangen und auch die letzten Fragen beantwortet. Auch wenn die Frauen vielleicht nicht so schnell in die Verlegenheit kommen, ihr neu erworbenes oder aufgefrischtes Wissen gleich anzuwenden, so können sie doch zumindest ihr Auto bestens für die nächste Hauptuntersuchung vorbereiten, ist sich Nathalie Hofmann sicher.

Das Auto aufzubocken, ist ein Kraftakt, weiß Nathalie Hofmann (vorne rechts). Sie zeigt Karin Rausch, wie es geht. Fotos: T. Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Das Auto aufzubocken, ist ein Kraftakt, weiß Nathalie Hofmann (vorne rechts). Sie zeigt Karin Rausch, wie es geht. Fotos: T. Sellmaier

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Erstellt:
25. September 2018, 17:40 Uhr

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