Selbstbedienungsladen in Großerlach

Nach Jahren ohne Ladengeschäft kommt wieder ein Nahversorger in die Ortsmitte. Mit regionalen Produkten, dem Nötigsten für den Alltag, Selbstbedienung und langen Öffnungszeiten soll der Tante-M-Laden funktionieren.

An der Kasse scannen Kunden selbstständig die Produkte ein oder wählen sie auf einem Display aus. Foto: Tante-M Chrisma

An der Kasse scannen Kunden selbstständig die Produkte ein oder wählen sie auf einem Display aus. Foto: Tante-M Chrisma

Von Kristin Doberer

GROSSERLACH.„Mal schnell etwas einkaufen“, geht in Großerlach schon länger nicht mehr, seit der letzte Lebensmittelmarkt vor Jahren aufgegeben hat. Doch viele Versuche, einen Metzger, Bäcker oder sogar Ladengeschäfte nach Großerlach zu locken, liefen ins Leere. Der erwartete Umsatz war für den Aufwand und das Personal in der kleinen Gemeinde einfach zu gering. Eine Fahrt nach Mainhardt, Sulzbach an der Murr oder Wüstenrot ist also nötig geworden, um auch nur Kleinigkeiten des täglichen Bedarfs zu besorgen. Das soll sich nun ändern: Nachdem die Verwaltung lange nach einem Nahversorger gesucht hat, der das bestehende Ladengeschäft an der B14 übernimmt, hat sie dieses selbst erworben und nun einen Mieter gefunden, der wieder für die Nahversorgung in Großerlach sorgen wird.

In dem neuen Laden soll es dann alles geben, was man für den Alltag braucht. Und das an sieben Tagen pro Woche, jeweils von 5 bis 23 Uhr. Denn der Laden funktioniert komplett über Selbstbedienung. Die hohen Personalkosten werden dadurch gespart und der Laden rentiert sich durch die längeren Öffnungszeiten auch in kleineren Gemeinden, wie Großerlach. So zumindest sieht es das Konzept von Tante-M vor.

Selbstbedienung, lange Öffnungszeiten und regionale Produkte.

Tante-M heißt die kleine Kette von Gründer Christian Maresch aus Pliezhausen. Sieben Tante-M-Läden hat er in Baden-Württemberg bereits eröffnet, unter anderem in Großbottwar oder Grafenberg, ein achter in Bad Urach kommt im März dazu. Erst seit Juli 2019 gibt es seine Kette, aber die Idee ist sehr gefragt. Etwa 30 Ortschaften stehen gerade „in der Warteschlange“ und hoffen, dass ein Tante-M-Laden auch bei ihnen möglich ist. „Die Situation in Großerlach ist ja lange kein Einzelfall“, sagt Christian Maresch. Er wählt gezielt Ortschaften zwischen 1000 und 4000 Einwohnern aus, die nur noch eine eingeschränkte oder gar keine Nahversorgung mehr haben. Die Läden sollen nicht unbedingt den Wocheneinkauf ersetzen, sondern die leicht zu erreichende tägliche Nahversorgung in der Ortsmitte ermöglichen.

Rund 1200 verschiedene Produkte des täglichen Bedarfs will Maresch in Großerlach anbieten können, das sei bei der Größe des Ladens sehr gut machbar. Im Frischwarenbereich, also zum Beispiel bei Obst, Gemüse, Fleisch, Backwaren und Eiern sollen vor allem die regionalen Produzenten mit einbezogen werden. Hier geht der Unternehmer gezielt auf Erzeuger zu und verhandelt aktuell über eine mögliche Produktpalette.

Das Sortiment soll aber deutlich über das eines Hofladens hinausgehen. Auch verschiedene Hygiene- und Drogerieartikel, Tiefkühlware, Süßigkeiten, Getränke und gegebenenfalls Schreibwaren sollen vorhanden sein. Eben alles, was man für den Alltag braucht. Die Auswahl sei zwar nicht übermäßig groß, aber die Kunden können bestimmte Produkte auf eine Wunschliste setzen und so in das Sortiment aufnehmen lassen. „Ziel ist, dass es nach einiger Zeit nur genau das im Laden gibt, was die Leute vor Ort brauchen und wollen“, sagt Maresch. Neben den regionalen Produkten arbeitet Tante-M für das Hauptsortiment mit einem Großlieferant zusammen, sodass ein Zugriff auf eigentlich alles möglich sei. „Das Sortiment wird dann auf die Nachfrage am jeweiligen Standort abgestimmt.“

Kassenpersonal wird nicht benötigt, denn die moderne Self-Checkout Kasse ermöglicht den Kunden ein einfaches Erfassen der Ware per Touchscreen und Scanner. Bezahlen kann man bar, mit EC- oder Kreditkarte oder mit einer Tante-M Kundenkarte. An Personal wird also nur eine Person benötigt, die hin und wieder die Artikel auffüllt, den Laden in Ordnung bringt und putzt. Vor Vandalismus und Diebstahl soll eine Überwachungskamera schützen.

Obwohl gerade viele Gemeinden „Schlange stehen“ für einen solchen Laden, konnte Marsch von Großerlach überzeugt werden. Grund dafür ist zum einen die günstige Lage an der B14. Er setzt darauf, dass nicht nur Ansässige, sondern auch Personen auf der Durchfahrt oder Berufspendler das Angebot nutzen werden. Zum anderen sei das bereits vorhandene Ladengeschäft sehr gut geeignet für das Konzept. „Voraussetzung für unsere SB-Läden sind vorhandene Räumlichkeiten in der Ortsmitte. Das ist in Großerlach der Fall“, sagt Maresch.

Dabei ist es ihm wichtig, dass nicht nur ältere Menschen von den fußläufigen Einkaufsmöglichkeiten profitieren. Ob frische Backwaren für den Besuch am Sonntagnachmittag oder eine Tiefkühlpizza und Chips an einem späten Freitagabend. Durch die langen Öffnungszeiten sei der Laden für Berufstätige und Senioren ebenso attraktiv wie für junge Leute und Jugendliche. „Die Bürger bekommen ein Stück Lebensqualität zurück“, sagt Maresch. Man müsse nicht mehr genau den Wocheneinkauf vorplanen und darauf achten, dass bloß nichts vergessen wird. Es entwickle sich eine ganz andere Tagesroutine, wenn spontane Ad-hoc-Einkäufe um fast jede Uhrzeit möglich werden.

Und auch wenn sich der neue Betreiber um die Ausstattung und den Betrieb kümmern wird, so muss die Gemeinde noch einiges an Geld in die Hand nehmen. Rund 40000 Euro wird sie als Eigentümerin selbst ausgeben müssen, um den bestehenden Laden auf Vordermann zu bringen. Was genau gemacht werden muss, will Maresch in den kommenden Tagen bei einem Vor-Ort-Termin besprechen. Vermutlich muss aber der Boden erneuert werden, ebenso wie Deckenpaneele und eine Automatiktür muss eingebaut werden. Bei diesen Ausgaben hofft die Gemeinde noch auf Fördermittel aus ELR- oder Leaderprogrammen.

Ab wann wird es den Tante-M-Laden in Großerlach geben? Einen offiziellen Eröffnungstermin gibt es noch nicht. Aber die Gemeinde und der Betreiber streben bereits den Sommer 2021 an. Maresch geht davon aus, dass es zwischen Mai und Juni soweit ist. Vorausgesetzt, der Umbau und die Verhandlungen mit den regionalen Erzeugern sind bis dahin erfolgreich und alle Genehmigungen wurden erteilt. Damit der Laden allerdings funktioniert, komme es vor allem auf die Großerlacher Bürger an. Diese müssen die Laden auch annehmen und nutzen. „Das ist eine letzte Chance für die Nahversorgung im Ort“, sagt Bürgermeister Christoph Jäger. „Wenn es mit diesem Konzept nicht funktioniert, dann mit keinem.“ Dem stimmt auch der Unternehmer zu. „Bei unserem Konzept können wir mit extrem wenig Umsatz trotzdem wirtschaftlich arbeiten“, sagt Maresch. Aber auch das gehe nur, wenn die Bürger mit im Boot sind.

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Erstellt:
10. Februar 2021, 06:00 Uhr

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