Metall, Plexiglas und Knochen
Short Stirling Mk III: Archäologen graben britischen Bomber aus
Am Tagebau Hambach wurden Flugzeugtrümmer und menschliche Knochen geborgen. Archäologen sind sich sicher: Hier ist 1943 ein britischer Militärbomber vom Typ Short Stirling Mk III abgestürzt.

© Charles E. Brown/Imperial War Museums/gemeinfrei
Ein britischer Short Stirling M III Bomber wird während ders Zweiten Weltkriegs beladen.
Von lrike Hofsähs (dpa)/Markus Brauer
Die Archäologin Tünde Kaszab-Olschewski hat meist mit Funden zu tun, die aus der Römerzeit stammen und weit über tausend Jahre alt sind. Antike Töpfe, Gräber und Münzen sind Alltag. Doch diese Grabung an der Kante des Braunkohle-Tagebaus ging ihr nahe. „Ich konnte nicht anders“, erzählt die Wissenschaftlerin: Sie stellte eine Kerze auf mitten in der grauen Landschaft voller Erde, Kohle und Steine am Tagebau Hambach.
Tod von sieben britischen Bomberpiloten
Die Grabung galt den Trümmern eines britischen Militärflugzeugs, das vor 82 Jahren, mitten im Zweiten Weltkrieg, in der ländlichen Gegend zerschellt war. Die Short Stirling MK III war einer der größten britischen Bomber im Zweiten Weltkrieg.
Drei Soldaten sprangen damals mit dem Fallschirm ab und überlebten, vier weitere gelten als vermisst. Alle Namen sind bekannt. Fotos der Besatzung zeigen junge Männer mit glattem Gesicht, die Mitte 20 sind.
An der Absturzstelle fanden die Grabungstechniker des Amts für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) viele Metallteile und tatsächlich auch sterbliche Überreste von Menschen, vermutlich der Besatzungsmitglieder.
Bericht über Absturz
Dass in der Nacht auf den 31. Juli 1943 in der ländlichen Gegend ein britischer Bomber abgestürzt war, war bekannt. Es gab Augenzeugenberichte. Einer der überlebenden Briten hatte einen Aufsatz über das Ereignis und seine Kriegsgefangenschaft geschrieben.
„Wir waren die Tippgeber“, erzählt Jörg Dietsche, von der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel aus Schleiden. Die Gruppe will dazu beitragen, ungeklärte Fliegerschicksale aus der Zeit von 1939 bis 1945 zu erhellen und hatte auf Wunsch der Archäologen nach der Absturzstelle gesucht.
Bald seien die ersten Metallteile aufgetaucht und ein Kolben des Flugzeugmotors gefunden worden. Dann seien auch Knochen entdeckt worden, berichtet Dietsche. Als klar war, dass es sich um ein Flugzeug der Royal Air Force handelt, vermittelte er den Kontakt zur britischen Botschaft in Berlin und damit zu englischen Behörden.
Keine Mordkommission nötig
Die Archäologin Tünde Kaszab-Olschewski musste den Knochenfund der Polizei melden. „Nachdem man datieren konnte, dass die Knochen aus dem Zweiten Weltkrieg stammen, musste keine Mordkommission einberufen werden“, berichtet sie.
Inzwischen ist dieser Einsatz der Archäologen am Tagebau Hambach beendet. Die Grabungstechniker Daniel Gansera und Mathis Laux suchen nun an anderen Orten nach Spuren aus der Vergangenheit. Eine Woche hatten sie an der Absturzstelle Zeit.
Trümmer für das Museum
Hinter der Tür mit dem Schild „Fundeingang“ in der Außenstelle Titz des Amts für Bodendenkmalpflege im Rheinland stehen 17 große Plastikkisten mit kleinen Trümmern aus Metall von der Fundstelle. An einem verbogenen Metall hängt noch eine Schraube, ein Stück Plexiglas hat Brandspuren.
Viele Funde aus dem britischen Weltkriegsbomber werden nach Bonn in das LVR-Landesmuseum gebracht, wo sie bearbeitet und ausgestellt werden sollen. Andere Exponate sollen der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte als Dauerleihgabe übergeben werden. Der Zusammenschluss von historisch interessierten Privatleuten plant in der Eifel auf Vogelsang IP eine Dauerausstellung und später ein Dokumentationszentrum über den Luftkrieg.
Tote Soldaten sollen bestattet werden
In einem Magazin in Titz sind die sterblichen Überreste deponiert. Eine DNA-Analyse der Knochen müsse noch erfolgen, erläutert die Archäologin. Offiziell gelten vier vermutlich beim Absturz umgekommenen Besatzungsmitglieder als verschollen.
Doch der Fund einer Schuhsohle, von Resten einer Uniformjacke mit Zigarettenetui und von Fallschirmzubehör macht die Archäologen sicher, dass sie jetzt deren sterbliche Überreste gefunden haben. Der Fund hat die Archäologin berührt: „Wir möchten, dass sie bestattet werden.“