„Sie hätte die Kinder nie bei ihm gelassen“

25-jähriger Ex-Freund des Mordes an Katharina K. aus Backnang angeklagt  –  Familie hegte schon früh einen Verdacht gegen ihn

Im November des vergangenen Jahres verschwand die 22-Jährige Backnangerin Katharina K. Öffentlichkeitswirksam wurde nach ihr gesucht. Wenige Tage später entdeckte ein Schrebergartenbesitzer in Asperg ihre verkohlte Leiche. Nun steht ihr ehemaliger Lebensgefährte wegen Mordes an der jungen Frau vor dem Stuttgarter Landgericht. Die Indizien sprechen deutlich gegen ihn.

Als „auffallend gefühlskalt“ beschreibt ein Zeuge aus dem Ermittlerteam den Angeklagten Daniel E. (links).Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Als „auffallend gefühlskalt“ beschreibt ein Zeuge aus dem Ermittlerteam den Angeklagten Daniel E. (links).Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG/STUTTGART. Weder zu seiner Person noch zum Tatgeschehen wollte Daniel E. zum Aktakt der Verhandlung Angaben machen. Der 25-Jährige steht wegen des Mordes an seiner ehemaligen Lebensgefährtin, der 22-jährigen Katharina K. aus Backnang, vor dem Stuttgarter Landgericht. Sein Gesichtsausdruck lässt keinen Rückschluss auf die Gefühlslage des Angeklagten zu. Über den gesamten Prozesstag, der immerhin fast neun Stunden dauert, ist bei ihm keinerlei Regung zu erkennen. Als „auffallend gefühlskalt“ und erstaunlich ruhig sei er im Verlauf der Ermittlungen aufgetreten, berichten drei Zeugen aus den Reihen der Polizei. Durch falsche Angaben, Unterschlagung und gefälschte Unterschriften soll sich Daniel E. das gemeinsame Sorgerecht des einjährigen Sohnes mit Katharina K. erschlichen haben, heißt es in der Anklageschrift. Dagegen habe die 22-Jährige Beschwerde eingelegt. Am 10. November 2017 hätte der Fall erneut verhandelt werden sollen – zum Termin ist Katharina K. nicht erschienen, sie war zu diesem Zeitpunkt bereits tot.

Zwei Tage zuvor, am 8. November 2017 soll Daniel E. mit einem geleasten Mercedes zur Wohnung in der Flurstraße im Backnanger Stadtteil Strümpfelbach gefahren sein. Es sei ihm darum gegangen, die Aufdeckung der Falschaussagen und den Entzug des Sorgerechts zu verhindern. Etwa eine Stunde nachdem er die Wohnung betrat, soll der 25-Jährige seine ehemalige Lebensgefährtin mit stumpfer Gewalt gegen den Hals getötet haben. „Ein Verbrechen des Mordes aus niederen Beweggründen“, fasste die Staatsanwältin zusammen und sprach zudem von einer besonderen Schwere der Schuld.

Der Angeklagte soll schon mehrfach gewalttätig geworden sein

Dass etwas nicht stimme, war den Familienangehörigen Katharina K.s schnell klar. Schon am Tag nach der Tat verständigten sie die Polizei. Das Handy der 22-Jährigen war ausgeschaltet. Alle Versuche, sich mit ihr in Kontakt zu setzen, seien vergebens gewesen, berichten ihr Vater und ihre älteste Schwester. Auf Nachfragen in ihrem engeren Umfeld erfuhren sie, dass sowohl der gemeinsame Sohn wie auch der ältere Sohn Katharina K.s aus einer früheren Beziehung sich in Obhut Daniel E.s befanden. Die 22-Jährige selbst sei am Abend aus der Wohnung gegangen, ohne ihr Ziel zu nennen, behauptete der 25-Jährige. Seitdem habe er sie nicht wieder gesehen. Der Vater der Getöteten erzählte, er habe sofort ein mulmiges Gefühl gehabt. „Da muss etwas passiert sein“, sei ihm sofort klar gewesen. Auch die älteste Schwester war sich sicher: „Sie hätte die Kinder niemals bei ihm gelassen.“ Gerade der ältere Sohn sei von Daniel E. schon öfters misshandelt worden, geben beide Familienangehörige an. Auch Katharina K. selbst sei von E. mehrfach geschlagen und gewürgt worden.

Die Schwester setzte sich demnach sofort mit E. in Verbindung, verlangte, dass er sich mit ihr sowie zwei ihrer Brüder vor der Wohnung in Backnang trifft und die Kinder mitbringt. Er sei gekommen, habe ihr Katharina K.s Schlüsselbund übergeben. Die Brüder hätten die Wohnung nach Hinweisen auf die Vermisste durchsucht, die Schwester habe derweil Daniel E. befragt und ihn dazu gedrängt, die Polizei zu verständigen. Das hat dieser dann auch per Notruf getan, sprach davon, dass „seine Freundin“ am Abend zuvor aus der gemeinsamen Wohnung gegangen und nicht wiedergekommen sei. In einer späteren Vernehmung gab er an, über Nacht in Backnang gewesen und auf die Kinder aufgepasst zu haben. Nachbarn berichteten, Daniel E. habe am Tag darauf einige Gegenstände als Sperrmüll auf die Deponie gebracht, unter anderem eine alte Dachbox. Zudem fiel auf, dass ein Teppich in der Wohnung ausgetauscht worden war. Bei der Familie K. schrillten daraufhin die Alarmglocken – ihren Verdacht teilten sie der Polizei eindringlich mit.

Gelöst habe Daniel E. bei seiner Befragung gewirkt, berichten die drei Beamten, die am ersten Prozesstag ihre Aussage machten. E. habe bereitwillig Auskunft gegeben, sich mit allen Untersuchungsmaßnahmen einverstanden erklärt und er sei freiwillig mit aufs Revier gekommen. Unter anderem wurden daraufhin die beiden Autos, die Daniel E. zu jener Zeit in Benutzung hatte, auf Spuren untersucht. Zwar hatten die Sachverständigen des Landeskriminalamtes Schwierigkeiten damit, die beiden Navigationsgeräte des Mercedes SUV und des VW-Transporters auszuwerten, es wurde jedoch rasch festgestellt, dass der SUV in der Tatnacht gefahren worden war.

Leiche verkohlt und in einem Komposthaufen versteckt

Da Daniel E. aber behauptete hatte, die ganze Nacht über in Backnang gewesen zu sein, erhärtete sich der Verdacht der Ermittler gegen ihn. Am Morgen des 11. Novembers 2017 wurde der 25-Jährige festgenommen. Er gab daraufhin an, zur Wohnung seiner neuen Freundin in Großbottwar gefahren zu sein. Dass er mit dem Verschwinden Katharina K.s etwas zu tun hatte, bestritt er weiterhin. Anhaltspunkte auf den Verbleib der jungen Mutter hatten die Polizisten zu diesem Zeitpunkt nicht.

Am 15. November dann meldete sich der Pächter eines Schrebergartens in Asperg (Landkreis Ludwigsburg) und meldete einen grausigen Fund: Im Komposthaufen auf seinem Gartenstück habe er den Fuß einer Leiche gesehen. Dass Unordnung im Haufen war, sei ihm schon am 11. November aufgefallen, gab der Mann zu Protokoll. Da sei er aber noch davon ausgegangen, dass Tiere dafür verantwortlich waren. Einen „ziemlich geschwärzten Leichnam“ habe die Polizei dann gefunden, erzählt ein Kriminalkommissar. Aufgrund einer Tätowierung sei schnell klar gewesen, dass es sich um die vermisste Katharina K. handelte. Der Täter habe versucht, ihre Leiche zu verbrennen, ergab sich aus der Obduktion. Jedoch sei dies nicht am Fundort geschehen. Auf Daniel E.s Handy fanden die Ermittler eine App, die die Bewegungen aufzeichnet, sowie mehrere gespeicherte Orte. So und mithilfe von Spürhunden sei man in der Folge auf ein Grundstück in Ludwigsburg-Eglosheim gestoßen, wo Hinweise auf einen Brand gefunden wurde. Dort sei unter anderem die DNA Daniel E.s sichergestellt worden.

Für den Prozess wurden bislang neun weitere Termine bis hin zum 5. Dezember hin festgelegt. Womöglich werden aber noch weitere Verhandlungstage benötigt, sagte ein Sprecher des Landgerichts gestern. Ein Urteil könnte also auch erst im kommenden Jahr ergehen. Die Fortsetzung des Prozesses findet an diesem Donnerstag, 25. Oktober statt.

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Erstellt:
23. Oktober 2018, 06:00 Uhr

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